71 tote Flüchtlinge in Lkw – Mordprozess in Ungarn angelaufen: „Wenn sie sterben, lade sie in Deutschland im Wald ab“

Knapp zwei Jahre nach dem Erstickungstod von 71 Flüchtlingen in einem Kühllaster hat in Ungarn der Prozess gegen die mutmaßlichen Verantwortlichen begonnen.
Titelbild
Schlepper-Lastwagen mit toten Flüchtlingen auf der österreichischen A4-Autobahn abgestellt.Foto: JOE KLAMAR/Getty Images
Epoch Times22. Juni 2017

Fast zwei Jahre nach dem Fund von 71 erstickten Flüchtlingen in einem Kühllastwagen in Österreich hat in Ungarn der Prozess gegen elf mutmaßliche Schlepper begonnen.

Von Polizisten flankiert nahmen die Angeklagten am Mittwoch im Saal des Geschworenengerichts der Stadt Kecskemét Platz. Die Staatsanwaltschaft will für die vier Hauptangeklagten lebenslange Haftstrafen wegen „besonders grausamen“ Mordes und Menschenhandels beantragen.

Der Fund der Leichen an einer Autobahn im österreichischen Burgenland hatte im August 2015 Entsetzen ausgelöst. Der Prozess findet in Ungarn statt, weil die Flüchtlinge laut Gutachtern noch auf ungarischem Staatsgebiet starben. In der südungarischen Stadt Kecskemét hatten die Schlepper den Laster angemietet.

Die Schlepper hatten die Flüchtlinge – 59 Männer, acht Frauen und vier Kinder aus Syrien, dem Irak und Afghanistan – in Morahalom an der serbisch-ungarischen Grenze in den Lkw gepfercht. Über Ungarn sollten sie nach Österreich und Deutschland geschleust werden. Die ungarische Staatsanwaltschaft wirft den Angeklagten vor, von der Erstickungsgefahr im luftdicht verschlossenen, 14 Quadratmeter großen Laderaum des Kühllastwagens gewusst zu haben und daher mit „besonderer Grausamkeit“ vorgegangen zu sein.

Afghanen, Bulgaren und ein Libanese angeklagt

Bei den vier Hauptangeklagten handelt es sich um einen Afghanen und drei Bulgaren, wobei der 30-jährige Afghane laut der ungarischen Staatsanwaltschaft der Chef der Schleuserbande war. Neben seinem 31-jährigen Stellvertreter müssen sich auch der 26-jährige Fahrer des Lastwagens und sein 39-jähriger Beifahrer wegen Mordes verantworten. Für die sieben anderen Angeklagten – sechs Bulgaren und einen Libanesen – will die Staatsanwaltschaft bis zu 20 Jahre Haft beantragen.

Zehn der mutmaßlichen Täter sitzen bereits in Haft, nach einem Verdächtigen wird noch gefahndet. Ihm wird in Abwesenheit der Prozess gemacht. Das Verfahren wird vermutlich mehrere Monate dauern. Das Gericht hofft, noch in diesem Jahr ein Urteil fällen zu können. Die Prozessunterlagen umfassen 59.000 Seiten.

Nach Überzeugung der Staatsanwaltschaft wussten die Schlepper, dass die Flüchtlinge keine Luft mehr bekamen und ersticken würden. Trotzdem hätten die Fahrer nichts unternommen, um sie aus dem Lkw zu befreien. Noch auf ungarischem Staatsgebiet erstickten die Flüchtlinge qualvoll. Hinter der österreichischen Grenze stellten die Schlepper den Lkw in einer Pannenbucht der A4 bei Parndorf ab und flüchteten. Die österreichische Polizei entdeckte den Kühllastwagen am 27. August 2015.

„Wenn sie sterben, (…) lade sie in Deutschland in einem Wald ab“

Offenbar untersagte der afghanische Hauptangeklagte angesichts der erstickenden und um Hilfe schreienden Menschen, die Lkw-Tür zu öffnen oder ihnen Wasser zu geben. Er wies den Fahrer an weiterzufahren: „Wenn sie sterben, (…) lade sie in Deutschland in einem Wald ab.“

Laut Staatsanwaltschaft schleuste die Schlepperbande innerhalb von sieben Monaten mehr als 1100 Migranten Richtung Österreich, wobei sie pro Person zwischen 1000 und 1500 Euro verlangte. Den Ermittlern zufolge setzten die Schlepper ihr Geschäft auch nach der Entdeckung des Lkw mit den Toten fort: Einen Tag später luden sie erneut 67 Flüchtlinge in einen Kühllaster und fuhren sie nach Österreich. In diesem Fall konnten die Flüchtlinge laut Staatsanwaltschaft die Lkw-Tür auftreten, so dass niemand erstickte. (afp)



Epoch TV
Epoch Vital
Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion