Erdogans Stasi in Deutschland: Imame spionierten Türken und Deutsche aus – Ditib in der Kritik

Türkische Imame in Deutschland bespitzeln mutmaßliche Gülen-Anhänger für Ankara, wie die Tageszeitung “Cumhuriyet” aufdeckt. Der "Welt" liegen Spionageberichte vor, die Imame über türkische Konsulate an die Regierung der Türkei sendeten. Nicht nur türkische, sondern auch deutsche Staatsbürger wurden bespitzelt – darunter Prominente, wie Sabine Christiansen.
Titelbild
Ein Mann in einer Moschee (Symbolbild).Foto: Chris Hondros/Getty Images
Von 9. Dezember 2016

Türkische Imame in Deutschland verfassten Spionage-Berichte über mutmaßliche Gülen-Sympathisanten. Die Berichte der muslimischen Geistlichen gingen über türkische Konsulate weiter an Ankara. Sie umfassen Informationen über türkische aber auch deutsche Staatsbürger, wie die “Welt” berichtet.

Bereits wenige Tage nach dem Putsch im Juli rief der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan alle Türken dazu auf, den Sicherheitsbehörden Regimekritiker zu melden. „Dass diese Bürgerpflicht allen voran auch für die türkischen Staatsbeamten gilt, versteht sich von selbst“, so Ali Ertan Toprak, Bundesvorsitzender der Kurdischen Gemeinde Deutschland (KGD) in einem Bericht.

Sympathisanten der Gülen-Bewegung ausspioniert

Die Berichte mit Informationen über Gülen-Sympathisanten wurden nun einer Kommission im türkischen Parlament vorgelegt. Die Kommission ist damit beauftragt, über Putsch-Hintergründe aufzuklären. Insgesamt sendeten 50 Auslandsvertretungen aus 38 Ländern solche Berichte nach Ankara. Drei dieser Berichte liegen auch der „Welt“ vor und stammen aus den Generalkonsulaten in Köln, Düsseldorf und München. Die Informationen in diesen Berichten wurden von Imamen der Türkisch-Islamischen Union der Anstalt für Religion (Ditib) zusammengetragen.

Mit 970 Moscheegemeinden ist der Ditib der größte islamische Dachverband in Deutschland, so Informationen der „Welt“. Dieser werde direkt von der türkischen Regierung gesteuert. Demnach werden auch die Imame von einer türkischen Regierungsbehörde entsandt und bezahlt. Selbst den Wortlaut der Freitagspredigten bekommen die Imame aus Ankara.

Nun spionieren die Imame türkische Staatsbürger aus, eine Aufgabe, die bislang ausschließlich in Händen des MIT lag – des türkischen Geheimdienstes, so die „Welt“.

Auch wurden Hotlines und Internetseiten eingerichtet, um türkischen Staatsbürgern „das Denunziantentum in Deutschland“ zu vereinfachen, so die KGD. Der MIT arbeitet mit 6.000 Informanten gleichzeitig im Hintergrund. Die Zahl sei im Sommer vom Bundesinnenministerium bestätigt worden.

Einreiseverbot für türkische Staatsbürger und Abschiebungen nach Deutschland

Ausspionierte türkische Staatsbürger müssen erhebliche Konsequenzen befürchten. So schreibt die KGD: „Wie gut [das Spionagesystem, Anm.d.Red.] offenbar funktioniert, haben zahlreiche Erdogan-kritische Türken und Kurden in den letzten Wochen bei der Einreise in die Türkei gemerkt.“ Es kam zu Verhaftungen oder in glimpflich verlaufenden Fällen, zum „Einreiseverbot und zu sofortiger Abschiebung nach Deutschland“, berichtet die KGD. Grund dafür seien „regimekritische Äußerungen“, die die Betroffenen in Deutschland gemacht haben sollen.

Auch deutsche Staatsbürger ausspioniert

Deutsche Staatsbürger sind ebenso von der Spionage betroffen und werden in den Berichten der Generalkonsulate mit vollem Namen aufgeführt – so auch die Imame.

Unter den Ausspionierten befinden sich Prominente, wie die ehemalige ARD-Moderatorin Sabine Christiansen, die Bundestagsabgeordneten Doris Wagner (Grüne) und Florian Post (SPD) sowie der bayerische Landtagsabgeordnete Günther Knoblauch (ebenfalls SPD). Die Namen seien bereits kurz nach dem Putschversuch am 15. Juli 2016 gesammelt worden, heiße es am Ende des Berichts, so die „Welt“.

Vermutlich existieren von allen türkischen Konsulaten solche Berichte

Obwohl laut „Cumhuriyet“ nur drei der oben benannten Konsulate Berichte an Ankara übermittelten, ist anzunehmen, dass alle türkischen Konsulate in Deutschland solche Schreiben abgeliefert haben.

Welche Konsequenzen die Geschichte für die türkische Zeitung haben wird, bleibt abzuwarten. Die regierungsnahe Zeitung „Sabah“ meldete am Donnerstagnachmittag: „Cumhuriyet attackiert Relionspräsidium“. Die Zeitung mache durch „Lügen und Verleumdungen“ gemeinsame Sache mit Terrororganisationen.



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