Gefahr für unser Stromsystem? Riesiger Sonnenfleckenkomplex zeigt Richtung Erde
Astronomen haben auf der Sonne eine Sonnenfleckenregion entdeckt, die der des Carrington-Ereignisses von 1859 ähnelt. Ein Sonnensturm vergleichbar mit damals hätte heute verheerende Folgen für die ganze Welt. Einen ersten Auswurf gab es bereits.
0
Link kopieren
Sonne mit Sonneneruptionen und der Erde. (Keine maßstabsgetreue Darstellung.)
Auf der Sonne ist aktuell eine riesige Sonnenfleckenregion, von der ein Sonnensturm in Richtung Erde ausgehen könnte.
Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt beobachtet die Entwicklung in Echtzeit.
Forscher vergleichen die Bedingungen mit denen beim Carrington-Ereignis von 1859.
Ein erster Auswurf wurde am frühen Donnerstagmorgen bereits registriert.
In den vergangenen Tagen beobachteten Forscher am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) etwas möglicherweise Beunruhigendes in rund 150 Millionen Kilometer Entfernung. Am östlichen Horizont unserer Sonne sind mehrere besonders aktive Sonnenfleckenregionen erschienen.
Außergewöhnlich große Sonnenfleckenregion
Sonnenflecken sind etwas kühlere, dunklere Bereiche auf der Sonnenoberfläche und entstehen durch Magnetfelder. Sie tauchen immer wieder auf. Das Ungewöhnliche am jüngsten Sonnenfleckenkomplex ist dessen Größe.
Der Sonnenfleckenkomplex besteht aus drei aktiven Regionen mit den Bezeichnungen AR 4298, 4294 und 4296. Die größte Region davon ist AR 4294 und eine der größeren des laufenden Sonnenzyklus. AR 4294 hat eine Sonnenfleckenfläche, die mindestens zehnmal so groß ist wie die gesamte Erdoberfläche. Seine Länge entspricht 14 Erddurchmessern oder fast 180.000 Kilometern. Allein diese Region hat das Potenzial für ein starkes Ereignis der M- oder X-Klasse.
Der kürzlich entdeckte Sonnenfleckenkomplex auf diesem Weißlichtbild des Helioseismic and Magnetic Imager (HMI) auf dem 2010 gestarteten Solar Dynamics Observatory (SDO) der NASA.
Die Größe des gesamten Sonnenfleckenkomplexes ist wiederum vergleichbar mit jenem, den der britische Astronom Richard Carrington am 1. September 1859 beobachtet hatte. Nur einen Tag später erreichte der bisher größte wissenschaftlich beobachtete Sonnensturm die Erde.
Die Folge waren starke Polarlichter, die noch bis Kuba und Rom, teilweise bis in die Äquatorregion, sichtbar waren. Ebenso kam es zu zahlreichen Störungen und Bränden an Telegraphenmasten durch die induzierte Spannung.
Sollte in der heutigen Zeit ein solcher Sonnensturm die Erde treffen, wären die Folgen noch verheerender. Da unsere Infrastruktur inzwischen deutlich empfindlicher ist, könnten Störungen bei Satelliten, Navigation (GPS), Kommunikation, den Stromnetzen und vielen weiteren Technologien auftreten.
Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) beobachtet die Situation mit erhöhter Aufmerksamkeit. Laut der Einrichtung steigen durch „ihre vergleichbare Größe zur Carrington-Region die Chancen auf Sonneneruptionen merklich“. Das DLR analysiert Änderungen in der Sonnenaktivität und mögliche Auswirkungen auf das Weltraumwetter in Echtzeit. Das soll bei Bedarf Frühwarnungen und nötige Schutzmaßnahmen rechtzeitig ermöglichen.
Aufnahme der Sonne am 03.12.2025 mit dem großen Sonnenfleckenkomplex.
Aktuell bewegt sich die Sonnenfleckenregion von der Erde aus betrachtet auf die Mitte der Sonnenscheibe zu. Diese sogenannten „aktiven Regionen“ sind durch intensive, komplexe Magnetfelder gekennzeichnet und gelten in der Sonnenphysik als Hauptquellen von starken Sonneneruptionen. Das sind etwa Flares und koronale Massenauswürfe.
Von der aktuellen Sonnenfleckenregion ging bereits am nächtlichen Donnerstagmorgen, 4. Dezember, um 3:50 Uhr deutscher Zeit eine etwas stärkere Sonneneruption aus. Laut dem Portal „SpaceWeatherLive“ entsprach diese der Kategorie M6.
Eine solche Sonneneruption stellt noch keine Gefahr für unsere Elektroinfrastruktur dar. Die Eruption beim Carrington-Ereignis war um ein Vielfaches stärker. Allerdings können in den folgenden Tagen in der erwähnten „aktiven Region“ weitere, möglicherweise noch stärkere Eruptionen entstehen. Wenn diese auf die Erde zusteuern, steigt das Risiko je nach Ausrichtung und Stärke. Dabei sähe der Ablauf typischerweise so aus:
Zuerst kommt es zu einem hellen Sonnenflare mit starker Röntgen- und UV-Strahlung, der vor allem die Ionosphäre der Erde beeinflusst.
Ein bis zwei Tage später könnte eine Plasmawolke folgen, die das Erdmagnetfeld streifen oder treffen könnte – mit der Gefahr eines geomagnetischen Sturms. Dann könnten bei klarem Himmel auch in Deutschland Polarlichter sichtbar werden, so wie im Mai 2024.
In einer „aktiven Region“ befinden sich deutlich intensivere lokale Magnetfelder an der Sonnenoberfläche. Brechen die sonst geschlossenen Feldlinien, die das Sonnenplasma einschließen, auf, wird dieses in den Weltraum hinausgeschleudert. Hierbei spricht man von einer Sonneneruption. Im späteren Verlauf ist die Rede von Sonnenwinden.
Eine Magnetfeldschleife auf der Sonnenoberfläche wird durch magnetische Rekonnexion zerteilt. Der obere Teil wird samt eingeschlossenem Plasma abgestoßen (Massenauswurf) und der untere Teil wird auf die Sonne zurückgeschleudert. Beim Auftreffen auf die Sonne entsteht Röntgenstrahlung (Flare).
Die weggeschleuderte Plasmawolke besteht aus geladenen Teilchen. Dazu zählen Elektronen, Protonen und weitere Atomkerne. Die Plasmawolke entfernt sich mit Geschwindigkeiten von rund 1.000 Kilometern pro Sekunde von der Sonne. Die 150 Millionen Kilometer bis zur Erde sind somit in ein bis zwei Tagen zurückgelegt.
Das Fachgebiet von Maurice Forgeng beinhaltet Themen rund um die Energiewende. Er hat sich im Bereich der erneuerbaren Energien und Klima spezialisiert und verfügt über einen Hintergrund im Bereich der Energie- und Gebäudetechnik.