Juncker: „Nicht alle Türken sind kleine Erdogans – Türkei wird Flüchtlingspakt nicht kündigen“

Es gebe einen großen Unterschied zwischen der türkischen Bevölkerung und der türkischen Regierung, meint EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker. "Mit den Millionen Türken, die in unserem Teil Europas leben, habe ich überhaupt kein Problem. Sie sind gut integriert und tragen zum Wohlstand bei."
Titelbild
Pro-Erdogan Protest in der Türkei.Foto: Burak Kara/Getty Images
Epoch Times19. März 2017

EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker ruft dazu auf, die Millionen Türken in der EU nicht in Haftung für Präsident Recep Tayyip Erdogan zu nehmen: „Nicht alle Türken sind kleine Erdogans“, sagte Juncker der „Bild am Sonntag“.

Es gebe einen großen Unterschied zwischen der türkischen Bevölkerung und der türkischen Regierung. „Mit den Millionen Türken, die in unserem Teil Europas leben, habe ich überhaupt kein Problem. Sie sind gut integriert und tragen zum Wohlstand bei.“

Video: „Wir sagen Nein!“ – Türken in Deutschland gegen Erdogan

An dieser Stelle wird ein Video von Youtube angezeigt. Bitte akzeptieren Sie mit einem Klick auf den folgenden Button die Marketing-Cookies, um das Video anzusehen.

Erdogans Drohungen, den Flüchtlingspakt mit der EU zu kündigen, lassen Juncker kalt: „Die Türkei wird dieses Abkommen nicht aufkündigen, auch wenn mir Erdogan mehrfach damit gedroht hat. Ich bin diesen Drohungen entwachsen.“ Das vor einem Jahr geschlossene Abkommen habe die EU nicht erpressbar gemacht, so Juncker. „Es ist nicht im Interesse der Türkei, dass vor der türkischen Küste Schmugglergangs und Banditen das Heft des Handelns in die Hand bekommen. Sich mit Banditen gemein zu machen steht nicht im Ambitionsheft eines EU-Beitrittskandidaten.“

Der Kommissionspräsident zog eine erfolgreiche Jahresbilanz: „Das Abkommen wirkt. Während in den elf Monaten vor seinem Abschluss rund eine Million Flüchtlinge aus der Türkei in Griechenland ankamen, waren es in den elf Monaten danach weniger als 27.000 – ein Rückgang von 97 Prozent.“

Juncker wies Forderungen zurück, die EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei zu stoppen: „Das ist eine Scheindebatte. Es macht keinen Sinn, unser Mütchen zu kühlen, indem wir Verhandlungen stoppen, die es gerade ohnehin nicht gibt.“ Der Türkei-Beitritt werde nicht am mangelnden Willen der EU-Mitglieder scheitern, sondern an der Lustlosigkeit der Türken, europäische Standards einzuführen. Die rote Linie sei die Einführung der Todesstrafe, so Juncker: „Wenn in der Türkei die Todesstrafe wieder eingeführt würde, käme das dem Abbruch der Beitrittsverhandlungen gleich.“

Erdogans Sätze sind eine Verharmlosung von Nationalsozialisten und Faschisten

Nazi-Vergleiche der türkischen Regierung wies Juncker scharf zurück, auch mit einer persönlichen Begründung: „Mein Heimatland Luxemburg war von den Nazis besetzt. Mein Vater und drei seiner Brüder wurden von der Wehrmacht zwangsrekrutiert. Es ist absolut inakzeptabel, dass der Staatspräsident eines Landes, das sich auf dem Weg nach Europa befinden sollte, Opfer des Faschismus massiv beleidigt. Erdogans Sätze sind zudem eine Verharmlosung von Nationalsozialisten und Faschisten jeder Couleur.“

Dazu, dass die niederländische Regierung ein Einreiseverbot gegen türkische Politiker verhängt hat, sagte Juncker: „Diese Reaktion war richtig.“ Ein EU-weites Einreiseverbot könne es aber nicht geben. „Alles, was die öffentliche Ordnung anbelangt, ist Sache der Mitgliedsstaaten. Jedes Land muss selbst entscheiden, wie es mit türkischen Wahlkämpfern auf seinem Territorium umgeht.“

Juncker forderte die unmittelbare Freilassung des „Welt“-Journalisten Deniz Yücel: „Herr Yücel hat sich nichts vorzuwerfen außer seiner freien Meinungsbildung, und die ist in Demokratien nicht nur erlaubt, sondern sogar erwünscht.“ (dts)



Epoch TV
Epoch Vital
Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion