Für mehr digitale Eigenständigkeit
Justizministerin Hubig zurückhaltend zu Einsatz von Analysesoftware von Palantir
Innenminister Dobrindt lässt den bundesweiten Einsatz der umstrittenen US-Software prüfen. Die Justizministerin ist skeptisch. Ein Kabinettskollege betont die Chancen.

Der Sitz von Palantir in Palo Alto in Kalifornien.
Foto: Andrej Sokolow/dpa
Bundesjustizministerin Stefanie Hubig (SPD) äußerte sich zurückhaltend zum Einsatz der Analysesoftware des US-Unternehmens Palantir durch die deutschen Sicherheitsbehörden. Es dürften nur Mittel genutzt werden, „die mit rechtsstaatlichen Grundsätzen vereinbar sind“, sagte Hubig am Wochenende.
Digitalminister Karsten Wildberger (CDU) zeigte sich hingegen offen für die Nutzung und verwies auf den Schutz der Demokratie.
Es sei zwar „wichtig, dass unsere Ermittlungsbehörden über zeitgemäße Instrumente verfügen, um schwere Straftaten aufzuklären und Gefahren abwehren zu können“, sagte Hubig der „Süddeutschen Zeitung“ vom Samstag. „Aus verfassungsrechtlicher Sicht ist beim Einsatz von Softwarelösungen, wie denen von Palantir, besondere Sorgfalt geboten.“
Es gehe „schließlich um sensible Daten unserer Bürgerinnen und Bürger“. Es sei „wichtig, dass mögliche Risiken genau geprüft werden“.
Die Palantir-Software vereinheitlicht Daten aus polizeilichen Quellen und macht sie analysefähig. So sollen Ermittler automatisiert zum Beispiel Verdächtige identifizieren und Straftaten verhindern oder aufklären können. Innenminister Alexander Dobrindt (CSU) lässt derzeit den bundesweiten Einsatz von Palantir prüfen.
Digitalminister für europäische Lösungen
„Menschen und Staaten, die andere wertepolitische Vorstellungen haben und ganze Länder bedrohen, nutzen zunehmend Technologie“, sagte Digitalminister Wildberger den Zeitungen der Funke Mediengruppe.
„Wir sollten aber auch europäische Unternehmen haben, die solche Lösungen bieten können.“ Wildberger gab das Ziel aus, dass Deutschland digital souveräner werden müsse. „75 Prozent der Cloud-Lösungen, die wir nutzen, kommen von den großen amerikanischen Tech-Konzernen“, sagte er. Hierbei sieht der CDU-Politiker auch den Bund in der Pflicht, der selbst Ankerkunde bei deutschen und europäischen Unternehmen werden müsse.
Trotz der derzeitigen Spannungen mit den USA will Wildberger zudem weiterhin auf die transatlantische Partnerschaft setzen. „Das Bündnis ist über viele Jahrzehnte eine tragende Säule. Beziehungen leben von Langfristigkeit, nicht von kurzfristigen Unstimmigkeiten“, sagte Wildberger.
Zugleich forderte er, „das Heft des Handelns wieder stärker selbst in die Hand“ zu nehmen. Zu viel habe man in der Vergangenheit ausgelagert – „ob in der Verteidigung, der Energiebeschaffung, der industriellen Produktion und auch bei der Digitalisierung“.
Manche Bundesländer nutzen Palantir bereits
Der Landesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei Bayern, Florian Leitner, sagte am Samstag im Deutschlandfunk, die Software werde dringend benötigt. Angesichts von Länderpolizeien mit unterschiedlichen Systemen sei Palantir „alternativlos“ beim Abgleich des kompletten polizeilichen Datenbestands.
Ein entsprechendes Produkt aus Europa gebe es nicht, sagte Leitner. Er halte es „für den falschen Weg, immer den Datenschutz vorzuschieben“.
Mit der Software sollen Ermittler automatisiert Verdächtige identifizieren und Straftaten verhindern oder aufklären können. In Bayern, Hessen und Nordrhein-Westfalen wird sie schon genutzt, nun soll auch die Polizei in Baden-Württemberg darauf zurückgreifen können. (afp/dts/dpa/red)
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