Die Lkw-Maut wird zur Klima-Maut – warum sie uns alle betrifft

Auch Transporter mit 3,5 Tonnen Gesamtgewicht werden mautpflichtig: Ab Dezember treten Änderungen der Lkw-Maut in Kraft. Doch nicht nur Spediteure sind davon betroffen. Es gibt Auswirkungen auf die gesamte Wirtschaft und Gesellschaft.
Die Lkw-Maut wird zur Klima-Maut – Warum sie uns alle betrifft
Die Bundesregierung muss die Lkw-Maut teilweise an Speditionen zurückzahlen.Foto: iStock
Von 23. Oktober 2023

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Die Lkw-Maut gilt auf Autobahnen und Bundesstraßen für Fahrzeuge mit einem Gesamtgewicht von mindestens 7,5 Tonnen. Seit 2005 ist sie eine zusätzliche Einnahmequelle für den Bund. Der Bundestag beschloss am Freitag, 20. Oktober, nach einem Gesetzesentwurf von Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) eine schrittweise Ausweitung dieser Mautpflicht. Dieser hielt sich zur Reform jedoch bedeckt. Proteste gab es aus der Opposition und der betroffenen Branche.

Die Abgabe für den Straßentransport soll ab 1. Dezember zunächst um eine CO₂-Komponente mit weiteren 200 Euro je Tonne CO₂ erweitert werden, wie die FAZ berichtet. Die Maut entwickelt sich also teilweise zu einer Art Klimaabgabe. Für Speditionen bedeutet dies zusätzliche Kosten für das Ausstoßen von Kohlenstoffdioxid (CO₂), wie n-tv informiert.

Bisher enthält die Maut bereits Zuschläge für Infrastrukturkosten und externe Kosten der Lärmbelastung und der Luftverschmutzung. Dem Gesetz nach sind bis Ende 2025 emissionsfreie Lastwagen von der Maut befreit. Die Regeln sollen mehr emissionsfreie Fahrzeuge auf die Straßen bringen. Die Branche beklagt allerdings die mangelnde Infrastruktur. Es gebe noch kaum Elektro-Lkw und spezielle E-Ladepunkte dafür.

Was ändert sich wann?

Im Folgenden ein Überblick der Straßenverkehrsgenossenschaft Süd über die einzelnen Änderungen:

Dezember 2023:
  • Die EU-Richtlinie zur Lkw-Maut tritt in Kraft.
  • Die neue CO₂-Maut erweitert bestehende Mauttarife.
  • Die Berechnungsgrundlage der Maut ändert sich. Dabei gilt ab sofort die technisch zulässige Gesamtmasse.
  • Daraus resultiert:
    • Fahrzeuge, die noch nicht mautpflichtig sind, können nun mautpflichtig werden
    • Fahrzeuge fallen jetzt möglicherweise in eine höhere Gewichtsklasse und müssen mehr Maut bezahlen.
  • Es werden CO₂-Emissionsklassen eingeführt.
  • Die Besserstellung für Fahrzeuge mit Partikelfilter (PMK) in eine bessere Schadstoffklasse entfällt.
Januar 2024:
  • Zusätzlich werden mit Erdgas betriebene Lastfahrzeuge mautpflichtig.
Juli 2024:
  • Alle Fahrzeuge ab 3,5 Tonnen technisch zulässige Gesamtmasse (tzGM) werden mautpflichtig.

Wie wirkt sich die Reform auf die Kosten aus?

Bereits ab 1. Dezember wirken sich die Änderungen auf die Lkw-Maut aus. Als Basisbepreisung sieht der Bund konkrete Mehrkosten je nach Lastwagen einen Aufschlag von 200 Euro pro Tonne CO₂ vor. Allein die CO₂-Maut verteuert den Mautsatz um bis zu 83 Prozent.

Bisher macht die Maut rund 10 Prozent der Transportkosten aus. Logistiker rechnen damit, dass allein durch die höhere Maut die Transportkosten um 5 bis 10 Prozent steigen.

Was müssen betroffene Betriebe künftig beachten?

Derzeit ist noch die zulässige Gesamtmasse (etwa Teil I, Feld F2) ausschlaggebend. Ab dem 1. Dezember wird die tzGM (etwa Teil I, Feld F1) zur Berechnungsgrundlage. Die Unternehmen müssen die technisch zulässige Gesamtmasse eigenständig bei Toll Collect kontrollieren und bei Bedarf ändern.

Die Transportfahrzeuge werden künftig gemäß den Vorgaben der Wegekostenrichtlinie 1999/62/EG in CO₂-Emissionsklassen eingeordnet. Es wird fünf CO₂-Emissionsklassen geben. Grundsätzlich werden alle betroffenen Fahrzeuge der CO₂-Emissionsklasse 1 zugeordnet.

Ein geringer Anteil an Fahrzeugen hat die Möglichkeit, sich für eine bessere CO₂-Emissionsklasse zu qualifizieren. Das muss jeder Betrieb aktiv selbst überprüfen und beim Mautservice-Partner beantragen.

Was gilt für Handwerker?

Ab dem 1. Juli 2024 weitet sich die Mautpflicht auf Fahrzeuge mit einem zulässigen Gesamtgewicht von 3,5 bis 7,5 Tonnen aus. Das trifft etwa Transporter von Paketdiensten oder Tafeln, die Lebensmittelspenden fahren. Auch viele Handwerksbetriebe haben Fahrzeuge in dieser Gewichtsklasse.

