BND-Chef widerspricht Ankara: Gülen-Bewegung steckt nicht hinter Putschversuch – Vorwand für „Säuberungen“

In der Türkei wird die Gülen-Bewegung für den Putschversuch vom 15. Juli verantwortlich gemacht. Zehntausende mutmaßliche Anhänger wurden seitdem aus dem Staatsdienst entlassen und inhaftiert. Der BND glaubt nicht, dass Gülen-Bewegung hinter dem Putschversuch steckt.
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Militärausrüstung nach dem Putschversuch in der Türkei. July 2016.Foto: Getty Images
Epoch Times18. März 2017

Neuer Konfliktstoff zwischen Deutschland und der Türkei: Der Chef des Bundesnachrichtendienstes (BND), Bruno Kahl, hat Ankara offen bei der Bewertung des Putschversuchs vom vergangenen Sommer widersprochen. Er sehe keine Anzeichen dafür, dass die Bewegung des islamischen Predigers Fethullah Gülen dahinter stecke, sagte Kahl dem „Spiegel“. Bundesaußenminister Sigmar Gabriel (SPD) sieht das Land von einer EU-Mitgliedschaft „weiter entfernt als je zuvor“.

Von der türkischen Regierung wird die Gülen-Bewegung für den Putschversuch vom 15. Juli verantwortlich gemacht. Zehntausende mutmaßliche Anhänger wurden seitdem aus dem Staatsdienst entlassen und inhaftiert. Gülen bestreitet jede Beteiligung an dem versuchten Umsturz. Er lebt seit Jahren im Exil in den USA.

BND-Chef Kahl sagte dem „Spiegel“ zu den Gülen-Vorwürfen: „Die Türkei hat auf den verschiedensten Ebenen versucht, uns davon zu überzeugen. Das ist ihr aber bislang nicht gelungen.“ Er widersprach auch der Einschätzung der türkischen Regierung, die Gülen-Bewegung sei islamisch-extremistisch oder gar terroristisch: „Die Gülen-Bewegung ist eine zivile Vereinigung zur religiösen und säkularen Weiterbildung“, sagte der BND-Chef.

Über die Entlassungswelle nach dem versuchten Staatsstreich sagte Kahl: „Der Putsch war wohl nur ein willkommener Vorwand.“ Er fügte hinzu: „Was wir als Folge des Putsches gesehen haben, hätte sich – vielleicht nicht in der gleichen Tiefe und Radikalität – auch so ereignet.“

Die ohnehin nicht einfachen deutsch-türkischen Beziehungen hatten sich nach dem Putschversuch vergangenen Sommer merklich abgekühlt: Türkische Politiker beklagten mangelnde Solidarität Deutschlands mit der angegriffenen Regierung. Die Bundesregierung wiederum kritisierte die aus ihrer Sicht unverhältnismäßigen Repressionen in Folge des versuchten Umsturzes.

Zuletzt hatte dann der Streit um Wahlkampfauftritte türkischer Politiker in Deutschland für Aufregung gesorgt. Staatschef Recep Tayyip Erdogan warf der Bundesregierung „Nazi-Methoden“ vor und löste damit in Berlin Empörung aus.

Vor diesem Hintergrund hält Gabriel einen EU-Beitritt der Türkei für unrealistisch. „Von einer EU-Mitgliedschaft ist die Türkei heute weiter entfernt als je zuvor“, sagte der SPD-Außenminister dem „Spiegel“. „Ich habe immer Zweifel gehabt, war aber in der SPD eher in der Minderheit.“

Er habe das von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) befürwortete Konzept einer privilegierten Partnerschaft damals zwar für falsch gehalten, aber „heute ist die Situation durch den Brexit eine völlig andere“, sagte Gabriel weiter. Wenn die EU mit Großbritannien eine „special relationship“ aushandele, könne das „als Blaupause für andere Länder dienen“. (afp)



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