Großspender der Grünen: Geschäfte im Parteinetzwerk

Gerade erst erregte der „Cleantech-Investor“ Jochen Wermuth wieder einmal Aufmerksamkeit: Er spendete den Berliner Grünen 100.000 Euro für den aktuellen Wahlkampf. Ein Blick auf die Aktivitäten des Investors macht deutlich, wie tief er in das Netzwerk der Grünen eingebunden ist.
Titelbild
Grünen-Parteizentrale.Foto: über dts Nachrichtenagentur
Von 27. Januar 2023

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Der Cleantech-Investor Jochen Wermuth ist einer der größten Grünen-Geldgeber. Im Jahr 2016 überwies er beispielsweise 300.000 Euro aus seinem Privatvermögen auf das Wahlkampfkonto von Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann. Für die Grünen war das damals die größte Parteienspende in ihrer Parteigeschichte. Laut dem Wirtschaftsmagazin „Capital“ soll der Investor auch dieses Mal wieder 100.000 Euro für den Grünen-Wahlkampf in Berlin gespendet haben. Seitdem die Partei aber 2021 mit der SPD und der FDP eine Ampelregierung bildet, besetzt sie auch wichtige Regierungsämter. Und hier kann die Spende dann brisant werden.

Fast 1 Million Euro an die Grünen

Wermuth ist Gründer einer auf die Beteiligung an jungen Cleantech-Unternehmen spezialisierten Investmentfirma mit Sitz in Berlin. Er bezeichnet sich selbst als „Climate Impact Investor“. Seit 2016 ist er überzeugter Spender für die Grünen. Wie „Capital“ anhand von Rechenschaftsberichten und Meldungen ausgewertet hat, sind bis heute fast 1 Million Euro an die Partei gegangen. Nicht so ganz eigennützig, wie die „Capital“-Recherchen nahelegen könnten.

So gehörte zu den Investoren eines von Wermuth aufgelegten grünen Private-Equity-Fonds einige Jahre auch ein prominenter Geldgeber: der heutige beamtete Staatssekretär im Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz, Udo Philipp (Grüne).

Der heutige Spitzenbeamte im Bundeswirtschaftsministerium arbeitete einst für den schwedischen Finanzinvestor EQT. Später gründete er zusammen mit dem früheren Grünen-Bundestagsabgeordneten Gerhard Schick den Anti-Finanzlobby-Verein Bürgerbewegung Finanzwende. Anfang 2019 wurde er dann als Seiteneinsteiger Staatssekretär im Finanzministerium Schleswig-Holstein unter der Ministerin Monika Heinold (Grüne). Ende 2021 holte ihn dann Robert Habeck (Grüne) als beamteten Staatssekretär in das Wirtschaftsministerium nach Berlin.

Spender und eng verbandelter Staatssekretär

Jochen Wermuth und Udo Philipp begegneten sich in den letzten Jahren immer wieder. So berät Wermuth seit 2017 das Kuratorium des Fonds zur Finanzierung der kerntechnischen Entsorgung (Kenfo), in den die Betreiber der Kernkraftwerke rund 24 Milliarden Euro eingezahlt haben. Ziel dieser öffentlich-rechtlichen Stiftung ist es, die Kosten für die Entsorgung der radioaktiven Abfälle zu tragen. Seit 2021 übt die Aufsicht über die Stiftung das Wirtschaftsministerium unter dem grünen Vizekanzler Habeck aus. Vorsitzender des Kuratoriums ist Udo Philipp. Aufgabe des Kuratoriums ist es laut Website, den Vorstand einzusetzen und die Geschäftsführung zu überwachen.

Wehrmuth ist eines von fünf Mitgliedern des Anlageausschusses. Wie „Capital“ weiter berichtet, erhielt er dafür nach Angaben des Kenfo seit 2017 eine Entschädigung von 75.000 Euro.

Der Investor hat seit 2016 das Parteibuch der Grünen in Berlin. Nach eigenen Angaben hat er sich in Arbeitsgruppen zu Wirtschaftsthemen und bei Arbeiten am Grundsatzprogramm der Partei beteiligt. Es sollte aber noch weiter nach vorne gehen: 2021 kandidierte er in Berlin für den Bundestag. Aktuell zieht es ihn nach Angaben von „Capital“ in eine Funktion auf EU-Ebene. Er bewirbt sich um ein Mandat als Delegierter des Berliner Landesverbands für den Kongress der European Green Party.

Zurück zu den Geschäften des Investors. Im Handelsregister wurde der heutige Staatssekretär Udo Philipp im April 2017 als Kommanditist bei einem Cleantech-Fonds von Wermuth eingetragen. Hier stand er an der Seite von Mit-Investoren wie der lettischen Baltic International Bank, die gerade im Dezember von den Behörden in Lettland geschlossen wurde.

Mit dem Eintrag in das Handelsregister schied Philipp als Kommanditist aus dem Fonds aus. Nun stellt sich die Frage, ob er als Staatssekretär noch an dem Fonds beteiligt war? Wenn ja, dann muss man fragen, ob es hier nicht einen Interessenkonflikt gegeben hat? Das weist das Wirtschaftsministerium auf Anfrage von „Capital“ zurück.