Fahrzeuge von Handwerkern mit weniger als 7,5 Tonnen sind unter bestimmten Bedingungen von der Neuregelung jedoch ausgenommen. Der Fahrer des Fahrzeugs muss einen handwerklichen Beruf im Sinne der Handwerksordnung ausüben. Ebenso darf die Beförderung kein gewerbsmäßiger Transport sein oder gegen Entgelt erfolgen.

Das Ministerium schätzt, dass 300.000 Fahrzeuge neu mautpflichtig werden und 100.000 davon grundsätzlich für die eigens festgelegte Handwerker-Ausnahme in Betracht kommen.

Trifft die CO₂-Maut auch die Verbraucher?

Die Mautreform beschert den Unternehmen des gewerblichen Güterkraftverkehrs und Betreibern von Werkverkehr zusätzliche jährliche Kosten in Höhe von rund 7,62 Milliarden Euro. Die Auswirkungen davon würden auch die Verbraucher zu spüren bekommen, berichtet die IHK.

Matthias Belke, Präsident der IHK zu Schwerin, sagte: „Durch das weitere Drehen der Kostenspirale sinkt die Wettbewerbsfähigkeit der Branche weiter und das besonders im europäischen Vergleich. Es entstehen immense Mehrkosten für die Transporteure, die natürlich auch weitergegeben werden müssen.“

Für eine vierköpfige Familie bewirke die Mauterhöhung Mehrkosten von 300 bis 400 Euro pro Jahr. Das ergeben Berechnungen des Bundesverbandes Güterkraftverkehr, Logistik und Entsorgung (BGL). „Was bleibt, ist eine versteckte Steuererhöhung auf dem Rücken der Transport- und Logistikbranche“, kritisierte Belke.

Befeuert die Lkw-Maut die Inflation?

Der verkehrspolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Thomas Bareiß, ist der Ansicht, dass die Erhöhung der Lkw-Maut die deutsche Wirtschaft hart trifft. „Die überwiegend mittelständischen Spediteure werden zur Melkkuh des Finanzministers.“

Bareiß bestätigt Belkes Einschätzung der Mehrbelastung für die Menschen: „Experten sprechen von bis zu 100 Euro pro Bürger und Jahr.“ Damit stünde für den Unionspolitiker fest:

„Die LKW-Maut und der Bundesfinanzminister werden zum Hauptinflationstreiber im kommenden Jahr. Statt das Geld für die Reinvestition in die Verkehrsinfrastruktur zu geben, gehen über 4,1 Mrd. Euro ins Stopfen von Haushaltslöchern. Das ist ein Skandal und wirft uns um Jahre zurück.“

Roland Rüdinger, Chef der gleichnamigen Spedition aus Krautheim (Hohenlohekreis), bezeichnet die Mauterhöhung sogar als „Klimainflation“. Elektrische Lkw sind von der Maut befreit, lohnen sich aber wirtschaftlich noch nicht, sagte er laut SWR.

Für seine 40-Tonner muss Rüdinger künftig statt 19 Cent pro Kilometer 34 Cent bezahlen. Das verursache der CO₂-abhängige Aufschlag. Seine Transporte verteuerten sich dadurch um circa zehn Prozent, rechnete der Spediteur vor. Am Ende müsse der Bürger die Kosten tragen, da diese wohl durchgereicht werden. „Das treibt die Inflation“, kritisierte der Speditionschef.

Wie viele Mehreinnahmen hat der Bund?

Der Bund hat die Gesetzesänderung im Eilverfahren durchgezogen. Nach dem Parlamentsbeschluss billigte bereits auch der Bundesrat das Gesetz. Die zusätzlichen Milliarden an Mehreinnahmen sind demnach schon eingeplant. Sie verdoppeln sich von 7,8 Milliarden Euro in diesem Jahr auf mehr als 15 Milliarden Euro im kommenden Jahr.

Von 2024 bis 2027 dürften somit Mehreinnahmen von 30,5 Milliarden Euro zusammenkommen, die für Verkehrsinvestitionen reserviert werden könnten.

Liegt hier eine Doppelbesteuerung vor?

Ja, meint Gabriele Sehorz, Präsidentin des Verbandes „Selbstständige in Bayern“. Denn die Transportunternehmer leisteten bereits über den CO₂-Aufschlag beim Diesel ihre Abgabe. Dieser Aufschlag betrage derzeit 9,5 Cent pro Liter.

„Die Ampelkoalition widerspricht mit dieser Regelung ganz klar dem eigenen Koalitionsvertrag, in dem der neue Tarif nur unter der Maßgabe, dass eine Doppelbelastung ausgeschlossen ist, eingeführt werden sollte“, so Sehorz.

Das bestätigen auch Stimmen aus der Branche, wie etwa die von Katja Rumstich, Geschäftsführerin der Volker Rumstich Transport GmbH. „Das Handeln der Bundesregierung ist für uns nicht mehr nachvollziehbar.“

Eigentlich warte ihre Branche auf die im Koalitionsvertrag angekündigte Kompensation der CO₂-Doppelbelastung. Doch stattdessen kämen mit der scharf kritisierten CO₂-Mautkomponente weitere Erhöhungen der CO₂-Abgaben auf Kraftstoffe zum kommenden Jahr hinzu. „Unsere Wettbewerbsposition gegenüber ausländischen Transportunternehmen verschlechtert sich so immer weiter“, beklagt Rumstich. „Über Planungs- und Investitionssicherheit brauchen wir gar nicht mehr zu sprechen.“



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