„Hamburg besteht Flüchtlingskrise nur gemeinsam“: Bürger sollen Flächen für Unterkünfte suchen

Lange kriselte es zwischen Politikern und Bürgerinitiativen in Fragen der Flüchtlingsunterbringung in Hamburg. Eine Volksinitiative gegen Großunterkünfte ist bereits auf dem Weg. Politiker gestanden den Bürgerinitiativen am Donnerstag zu: sie dürfen in Zukunft selbst Flächen für Unterkünfte suchen.
Titelbild
Ein Blick von oben in die "Wohnquader" mit Etagenbetten auf dem Gelände des alten Berliner Flughafens Tempelhof, die am 11. Februar für neue Flüchtlinge bereit stehen.Foto: Sean Gallup/Getty Images
Epoch Times19. Februar 2016

Ein positives erstes Treffen zu Flüchtlingsunterkünften haben die Hamburger Fraktionschefs Andreas Dressel (SPD) und Anjes Tjarks (Grüne) sowie 15 Vertreter von 12 Bürgerinitiativen am Donnerstag hinter sich gebracht, berichtet die „Hamburger Morgenpost“ (MOPO).

Am Montag hatten sich einem Bericht des „NDR“ zufolge die Befürworter einer Volksinitiative gegen geplante Großunterkünfte getroffen, um über das weitere Vorgehen zu beraten. Der Dachverband von bislang 16 Bürgerinitiativen kritisiert, „dass ein Drittel der Stadtteile 80 Prozent aller Flüchtlinge aufnehmen muss“. Er fordert eine gerechtere Aufteilung. Die Beteiligten informierten sich nun beim Hamburger Landeswahlamt über Verfahrensfragen.

Am Donnerstag waren sich Politiker und Initiativen dann einig: „Wir haben vereinbart, dass die Politik kurzfristig Verfahren vorschlägt, mit denen Initiativen und Stadtgesellschaft insgesamt an der Suche nach geeigneten Flächen für die Flüchtlingsunterbringung transparenter und verbindlicher beteiligt werden können“, verkündeten die Politiker laut MOPO in einer gemeinsamen Erklärung. Konkretisiert wurde das Vorhaben aber noch nicht.

Das Gespräch am Donnerstag Abend wurde von beiden Seiten als hilfreich empfunden. Klaus Schomacker, Vorsitzender des Dachverbandes der "Initiativen für erfolgreiche Integration Hamburg", meinte: „Zum ersten Mal haben Politiker uns wirklich zugehört.“ Und auch Dressel und Tjarks fanden: „Trotz Differenzen war es ein konstruktives Gespräch.“ Denn die Meinungen waren in den vergangenen Wochen weit auseinander gegangen.

Volksinitiative fordert dezentralisierte Flüchtlingsverteilung

Die Volksinitiative war auf den Weg gebracht worden, um „die geplanten Siedlungen mit Tausenden Wohnungen in den Bezirken zu verhindern und stattdessen eine dezentrale Unterbringung zu erreichen“, sagte Schomacker dem „Hamburger Abendblatt“.

Zunächst hatten sich SPD und Grüne gesprächsbereit gezeigt. In einer gemeinsamen Pressemitteilung der SPD- und Grünen-Bürgerschaftsfraktionen von Ende Januar heißt es wörtlich: "Es ist das gute Recht dieser Bürgerinitiativen, eine Volksinitiative auf den Weg zu bringen. Und es ist auch gut, dass sich die Initiativen von vornherein von der AfD und vom rechten Rand abgrenzen wollen.“ Dennoch wird darin gewarnt, die Initiative könne eine Polarisierung in Hamburg bewirken und das Klima vergiften. Das Risiko solle allen Beteiligten bewusst sein. Alle seien dazu aufgerufen, eine solche Entwicklung nicht zu befördern.

In der Erklärung von Januar verkünden Dressel (SPD) und Tjarks (Grüne) versöhnlich: „Wir haben den Eindruck, dass trotz Differenzen überwiegend Einigkeit darin besteht, dass die Stadt diese große Herausforderung nur gemeinsam bestehen kann.“ Im Bericht des Hamburger Abendblatts von Ende Januar heißt es, Dressel und Tjarks gingen davon aus, dass Hamburg in diesem Jahr etwa 3000 neu hinzukommende Flüchtlinge pro Monat unterbringen muss, also annähernd doppelt so viele wie 2015. Bis Ende des Jahres müssten weitere 40.000 Plätze geschaffen werden.

Noch am Montag sagte Schomacker vom Dachverband der Volksinitiative dem NDR: Die letzten Bedenken gegen die Volksinitiative seien nach der Rede von Senatorin Dorothee Stapelfeldt (SPD) im Stadtentwicklungsausschuss verflogen. Mit keinem ihrer Sätze hätte sie auf die vorher vorgetragenen Argumente der Bürgerinitiativen reagiert. Sie habe vielmehr „eine vorformulierte Rede“ gehalten. Seitdem gehen die Initiativen davon aus, dass „die Großunterkünfte im Prinzip beschlossen“ sind. Eine Dialogbereitschaft des Senats könne er nicht mehr erkennen, so Schomacker.

Trotz Zugeständnissen werden sie weitergebaut: Großraumquartiere

Umso mehr überraschte der Donnerstag Abend: Im Gespräch näherten sich Politiker und Initiativen wieder an und beschlossen, die Bürger an der Wohnungssuche für die Migranten zu beteiligen. Wie die Flächensuche durch die Bürger konkret funktionieren soll, will die Politik in den kommenden Wochen ausarbeiten.

Der Bau des größten Flüchtlingsquartiers in Billwerder (3200 Bewohner) soll wie angedacht noch in diesem Monat beginnen. Und die Bürgerinitiativen bereiten ihre Volksinitiative gegen Großunterkünfte weiterhin vor. Am 1. März findet dazu das nächste Treffen statt. (kf)



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