Von der Taverne zum Mithras-Tempel: Archäologen entdecken römischen „Tempel der bunten Marmore“

Wo einst eine Taverne römische Gaumen erfreute, entstand ein Tempel für Mithras, Kronos und Isis und verband die römische, griechische und ägyptische Götterwelt. Psychotrope Pflanzen und ein Raum voller buntem Marmor ergänzten das wohl wortwörtlich bewusstseinserweiternde Erlebnis.
Titelbild
Archäologen entdecken 2014 das "Mithräum der bunten Marmore" in der italienischen Stadt Ostia. Nun liegen neue Kenntnisse vor.Foto: Mit freundlicher Genehmigung von Massimiliano David
Epoch Times21. Dezember 2019

Dass die Römer nicht nur ihre eigenen Götter, sondern auch die teils fremder Kulturen verehrten oder sie mit ihren eigenen Göttern verglichen ist in der Fachwelt nichts Neues. So setzten sie beispielsweise Isis, die ägyptische Göttin der Geburt, Magie und des Todes, mit Aphrodite, der griechischen Göttin der Liebe und der Schönheit gleich.

Doch nicht nur ägyptische Götter wurden von den Römern übernommen, sondern auch Griechische oder Kleinasiatische wie Dionysos, Kybele oder Mithras. Schon bald wurden ihre Kulte im nahezu gesamten Römischen Reich populär und die Menschen bauten, und/oder weihten ihnen Tempel.

Einer dieser Bauten entdeckten Archäologen 2014 in der italienischen Stadt Ostia. Aufgrund seiner schillernden Ausstattung gaben sie dem Bau den Namen „Mithräum der bunten Marmore“.

Bunter Fußboden und ein psychotrope Pflanze

Vor etwa 1.600 Jahren hätten die alten Römer hier den Gott Mithras verehrt. Außerdem, so die Archäologen, könnten die Kultanhänger ihren Gott „in einem veränderten Bewusstseinszustand“ angebetet haben. Artefakte und Inschriften aus dem Mithräum sollen zudem darauf hinweisen, dass hier neben dem römischen Gott Mithras andere Götter verehrt wurden.

Das „spelaeum“ (lat. Höhle), der wichtigste Raum des Tempels, besitzt einen besonders geschmückten Boden. So sei dieser mit einer schillernden Palette an bunten Marmoren dekoriert. Hier fanden die Archäologen auch die Überreste der einstigen religiösen Ausstattung in Form einer Bank, einem Brunnen und einem Blumenbeet für eine heilige Pflanze.

Ein Blick auf das „spelaeum“, dem wichtigste Raum des Mithräum. Foto: Mit freundlicher Genehmigung von Massimiliano David

Massimiliano David, Professor für Geschichte und Kulturen an der Universität Bologna in Italien und Leiter der Ausgrabung veröffentlichte in der Zeitschrift Acta Antiqua Academiae Scientiarum Hungaricae einen Beitrag, indem er den Bau näher erläuterte und interpretierte.

So habe das Mithräum in seiner Blütezeit viele Rituale gesehen, darunter Bankette, Einführungszeremonien und Tieropfer, sagte David gegenüber Live Science. Menschen, die an den Ritualen teilnahmen, „befanden sich vielleicht in einem Zustand veränderten Bewusstseins“, ergänzte der Forscher. In der Antike wurde ein verändertes Bewusstsein oft durch den Einsatz von psychotropen Pflanzen erreicht.

Ein Ort für römische, griechische und ägyptische Götter

Die Menschen, die den Tempel besuchten, haben vielleicht neben Mithras auch Kronos verehrt, so die Forscher weiter. Dieser gilt in der griechischen Mythologie als der Gott, der mit der Ernte und der Zeit selbst verbunden ist. Einen Hinweis darauf gäbe die Inschrift im Mithräum die besagt: „Für den unbesiegten Gott Mithras und den großen Gott Kronos“.

Weiterhin könnte auch die ägyptische Göttin Isis hier verehrt worden sein, da die Forscher einen ägyptischen Elfenbeingriff fanden. Laut den Archäologen, könnte dieser als Ritualinstrument verwendet worden sein, der „als Brücke zwischen den Anhängern von Mithras und denen von Isis zu dienen scheint.“

Ein Blick auf das ausgegrabene römische Gebäude. Foto: Mit freundlicher Genehmigung von Massimiliano David

Von der Gaststätte zum Kulthaus

Zudem entdeckten die Archäologen, dass das Gebäude einst für andere Zwecke, als einem Kultbau verwendet wurde. So sind sie der Überzeugung das ein Großteil der Struktur früher eine „caupona“, eine Art Taverne oder eine Gaststätte war, bevor sie vollständig in ein Mithräum umgewandelt wurde.

Die Nutzung des Gebäudes als heiliger Ort scheint jedoch nur von kurzer Dauer gewesen zu sein. Laut den Archäologen wurde der rituelle Brunnen irgendwann im fünften Jahrhundert geschlossen und das Mithräum schloss für immer seine Türen.

Archäologen entdecken 2014 das „Mithräum der bunten Marmore“ in der italienischen Stadt Ostia. Nun liegen neue Kenntnisse vor. Foto: Mit freundlicher Genehmigung von Massimiliano David

Wer war Mithras?

Angeblich waren die Perser die ersten Menschen, die Mithras (auch Mithra), verehrten, der mit Licht und Sonne verbunden ist. Dies belege die erste Erwähnung Mithras in einem Vertrag zwischen dem Königreich Mitanni und einem hethitischen König im 14. Jh. v. Chr. Doch etwa 1.000 Jahre später begann der Kult im Kaukasus vermutlich zu verschwinden, da es keine archäologischen oder historischen Funde mehr gibt.

So ist bis heute unklar, wie der Mithras-Kult zwischen dem 1. und 4. Jahrhundert n. Chr. wieder im Römischen Reich auftauchte und wie er so beliebt wurde.

Relief mit der Darstellung des Mithras während der rituellen Tötung eines Stieres. Marmor. 100-200 n. Chr. Louvre Lens. Foto: Pierre Cattelain/Wikimedia Commons

Der Legende nach wurde Mithras aus einem Felsen heraus geboren. So heißt es, dass ein Strahl tief in einen Felsen eindrang, Mithras gebar, von wo aus er anschließend zum Himmel aufgestiegen ist. Außerdem soll er ein ausgezeichneter Bogenschütze sein, der oft mit seinen Fackelträgern, Cautes und Cautopates unterwegs war.

Künstlerische Darstellungen in einem der Räume des Mithräums in Ostia zeigen Dreizacke und Pfeile, Symbole die mit dem Mithras-Kult in Verbindung stehen sollen. So sei der Dreizack ein Hinweis auf Mithras und seine beiden Fackelträger, während die Pfeile Mithras Fähigkeit zum Bogenschießen darstellen. (ts)



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