Junckers „vollkommen andere Welt“ – Vorwürfe zu Steuerdeals in Luxemburg zurückgewiesen

EU-Kommissionspräsident Jean-Claude hat Vorwürfe zurückgewiesen, er sei persönlich für massive Steuervergünstigungen für Großkonzerne in seiner Heimat Luxemburg verantwortlich.
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Jean-Claude Juncker, Präsident der EU-Kommission.Foto: EMMANUEL DUNAND/Getty Images
Epoch Times30. Mai 2017

Gerade noch traf Jean-Claude Juncker US-Präsident Donald Trump und nahm am Gipfel der sieben führenden Industrienationen (G7) in Italien teil.

Am Dienstag stand ein weniger prestigeträchtiger Termin auf dem Programm des 62-jährigen EU-Kommissionspräsidenten: eine Anhörung im Untersuchungsausschuss des Europaparlaments zu Steuerhinterziehung über Briefkastenfirmen in Panama. Dort musste sich Juncker erneut gegen Vorwürfe wehren, er habe seine Heimat Luxemburg zu einem Paradies für Steuersünder gemacht.

Die Grünen im Europaparlament machten vor der Anhörung nochmals richtig Druck. Ihr Finanzexperte Sven Giegold berechnete, dass alleine dem deutschen Fiskus durch die Praxis des Großherzogtums „vorsichtig gerechnet“ rund 200 Millionen Euro entgangen sind. Er forderte, dass Juncker „seine Rolle in der Luxemburger Steueroase“ erklärt.

Unbestritten ist, dass der Stahlarbeiter-Sohn Juncker den Wandel Luxemburgs zum internationalen Banken- und Finanzstandort entscheidend mitgeprägt hat. 20 Jahre lang, von 1989 bis 2009, war er Finanzminister des Großherzogtums. Von 2004 bis 2013 stand er auch an der Spitze der Eurogruppe, in der sich die Finanzminister der Währungsunion treffen und die Weichen für die europäische Politik auch in Steuerfragen stellen.

Nachdem er den Posten 2013 ausgelaugt von den endlosen Notsitzungen der Schuldenkrise freiwillig abgegeben hatte, erlebte der „Mr. Euro“ getaufte Juncker in seiner Heimat einen ungewollten Karriereknick: Wohl zu seiner eigenen Überraschung stürzte der selbstbewusste Regierungschef über eine Geheimdienstaffäre, musste sich vorgezogenen Neuwahlen stellen – und verlor den Posten nach acht Jahren im Amt.

Juncker, der Jura studiert hat, aber sein ganzes Leben Politiker war, stand plötzlich ohne wichtigen Job da. Seine Chance auf Fortsetzung seiner Karriere sah Juncker, als das umstrittene Verfahren ins Leben gerufen wurde, bei der Europawahl 2014 europäische Spitzenkandidaten um die Nachfolge von EU-Kommissionschef José Manuel Barroso konkurrieren zu lassen. Juncker ging als Vertreter der Christdemokraten ins Rennen und trug den Sieg gegen den Sozialdemokraten Martin Schulz davon.

Doch nur Tage nach seinem Amtsantritt im November 2014 berichteten Medien über hunderte Fälle, in denen multinationale Konzerne in Luxemburg auf Kosten anderer EU-Länder Steuerzahlungen vermieden. Nutznießer waren unter anderen der Internet-Händler Amazon und der Autobauer Fiat. Juncker musste sich darauf im ersten Amtsmonat einem Misstrauensvotum im Parlament stellen, das von EU-feindlichen und rechten Parteien organisiert worden war. Es wurde mit großer Mehrheit zurückgewiesen.

Im September 2015 stand Juncker dann bereits dem Luxleaks-Sonderausschuss im EU-Parlament Rede und Antwort. „Ich habe in Luxemburg kein System der Steuerhinterziehung, der Steuerhintertreibung oder der Steuervermeidung zu Lasten anderer europäischer Staaten erfunden“, sagte er damals. Im Panama-Ausschuss bekräftigt er am Dienstag, er habe als Finanzminister mit Unternehmen „keine konkreten steuerlichen Vereinbarungen getroffen“. Anders als in anderen EU-Ländern sei dafür in Luxemburg „die Steuerverwaltung zuständig“.

„Wir lebten in einer vollkommen anderen Welt“, sagt Juncker einmal mit Blick auf die Vergangenheit. „Ich hätte gerne, dass man meine Glaubwürdigkeit nicht an dem misst, was ich wie andere als Land oder als Regierung zu verantworten haben.“ Wichtig sei vielmehr, was seine Kommission heute gegen Steuervermeidung und -hinterziehung tue. Der Kommissionschef zählt dann zwölf Initiativen auf und kündigt für Juni eine dreizehnte an.

Der Juncker-Kritiker Giegold räumt bei der Anhörung ein, dass sich der Kommissionspräsident in der Steuerfrage „ein Stück weit vom Saulus zum Paulus“ gewandelt habe. Was aber weiter fehle, sei „eine klare Verantwortungsübernahme“ für seine Zeit als Luxemburgs Finanzminister. (afp)



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