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25.04.1999 – Zeitzeugen der Geschichte

Stiller Protest im Machtzentrum des Regimes – der alte Zhang erzählt seine Geschichte

Am 25. April 1999 protestierten mehr als 10.000 Falun-Gong-Praktizierende in der Nähe des Zentrums des Machtapparates des kommunistischen Regimes in Peking für Gerechtigkeit. 26 Jahre später erinnert sich ein Zeitzeuge an die damaligen Geschehnisse, die nach Ansicht von Experten zum Beginn der Verfolgung von Falun Gong durch die Kommunistische Partei Chinas führten.

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Keine Öffentlichkeit erwünscht vor Pekings Machtzentrum Zhongnanhai. (Symbolbild.)

Foto: Mark Ralston/AFP/Getty Images

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Lesedauer: 13 Min.

Mahnwachen in Berlin, Taipeh, New York und anderen Städten erinnern dieser Tage an ein wenig bekanntes, aber politisch gewichtiges Datum: den 25. April 1999. Damals, vor 26 Jahren, hatten sich mehr als 10.000 Falun-Gong-Praktizierende in Peking vor dem Petitionsbüro des Staatsrates in der Nähe von Zhongnanhai eingefunden, dem Machtzentrum der Kommunistischen Partei Chinas. Der stille Protest von Falun Gong ging in die Geschichte ein als Chinas größte Demonstration seit den Studentenprotesten von 1989.
Vor wenigen Tagen erinnerte eine große Parade in New York an diesen Tag vor 26 Jahren – und die durch die Verfolgung ausgelöste große Austrittsbewegung aus der Kommunistischen Partei Chinas (KPCh) und ihren Unterorganisationen („Tuidang“), der bislang 445 Millionen chinesische Bürger gefolgt sind, wie die amerikanische Ausgabe der Epoch Times berichtete.
Doch was hatte sich eigentlich an jenem schicksalhaften 25. April 1999 in Peking zugetragen? Ein Augenzeuge erinnert sich.

Praktizierende von Falun Gong stehen am 25. April 1999 am Straßenrand entlang der Mauern von Zhongnanhai.

Foto: Minghui.org

Der alte Zhang erzählt seine Geschichte

Zhang Junxin, ein älterer Herr, der erst vor einem halben Jahr von China nach Kanada ausgewandert war, war damals dabei.
Zu Falun Gong kam Zhang 1998. Damals sei er ein einfacher Arbeiter in einer Zementfabrik im Pekinger Huairou-Kreis gewesen, erzählte er der chinesischsprachigen Ausgabe der Epoch Times. Er war gerade auf dem Weg zur Arbeit, als er in einen schweren Autounfall verwickelt wurde, von dem er einen äußerst schmerzhaften Oberschenkelbruch und einen potenziell lebensgefährlichen Trümmerbruch des Beckens davontrug. Zhang war lange Zeit arbeitsunfähig, saß den ganzen Tag zu Hause herum und blickte deprimiert in eine ungewisse Zukunft. Seine ursprünglich schon ungeduldige Natur schlug mehr und mehr in eine aggressive Reizbarkeit um. Bei kleinsten Vorkommnissen verlor Zhang die Beherrschung, was die Familie enorm belastete.
Im Dezember 1998 machte ihn ein Verwandter mit Falun Gong bekannt, in der Hoffnung, ihm aus seiner misslichen Lage zu helfen. Doch Zhang lehnte ab. Als Atheist glaubte er nicht an die Wirkung von Qigong. Doch sein Verwandter gab nicht auf: „Wenn du es nicht einmal versuchen willst, wirst du für den Rest Deines Lebens behindert sein.“ Zhang geriet ins Grübeln und beschloss schließlich, sein Glück zu versuchen. Auf Krücken und in Begleitung seiner Frau ging Zhang zu einem lokalen Übungsplatz von Falun Gong und besuchte einen Falun-Gong-Kurs.
Mit der Zeit lockerte sich seine starre Einstellung. Er erkannte, dass „die Kultivierung im Dafa eine Verbesserung der eigenen geistigen Natur und des moralischen Standards erfordert“. Er begann, sein hitziges Temperament zu zügeln und hörte bald schon mit dem Rauchen und Trinken auf. Nach einiger Zeit des Lernens und Übens bemerkt er schließlich, dass seine Beine weniger schmerzten. Es dauerte insgesamt nur etwa einen Monat bis er wieder ohne Krücken gehen konnte. „Falun Gong ist so magisch“, sagte Zhang. Es sei, als ob er „ein neues Leben geschenkt“ bekommen habe.

