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Wadephul bekräftigt deutsche Unterstützung für Israel

Israels Außenminister besucht Berlin: Kritik am Erstarken des Antisemitismus

In Deutschland ereigne sich inzwischen rechnerisch „jede Stunde ein antisemitischer Vorfall“, sagt Israels Außenminister Gideon Saar. Er ist heute zu Gast im Auswärtigen Amt und sprach mit Außenminister Wadephul am Holocaust-Mahnmal in Berlin.

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Der deutsche Außenminister (l) und sein israelischer Amtskollege legen am 5. Juni 2025 auf dem Stelenfeld des Denkmals für die ermordeten Juden Europas in Berlin Kränze nieder.

Foto: Odd Anderssen/AFP via Getty Images

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Lesedauer: 6 Min.

Israels Außenminister Gideon Saar hat bei einem Besuch des Holocaust-Mahnmals in Berlin das Erstarken des Antisemitismus in Deutschland scharf kritisiert. Er trifft sich heute mit Außenminister Johann Wadephul (CDU). Beide legten Kränze am Mahnmal zum Gedenken an die sechs Millionen unter den Nazis ermordeten Jüdinnen und Juden nieder.
„Mit schwerem Herzen sage ich heute, dass die Lehren (aus der Geschichte) offenbar wieder vergessen wurden“, sagte Saar. In Deutschland ereigne sich inzwischen rechnerisch „jede Stunde ein antisemitischer Vorfall“, sagte Saar. „Der Antisemitismus wütet heute unkontrolliert – in der Welt, vor allem in Europa.“

Kritik an Pro-Palästina-Bewegung in Deutschland

Heftige Kritik übte er an der Pro-Palästina-Bewegung in Deutschland. „Ich höre die neuen Antisemiten in Deutschland“, sagte der israelische Minister. „Sie wollen den jüdischen Staat den dschihadistische Psychopathen ausliefern, die uns umgeben.“ Daraus leite sein Land eine Pflicht zur Selbstverteidigung ab, sagte Saar. „Das verpflichtet uns, stärker zu sein als unsere Feinde – Feinde, die dasselbe Ziel verfolgen wie Hitler.“
Jüdische Menschen in Europa, in Deutschland lebten heutzutage in Angst, sagte Saar. „Sie haben Angst, eine Kippa zu tragen. Sie fürchten um ihre Sicherheit. Studenten bleiben dem Campus fern.“ Dies dürfe „niemals als Normalität betrachtet werden“, mahnte Saar.

Wadephul bekräftigt deutsche Unterstützung für Israel

Bundesaußenminister Wadephul zeigte sich beschämt über den starken Anstieg antisemitischer Vorfälle in Deutschland. „Dass Jüdinnen und Juden sagen, ich fühle mich in Deutschland nicht mehr sicher, dass sie ihre Kinder ermahnen, auf der Straße kein Hebräisch zu sprechen – das beschämt mich zutiefst“, sagte er bei dem Besuch des Holocaust-Mahnmals mit dem israelischen Minister.
Wadephul bekräftigte die deutsche Unterstützung für Israel. „Das Einstehen für jüdisches Leben in Deutschland und der Einsatz für die Sicherheit und für eine friedliche Zukunft des Staates Israel ist uns Verpflichtung und wird es bleiben“, sagte er.
Die Außenminister von Deutschland und Israel besuchen das Holocaust-Mahnmal in Berlin.

Die Außenminister von Deutschland und Israel besuchen das Holocaust-Mahnmal in Berlin.

Foto: Kay Nietfeld/dpa

Nach dem Besuch am Holocaust-Mahnmal fuhren Wadephul und Saar ins Auswärtige Amt, wo für den Nachmittag eine Pressekonferenz geplant war.
Wadephul hatte Israel am 4. Juni weitere Waffenlieferungen zugesagt, etwa um sich gegen die Huthi-Miliz im Jemen verteidigen zu können. Zuvor hatte er für Aufsehen gesorgt, weil er in einem Interview deutsche Waffenlieferungen für das militärische Vorgehen Israels im Gazastreifen von einer völkerrechtlichen Überprüfung abhängig gemacht hatte.

Proteste vor dem Auswärtigen Amt

Während des Besuchs protestierten Menschen gegen Israels Vorgehen im Gazastreifen. Vor dem Auswärtigen Amt begannen die Proteste unter dem Motto „Rote Linie Völkerrecht“ am Vormittag. Zu der Kundgebung hatte ein Zusammenschluss verschiedener Menschenrechtsgruppen und NGOs aufgerufen, darunter Amnesty International, Ärzte der Welt und Medico International.
Die Teilnehmer schwenkten palästinensische Flaggen und trugen Transparente mit Aufschriften wie „Keine Unterstützung für Kriegsverbrechen in Gaza“, „Stoppt die Waffenlieferungen“ oder „Stoppt das vorsätzliche Aushungern der Menschen in Gaza“.

Nouripour: Kritik kann auch Geste der Freundschaft sein

Omid Nouripour , Vizepräsident des Bundestages (Grüne), hält Kritik am israelischen Vorgehen im Gazastreifen für ein Gebot der Freundschaft. Zur deutschen Staatsräson gehöre, alles zu tun, dass „die Israelis in Frieden leben können und das Land sicher sein kann“. Kritik an „der Kriegsführung in Gaza, ich finde, das gehört zur Freundschaft dazu“, sagte er. Die Annahme, man dürfe Israel nicht kritisieren, „ist doch alles Unsinn“, so Nouripour.
Auf der einen Seite sei Israel angehalten, den deutschen Umgang mit Antisemitismus zu kritisieren. „Und andersrum ist es unser Job, denen zu sagen: Leute, die humanitären Hilfsgüter müssen in Gaza reinkommen.“ Dauerhaften Frieden gebe es nur, „wenn die Palästinenser auch einen eigenen Staat bekommen, der aber die Sicherheit Israels akzeptieren muss“.

Zum Hass auf Israel erzogen

Der in Teheran geborene Politiker wurde in der Schule zum Hass auf Israel erzogen. „Ich habe wie viele andere im Iran auf dem Schulhof ‚Tod Israel‘ gerufen und in der Schule gelernt, dass Israel ein Unrechtsstaat sei und es müsse weg.“ Israel zerstören zu wollen, sei Teil der iranischen Staatsräson.
Nouripour kam im Alter von 13 Jahren mit seinen Eltern und seiner Schwester nach Frankfurt am Main. „Ich habe den Staatsantisemitismus, den ich dort gelernt habe, hierher mitgebracht“, sagte er. „Und ich habe hier erst gelernt, was das für ein abscheuliches Gedankengut ist.“ Der Antisemitismus, der aus anderen Staaten nach Deutschland mitgebracht werde, müsse bekämpft werden.
Nouripour warnte zugleich die israelische Regierung vor dem Versuch, das Mullah-Regime militärisch zu beseitigen. Der Iran sei eine echte Bedrohung für Israel, und es sei Israels gutes Recht, sich zu wehren. „Aber dass Israel jetzt den Regimeumsturz im Iran organisiert – nein.“ Das iranische System basiere auf Angst und Gewalt, die geostrategische Situation verstärke das eher.  (afp/dts/red)

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