Der Staatssekretär habe dem Management des Fonds schon im Juli 2019 mitgeteilt, dass er beabsichtige, seine Beteiligung „abzustoßen“, erklärte das Ministerium. Da es sich um einen geschlossenen Fonds handele, sei dafür Einvernehmen unter den Investoren nötig gewesen. Den Verkaufsvertrag habe Philipp Ende November 2020 unterzeichnet. Sein Ausscheiden als Kommanditist sei Mitte Januar 2021 wirksam geworden, die Eintragung im Handelsregister habe sich „bis zum kompletten Abschluss der Restrukturierung“ des Fonds im Oktober 2022 verzögert. Durch die Wirksamkeit des Vertragsschlusses zum 13. Januar 2021 seien die Geschäftskontakte mit Wermuth bereits vor Philipps Berufung durch Wirtschaftsminister Habeck im Dezember 2021 beendet worden. „Insofern gibt es keine Interessenskonflikte“, betonte das Ministerium. Zur Höhe von Philipps Investment wollte es keine Angaben machen – ebenso wenig, ob er seine Anteile mit Gewinn oder Verlust an Wermuth verkaufte.

Reiche Menschen sollen sich Aufmerksamkeit nicht erkaufen können

Juristisch lässt sich auch gegen die Parteispende vom Dezember nichts sagen. Sie wurde der Bundestagspräsidentin gemeldet und unverzüglich veröffentlicht. Kritik kommt aber von der „Bürgerbewegung Finanzwende“, der Organisation, die Wermuth 2018 mitbegründet hatte. Staatssekretär Philipp gehörte damals ebenfalls dazu. „Parteispenden sollten auf maximal 50.000 pro Jahr und Spender begrenzt werden, damit besonders reiche Menschen sich nicht mehr Aufmerksamkeit erkaufen können“, sagte Finanzwende-Geschäftsführer Daniel Mittler gegenüber „Capital“. „Dies gilt erst recht, wenn es auch nur den geringsten Verdacht von Interessenkonflikten geben kann.“

Gegenüber der „Capital“ äußerte sich auch Investor Wermuth. Er versicherte, dass kein Zusammenhang zwischen seinen Spenden und seiner Rolle als Berater des Atomfonds bestehe.

Die Aufgabe als Berater des Kenfo sei „hauptsächlich ein Ehrenamt“, erklärte Wermuth weiter. Im Verhältnis zum Zeitaufwand und der Verantwortung würden die Mitglieder des Anlageausschusses „fast gar nicht kompensiert“. Laut dem Corporate-Governance-Bericht des Atomfonds erhalten einfache Mitglieder des Beratergremiums 15.000 Euro im Jahr. Das ist tatsächlich kein sehr hoher Betrag. Allerdings dürfte ein Beraterposten beim größten deutschen Staatsfonds für das Ansehen eines Vermögensverwalters in der Branche und bei seinen Investoren auch nicht unbedingt von Nachteil sein.

Alles begann in Russland

Jochen Wermuth hat eine spannende Karriere vorzuweisen. 1969 in Boston geboren, wuchs er in Mainz auf. In den 90er-Jahren arbeitete der damals junge Ökonom als Berater des russischen Ministerpräsidenten Jegor Gaidar. Dieser galt damals als marktwirtschaftlich-liberal und führte unter dem damaligen Präsidenten Boris Jelzin als kommissarischer Regierungschef von 1992 bis 1994 die Regierung. 1994 verließ er dann die Regierung. Die Tätigkeit Wermuths wurde damals von der EU und der Weltbank finanziert. Den Großteil machte Wermuth dann aber als Investmentbanker bei der Deutschen Bank in Moskau, deren Russlandgeschäft er damals aufbaute.

1999 gründete Wermuth seine heute in Berlin ansässige Firma Wermuth Asset Management (WAM), mit der er für Family Offices, Unternehmen und andere Investoren zeitweise eine Milliardensumme verwaltete – anfangs vor allem in Aktien- und Immobilienwerten in Russland. Seit etwas mehr als zehn Jahren investiert er immer stärker in Umweltinvestments.

Wahlkampfspende, Invest in die Zukunft

Sein finanzielles Engagement im aktuellen Wahlkampf für die Grünen begründet er laut „Capital“ damit, dass er die Spitzenkandidatin Bettina Jarasch unterstützen möchte. Berlin müsse so „endlich aus dem Sumpf der Vergangenheit der SPD- oder CDU-geführten Regierungen aus[zu]brechen und einen frischen Anfang [zu] machen“, erklärte er – insbesondere beim Klimaschutz. Seine Spende sieht er auch als Investition in die Zukunft. Bis 2030 werde ein großer Teil der Menschen in Städten wie Berlin leben. Die anstehende Abgeordnetenhauswahl spiele daher „eine Schlüsselrolle nicht nur für die Zukunft Berlins, sondern auch Deutschlands, Europas und der Welt“.



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