Zhang Junxin kam erst vor knapp einem halben Jahr aus China nach Kanada. Er war am 25. April 1999 Augenzeuge des friedlichen Protests von Falun Gong in Peking.

Foto: Mit freundlicher Genehmigung von Zhang Junxin

Am Vorabend des 25. April 1999

Am Abend des 24. April 1999 ging Zhang zum Haus eines örtlichen Falun-Gong-Praktizierenden. Dort traf man sich gewöhnlich, um gemeinsam die Schriften von Falun Gong zu lesen. Plötzlich erhielt einer der Anwesenden einen Telefonanruf, in dem es um einen Medien-Artikel und um festgenommene Falun-Gong-Praktizierende ging. Der Angerufene fragte in die Runde: „Ist irgendjemand bereit, zum Petitionsbüro in Peking zu gehen und die Freilassung der Personen in Tianjin zu beantragen?“
Was war geschehen? Am 11. April hatte He Zuoxiu, ein bekannter Falun-Gong-Kritiker und Physik-Professor mit Verbindungen zu führenden KPCh-Politikern, einen Artikel, der Falun Gong verleumdet, im Magazin „Youth Reader“ der Pädagogischen Hochschule Tianjin veröffentlicht. He hatte in seinem Text längst widerlegte Beispiele erneut aufgegriffen, weshalb der Artikel von anderen Medien und sogar dem Propagandasystem boykottiert worden war, wie das Falun Dafa Information Center in einem Rückblick auf die damaligen Ereignisse erklärte.
Daraufhin suchten lokale Praktizierende zwischen dem 18. und 24. April die Herausgeber der Zeitschrift, die Hochschule und die zuständigen Behörden auf, um die Sache richtigzustellen. Am 23. und 24. April schickte das Büro für Öffentliche Sicherheit Tianjin jedoch die Bereitschaftspolizei gegen die friedlichen Demonstranten aus. Viele wurden verprügelt und insgesamt 45 festgenommen. Als andere deren Freilassung im Rathaus von Tianjin forderten, riet man ihnen: „Geht nach Peking. Nur dort kann das Problem gelöst werden.“
Zhang hatte erst ein halbes Jahr Falun Gong gelernt, entschied sich an jenem Abend jedoch gleich nach Peking zu gehen, obwohl er wusste, dass eine Petition eine durchaus gefährliche Angelegenheit sein könnte. „Falun Dafa kostet das Land keinen Cent und ermöglicht den Menschen einen gesunden Körper, eine verbesserte Moral und harmonische Familien“, erklärte Zhang gegenüber der Epoch Times seine damaligen Überlegungen.

25. April 1999 – 6 Uhr morgens

Zhang und zwei weitere Praktizierende fuhren am nächsten Morgen zwei Stunden lang mit dem Bus nach Peking, mieteten dort eine dreirädrige Fahrradrikscha und machten sich auf den Weg zum Petitionsbüro. Dort warteten bereits an beiden Seiten der Straße zahlreiche Menschen, von denen sie erfuhren, dass sie auch Praktizierende seien. In den nächsten Stunden kamen mehr als 10.000 Menschen zusammen. Die Stimmung war ruhig und selbst die Polizisten, die zur Bewachung abkommandiert waren, wirkten entspannt, rauchten und unterhielten sich.
Am Nachmittag sagte jemand in der Nähe von Zhang, dass jemand als Vertreter der Wartenden zu einem Gespräch empfangen worden sei. Tatsächlich hatte sich der damalige Ministerpräsident Zhu Rongji mit Vertretern der Bittsteller getroffen und die Freilassung der Anhänger in Tianjin angeordnet.
Am Abend, als es allmählich dunkel wurde, begann sich die Menschenmasse aufzulösen. Auch Zhang und seine Begleiter machten sich auf den Heimweg – in der Annahme, dass nun alles geklärt worden sei.
Zhang erinnerte sich: „Als wir weggingen, war alles sehr ordentlich und ruhig. Jeder machte den anderen Platz.“ Manche hätten sogar den Müll vom Boden aufgesammelt und mitgenommen. „So eine große Menschenmenge – und trotzdem kein Gedränge, keine Störung der Gesellschaft.“ So etwas habe er noch nie erlebt, erinnerte sich Zhang zurück. „Die Falun-Gong-Praktizierenden haben wirklich eine sehr hohe persönliche Haltung“ – was gut für die geistige Kultur der ganzen Gesellschaft sei, so Zhang.

