Wiedergeboren in Deutschland: Neue Syrer, neue Namen, neue Daten – Falsche Pässe oder besser gleich wegwerfen?

Wozu noch einen Pass fälschen und Gefahr laufen aufzufliegen? 60 Prozent der Flüchtlinge in Deutschland kamen gleich ohne Papiere. Beim Rest wurden rund 400.000 Dokumente in 2016 auf Fälschungen überprüft, was oftmals erkennbar ist. Die schwierigen Fälle landen in Nürnberg, wo das BAMF eine eigens dafür ausgestattete Spezialabteilung unterhält.
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SymbolbildFoto: Public Domain/Komb. EPT
Von und 19. Januar 2017

Nur etwa 40 Prozent der Flüchtlinge, die nach Deutschland kommen, weisen sich mit einer Art Dokument aus, die Mehrheit hat gar keine Papiere bei sich. Andersherum: 60 Prozent der Flüchtlinge sind unbekannte Personen. Ihre Aussage ist ihre Identität.

Diesen stehen dennoch die üblichen Wege offen: ordentliche Registrierung und ein ordentliches Asylverfahren. Aber auch die Versuchung oder sogar die gezielte Planung gibt es, mehrfache Sozialleistungen zu generieren, sich neue Identitäten zu verschaffen, interessant für untergetauchte Kriminelle und potenzielle Terroristen.

Manche sind einfach nur der Chance wegen falsche Syrer, eigentlich aber eher Wirtschaftsflüchtlinge. Aber natürlich gibt es auch jene, die ihren Pass tatsächlich auf der langen, beschwerlichen Flucht verloren haben. Manche fragen vielleicht: ‚Sie verlieren ihre Pässe, doch nicht ihre Smartphones, wieso?‘ Nun ja. „Ein Schelm, wer böses dabei denkt.“

Wir erinnern uns: Ende 2015 in Neuhaus am Inn, Bayerische Grenze [ab 1:00 min]

https://www.youtube.com/watch?v=Zl3FZe7V7Ks

99.000 schwierige Fälle

Von diesen eingangs erwähnten 40 Prozent untersuchte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) im vergangenen Jahr fast 400.000 Dokumente auf Fälschungen, so manche waren nicht echt. Viele Fälschungen werden von den geschulten Mitarbeitern des BAMF vor Ort erkannt. Sind sie sich unsicher, schicken sie die Dokumente zum BAMF in Nürnberg. Dort gibt es eine Spezialabteilung, ein Überprüfungszentrum für Dokumente.

Von 99.000 Untersuchungen im letzten Jahr hatte die Nürnberger Abteilung sechs Prozent mutmaßliche Fälschungen festgestellt, was in Zahlen fast 6.000 ausmacht. In anderen, wenigen Fällen, könne die Echtheit eines Dokuments nicht zweifelsfrei und gerichtsfest bestätigt werden, vor allem dann nicht, wenn das Dokument erhebliche Gebrauchsspuren aufweise, meint der Urkundensachverständige der BAMF, Carsten Lein.

Falsche Pässe, falsche Religionswechsel, falsche Minderjährige

So mancher Eritreer versucht vor dem in seinem Land üblichen unbefristeten Wehrdienst zu fliehen. Doch aus dem Land kämen sie nur mit gefälschten Pässen, erklärt Lein.

Flüchtlinge legten dem BAMF in der Regel alle möglichen Papiere vor, das können Reisepässe, Geburtsurkunden, Registerauszüge oder Dienstausweise von Behörden. Auch Religionsbescheinigungen sind beliebt. Mit letzteren versuchen die Asylbewerber einen Glaubenswechsel zu bescheinigen, aufgrund dessen sie in ihrem Land nun verfolgt würden, schreibt „Focus“.

Manche änderten das Geburtsdatum, weil sie sich als minderjährig ausgeben wollen, andere wiederum nutzten gefälschte Papiere, um sich als Syrer auszugeben, denn Asylanträge aus diesem Land hätten meist Erfolg.

Das Unsichtbare sichtbar gemacht

Wie „Focus“ berichtet, benutzen die Experten hauptsächlich Mikroskope und einen besonderen Beleuchtungskasten, in dem die Papiere von unten durchleuchtet oder mit UV-Licht bestrahlt werden. Bestimmte Fasern leuchten dann hell auf. Auch ein Pass-Scanner samt Prüfsoftware, wie ihn auch Beamte an Flughäfen haben, steht den BAMF-Mitarbeitern zur Verfügung.

Finden die Beamten etwas Verdächtiges, schickten sie das Dokument zum Beispiel nach Nürnberg. Hier stehe dann zusätzlich ein Video-Spektral-Komperator zur Verfügung, der Details erkenne, die mit dem bloßen Auge nicht sichtbar seien.

Ein Beispiel: Für Schulungszwecke erwarb ein Verbindungsbeamter des BAMF auf dem ukrainischen Schwarzmarkt ein russisches Blanko-Dokument. Ein Fälscher brauche schon ein wenig Übung, um Schrift so unsichtbar zu machen, erklärt Lein im „Focus“. Wenn dann anschließend etwas darübergeschrieben werde, sehe man „mit Hilfe des Komparators die doppelte Eintragung“.

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Datenbank der Dokumente

Die Sachverständigen würden sich die Dokumente immer komplett anschauen und sie – sofern vorhanden – anhand von Vergleichsmaterial prüfen. Dabei achteten sie besonders auf die unterschiedlichen Sicherheitsmerkmale – etwa Wasserzeichen, Hologramme oder Strichcodes. Dafür stehe ihnen eine Datenbank mit Dokumenten aus aller Welt zur Verfügung.

Wenn es kein Vergleichsmaterial gebe, sei eine abschließende Beurteilung nicht immer auf Anhieb möglich. „Verfälschungen kann man aber feststellen“, sagt Lein. „Viele Dokumente entsprechen auch nicht gerade europäischen Standards, sind etwa noch per Hand beschriftet.“

Ein bis zehn Dokumente am Tag schaue sich Lein in der Regel an. Bei manchen sehe man eine Fälschung sofort, bei anderen sei man einen halben Tag beschäftigt. Ganz wichtig bei seiner Arbeit: „Vom ersten optischen Eindruck darf man sich nicht täuschen lassen.“ Denn grundsätzlich könne jedes Dokument gefälscht werden.

Im Zweifelsfall für den Flüchtling

Stelle man mutmaßliche Fälschungen fest, würden sie dem Asyl-Entscheider und der Ausländerbehörde mitgeteilt, seit Oktober 2016 auch der Polizei. Bei sicherheitsrelevanten Fragen werde zudem das BKA informiert.

In dem Fall müsse dann der Entscheider selbst die Wahrheit herausfinden, denn auch hier gelte der gerichtliche Grundsatz: Im Zweifel für den Angeklagten – oder in diesem Falle für den Flüchtling.

Siehe auch:

Rainer Wendt zu Pässe-Skandal: BAMF-Führungskultur „geprägt von unerträglicher Arroganz und Ignoranz”

Falsche „Syrer“ untergetaucht – Einreise mit Reisepässen des IS aus Rakka

Dresden: 30 Prozent „unbegleitete Minderjährige“ nennen 1. Januar als Geburtstag

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