SPD ist nach Rückzug von Schulz tief in Personaldebatte verstrickt

Nach dem Wirbel um Martin Schulz ist die SPD tief in Personaldebatten verstrickt. SPD-Vize Ralf Stegner rief die Genossen dazu auf, sich stattdessen unverzüglich mit den Inhalten des Koalitionsvertrags zu befassen.
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Ein Mann bei einer Protestaktion am 4. Februrar 2018 vor der SPD-Zentrale gegen eine mögliche neue Große Koalition von CDU, CSU und SPD.Foto: TOBIAS SCHWARZ/AFP/Getty Images
Epoch Times10. Februar 2018

Nach dem Wirbel um den Rückzug von Parteichef Martin Schulz ist die SPD tief in Personaldebatten verstrickt. SPD-Vize Ralf Stegner rief die Genossen am Samstag dazu auf, sich stattdessen mit den Inhalten des Koalitionsvertrags (vollständiger Text hier) zu befassen. „Erst mal geht es darum, ob unsere Mitglieder Ja sagen zu diesem Koalitionsvertrag, das ist schwierig genug“, sagte Stegner dem Sender NDR Info.

„Wir sind jetzt gefordert, Verantwortung zu übernehmen für Deutschland, weil andere das nicht tun“, beschwor Stegner seine Partei. „Und darüber muss man jetzt reden und nicht über die Ambitionen einzelner oder die Wünsche anderer.“

Die SPD-Mitglieder stimmen bis Anfang März über den Koalitionsvertrag und den Wiedereintritt in eine große Koalition mit der Union ab.

Personaldebatte statt inhaltliche Arbeit

Doch seit dem Abschluss der Koalitionsverhandlungen am Mittwoch beherrschen Personalquerelen die parteiinterne Debatte. Schulz hatte angekündigt, in ein künftiges Kabinett als Außenminister einzutreten und den Parteivorsitz an Fraktionschefin Andrea Nahles abzugeben.

Damit provozierte er nicht nur eine wütende Reaktion von Noch-Außenminister Sigmar Gabriel, sondern auch Protest von der Parteilinken, die sich in Sachen Parteivorsitz vor vollendete Tatsachen gestellt fühlte. Am Freitag erklärte Schulz schließlich aufgrund des parteiinternen Drucks, auf das Amt des Außenministers zu verzichten – seine bundespolitische Karriere steht damit vor dem Aus.

Die Parteilinke drängt nun darauf, über die Schulz-Nachfolge in einer Urabstimmung zu entscheiden.

„Zur Erneuerung der SPD gehört auch, dass über das Führungspersonal in einem transparenten Verfahren entschieden wird“, sagte die SPD-Parteilinke Hilde Mattheis dem „Tagesspiegel am Sonntag“.

Es kann nicht sein, dass der SPD-Vorsitz quasi unter der Hand vergeben und die Partei vor vollendete Tatsachen gestellt wird.“

Stegner äußerte sich ablehnend zu einer Urwahl. „Das ist etwas, was im Augenblick das Parteiengesetz gar nicht zulässt.“ Nötig sei jedoch eine „breite“ Entscheidung. „Jedenfalls werden Positionen nicht einfach mal so eben im Hinterzimmer vergeben.“

„Schlangengrube“ Berlin

Die geschäftsführende Arbeits- und Familienministerin Katarina Barley (SPD) zeigte sich hingegen offen für die Idee, „denn die direkte Beteiligung der Mitglieder schafft Vertrauen“, sagte sie der „Rheinischen Post“.

Die Schwester von Schulz, Doris Harst, kritisierte den Umgang der Parteispitze mit ihrem Bruder scharf. Die SPD habe sich „als eine echte Schlangengrube erwiesen“, sagte Harst der „Welt am Sonntag“. Nahles, SPD-Vize Olaf Scholz und andere machten „ihn zum Sündenbock für alles“.

Die selbst seit Jahrzehnten in der SPD engagierte Harst fügte hinzu: „Dabei könnten sie Martin dankbar sein, nicht nur, weil er in ihrem Sinne Sigmar Gabriel abserviert hat.“ Ihr Bruder sei „nur belogen und betrogen worden“, sagte sie. „Deshalb war, nach seiner erfolgreichen Zeit als Spitzenpolitiker in Brüssel und Straßburg, die Schlangengrube Berlin, die er völlig unterschätzt hat, nichts für ihn.“ (afp)



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