Wahlforscher: Stigmatisierung hilft nicht gegen die AfD

AfD sollte nach Einschätzung des Wahlforschers Matthias Jung von den etablierten Parteien nicht politisch stigmatisiert werden.
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AfD-Vorsitzende Frauke Petry im Landtag in Dresden. Die politische Stigmatisierung der AfD durch etablierte Parteien ist laut Wahlforschers Matthias Jung eher kontraproduktiv.Foto: Arno Burgi/Archiv/dpa
Epoch Times22. Februar 2016
„Die Ausgrenzung der Alternative für Deutschland ist ein Rohrkrepierer. Das bringt überhaupt nichts“, sagte der Chef der Mannheimer Forschungsgruppe Wahlen, die für das ZDF Umfragen führt, der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. So würden potenzielle AfD-Wähler nur bestärkt, sich erst recht mit dieser Partei zu identifizieren.

„Polarisierung mobilisiert – und Mobilisierung ist das, was die AfD brauchen kann“, erklärte Jung mit Blick auf die Landtagswahlen in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt am 13. März. Nach seinem Eindruck schöpft die AfD ihr Potenzial „extrem gut“ aus. „Sie ist sehr monothematisch und sehr klar, sie verwirrt die Leute nicht mit mehreren Themen. Die Strategie von Frau Petry ist also die richtige, um mit der Brechstange Wähler einzufangen“, sagte der Demoskop mit Blick auf AfD-Chefin Frauke Petry.

Niedrige Wahlbeteiligung zu erwarten

Jung rechnet mit einer eher niedrigen Wahlbeteiligung. „Ein Großteil der Wähler definiert auch Landtagswahlen als unwichtig, ähnlich wie Kommunal- und Europawahlen. Daher ist die Bereitschaft, mal ein verändertes oder experimentelles Wahlverhalten an den Tag zu legen, bei so einer Wahl größer.“ Dies sei die Chance für Rechtspopulisten. „Wenn wir Protestwahlverhalten haben, dann immer bei den "unwichtigen Wahlen".“

Der Chef der Forschungsgruppe sagte, selbst beim Thema Flüchtlingspolitik halte „höchstens die Hälfte der Leute die AfD für die kompetenteste Partei“. Ein Großteil der Wähler einer solchen Partei ziele auf einen klaren Effekt: „Das tut den großen Parteien weh, es erzeugt Aufmerksamkeit und Nachdruck, damit bestimmte Politikfelder anders geregelt werden sollen.“

Ähnliches Wahlergebnis für AfD wie in der Umfrage

Jung erwartet in puncto AfD keine allzu großen Unterschiede zwischen Umfrage- und Wahlergebnissen: „Die Dunkelziffer, die wir sonst bei rechtsradikalen Parteien wie etwa der NPD einpreisen müssen, haben wir bisher nicht gehabt. Es gibt auch noch keine Stigmatisierung dieser Partei – und wir sehen auch keine unterentwickelte Bekenntnisbereitschaft ihrer Wähler.“

Wenn andere Parteien nun mit Parolen punkten wollten, die sich kaum von denen der AfD unterschieden, bringe das nichts. „Das geht nur auf die Mühlen der AfD.“ Gerade die CSU „sollte diese Erfahrungen schon ein paar Mal gemacht haben, spätestens wenn sie sich ihren letzten Europa-Wahlkampf anschaut, als sie sich plötzlich als große Euro-Kritiker positionierte.“ Die AfD könne eine „Minderheitenmobilisierung“ betreiben. „Aber die großen Parteien müssen ja immer 60 Prozent der Wähler zumindest im Blick haben.“

Der Wahlforscher geht davon aus, dass eine rechtspopulistische Partei wie in anderen europäischen Ländern auch in Deutschland dauerhaft dazugehören kann. „Wenn das nicht ausufert in eine weitergehende Radikalisierung der AfD, kann sich eine solche Partei dauerhaft etablieren“, sagte Jung.

(dpa)


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