Informationen aus den Hinterzimmern der Macht – Die Auskunftspflicht der Bundesregierung

Die deutsche Regierung ist verpflichtet, dem Bundestag Rede und Antwort zu stehen. Doch wie weit reicht die Auskunftspflicht?
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Bundestagssitzung im Plenarsaal des ReichstagsFoto: über dts Nachrichtenagentur
Epoch Times7. Mai 2017

Laut Grundgesetz übt der Bundestag die parlamentarische Kontrolle über die Bundesregierung aus. Die Regierung ist deshalb grundsätzlich verpflichtet, Anfragen der Volksvertreter auch zu unliebsamen Themen zu beantworten. Darüber, wie weit diese Pflicht reicht, streiten die beiden Organe allerdings immer wieder. Das Bundesverfassungsgericht wird ab Dienstag die Grenzen erneut ausloten und könnte ein weitreichendes Urteil fällen.

Anlass des Verfahrens sind Klagen von Grünen-Abgeordneten und der Grünen-Fraktion. Sie stellten 2010 Anfragen an die Bundesregierung zur Aufklärung der Bankenkrise sowie zu Kontrollen der staatlichen Aufsichtsbehörden und wollten unter anderem wissen, inwieweit Manager pleitebedrohter Banken Gehälter und Boni von mehr als einer halben Million Euro aus dem Bankenrettungsfonds bekamen. Die Bundesregierung verweigerte jedoch Antworten weitgehend und verwies zur Begründung auf die Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse der Banken.

In einem zweiten Komplex forderten die Grünen ebenfalls vergeblich Auskunft zu Verspätungen bei der bundeseigenen Deutschen Bahn AG sowie zur Wirtschaftlichkeitsberechnung für das milliardenteure Bauprojekt Stuttgart 21. Die geplanten Kosten für die Tieferlegung des Stuttgarter Bahnhofs verdoppelten sich den Grünen zufolge und betragen für Bahn und Bund gemeinsam rund 2,6 Milliarden Euro. Die Gesamtwirtschaftlichkeit des Projekts müsse aber wegen der Verantwortung des Parlaments für den Bundeshaushalt im Blick behalten werden.

Auskunftspflicht dient der Arbeit des Bundestages

Die Kläger erwarten nun, dass Karlsruhe die Bundesregierung verpflichtet, diese Anfragen umfassend zu beantworten. Zur Begründung führen sie an, dass das im Grundgesetz geregelte parlamentarische Frage- und Informationsrecht in einer Demokratie nicht allein der Kontrolle der Regierung und der nachgeordneten Verwaltung diene, sondern auch der Vorbereitung einer verbesserten Gesetzgebung.

Die Bundesregierung betont demgegenüber, dass sie nur über Vorgänge aus ihrem „Verantwortungsbereich“ zu informieren habe. Fragen zu unternehmensbezogenen Informationen, von denen sie als Gesellschafterin oder im Rahmen der Aufsicht Kenntnis bekomme, könne sie nicht öffentlich beantworten.

Es scheint gut möglich, dass die Bundesregierung sich in einigen Punkten täuscht: Die Verfassungshüter befassten sich zuletzt im Juli 2009 mit den Antwortpflichten der Bundesregierung zur Anfrage der Grünen über die Beobachtung von Abgeordneten durch den Bundesnachrichtendienst und verurteilten die Bundesregierung zur Auskunft. Zur Begründung hieß es, die Bundesregierung müsse „den Bundestag in die Lage versetzen, seine Aufgabe der parlamentarischen Kontrolle des Regierungshandelns effektiv wahrzunehmen“.

Ausführliche Begründung bei verweigerten Antworten gefordert

Die Richter forderten zudem eine ausführliche Begründung für die Verweigerung einer Antwort. Nur dann könne das Parlament „beurteilen und entscheiden, ob es die Verweigerung der Antwort akzeptiert oder welche weiteren Schritte es unternimmt, sein Auskunftsverlangen ganz oder zumindest teilweise durchzusetzen“.

Trotz dieser Entscheidung verzögerte die Bundesregierung ihre Antworten monatelang bis nach der damaligen Bundestagswahl. Zudem antwortete sie den Grünen zufolge dann derart lückenhaft, dass „kein Eindruck zur erfragten Überwachungspraxis“ möglich gewesen sei.

Nun nehmen sich die Verfassungshüter zwei Tage Zeit, um die Grenzen des parlamentarischen Informationsanspruchs umfassender zu klären. Ihr Fragenkatalog reicht dabei vom Verantwortungsbereich der Bundesregierung für ihre nachgeordneten Behörden und ihre öffentlichen Unternehmen bis hin zu Verschwiegenheitspflichten, wenn etwa Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse betroffen sind oder das Aktienrecht ins Spiel kommt.

Das in einigen Monaten erwartete Urteil wird den Klägern zufolge über die Einzelfälle hinaus „erhebliche Bedeutung für die Zukunft der parlamentarischen Kontrolle in privatisierten Bereichen der Staatstätigkeit“ haben. Das Volk könnte dann der eigentliche Gewinner der Verhandlung sein. (afp)



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