Als friedlicher Protest zur „Belagerung“ umgedeutet wurde

Doch der damalige Staats- und Parteichef Jiang Zemin setzte sich über die Entscheidung des Ministerpräsidenten hinweg und deutete den friedlichen Protest der Falun-Gong-Praktizierenden beim Petitionsbüro in eine sogenannte „Belagerung“ von Zhongnanhai um, was nach Ansicht von Experten als Begründung für den Beginn der Verfolgung von Falun Gong genommen wurde.
Lu Zhengli, Kommunismusforscher und ehemaliger Chef eines multinationalen Unternehmens in Taiwan und China, sagte im Gespräch mit der chinesischsprachigen Epoch Times: „Wir sollten alle Ankündigungen und Formulierungen in den von der Kommunistischen Partei veröffentlichten Nachrichten hinterfragen.“
Der Begriff „Belagerung“ sei eine „willkürliche Anschuldigung“. Er schlug vor: „Sie können die umgekehrte Frage stellen: ‚Haben die Falun Gong-Praktizierenden nicht einfach Bücher getragen und still da gestanden? Haben sie Parolen gerufen? Haben sie Transparente hochgehalten? Haben sie Waffen oder Stöcke getragen? Hat jemand mit Eiern oder Tomaten geworfen? Nichts.“
Der taiwanische Geschäftsmann Gao Weibang erklärte: „Petitionen sind lediglich ein politisches Mittel der Regierung, um die Bevölkerung zu beschwichtigen und die Stabilität des Regimes aufrechtzuerhalten“.
Sie seien jedoch „kein legales Mittel, um die Rechte und Interessen der Bevölkerung zu wahren“. Egal wie viele gesetzliche Bestimmungen es gebe, sie seien bedeutungslos. Immer hätten in China hohe Beamte, hochrangige Funktionäre und mächtige Leute das letzte Wort. Das hatte der Geschäftsmann am eigenen Leib erfahren, als er 1997 nach China ging, um eine Fabrik zu gründen. Zwei Jahre später wurde diese gewaltsam beschlagnahmt.

Entgegen der Propaganda: „Falun Dafa Hao“

Die Verfolgung von Falun Gong wurde offiziell am 22. Juli 1999 ausgerufen, begann faktisch jedoch bereits am 20. Juli mit landesweiten Massenverhaftungen. Zhang Junxin selbst ging insgesamt dreimal zum Protestieren auf den Platz des Himmlischen Friedens.

Er hielt ein Transparent in die Höhe, mit den Worten „Falun Dafa Hao – Zhen, Shan, Ren Hao“ („Falun Dafa ist gut – Wahrhaftigkeit, Güte, Nachsicht sind gut“).

Dieser Slogan der Falun-Gong-Praktizierenden entstand als Widerstand gegen die gegenteiligen Behauptungen der kommunistischen Propaganda, die Falun Gong und seine Prinzipien als „böse“ und als Bedrohung für die kommunistische Ideologie und politische Stabilität des Landes darstellt.

(L.) Zwei chinesische Polizisten nehmen am 10. Januar 2000 einen Falun-Gong-Praktizierenden auf dem Platz des Himmlischen Friedens in Peking fest. (R.) Chinesische Polizisten nehmen einen Falun-Gong-Praktizierenden auf dem Platz des Himmlischen Friedens in Peking fest.

Foto: Chien-Min Chung/AP via Minghui.org

Zhang erklärte, nach jedem seiner Proteste von der Polizei festgenommen, verprügelt und eingeschüchtert worden zu sein. Zhang wurde an den sensiblen Tagen streng überwacht und schikaniert. Einer dieser sensiblen Tage ist der 25. April. Ein anderer der 20. Juli.

Einmal wurde Zhang mitten in der Nacht abgeholt und für 28 Tage eingesperrt, bei Schlägen, Zwangsarbeit und Schlafentzug. Ein anderes mal wurde er für 20 Tage in eine Gehirnwäscheeinrichtung gesteckt – zur „Umerziehung“.

„Egal, wie viel Verfolgung ich erlebt habe, ich bereue nichts, denn Falun Gong ist der aufrichtige Weg und was ich getan habe, ist richtig“, sagte Zhang – und versichert: „Das Böse kann nicht über das Gute siegen!“

FALUN DAFA HAO: Ein Transparent auf dem „Falun Dafa ist gut“ steht, hängt in einem Dorf in der Provinz Heilongjiang. Mit diesen kleinen Aktionen, die unter hohem persönlichem Risiko durchgeführt werden, will man in der Bevölkerung ein Bewusstsein für die staatliche Unterdrückung wecken

Foto: Epoch Times

Steffen Munter – Journalist und Autor. Er schreibt mit gesundem Menschenverstand über deutsche und internationale Politik, China und gesellschaftliche Entwicklungen.

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