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Wikipedia-Mitbegründer Wales weist Vorwürfe gegen Online-Enzyklopädie zurück

Mit Jimmy Wales hat einer der beiden Mitbegründer von Wikipedia die Arbeitsweise der Online-Enzyklopädie verteidigt. Vorwürfe, nach denen dort konservative Perspektiven routinemäßig blockiert würden, träfen nicht zu.

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Jimmy Wales, Mitbegründer der Online-Enzyklopädie Wikipedia, am 13. Januar 2021 in London.

Foto: Daniel Leal/AFP via Getty Images

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Lesedauer: 5 Min.


In Kürze:

  • Wikipedia-Mitbegründer Jimmy Wales: Plattform keineswegs zu linkslastig ausgerichtet
  • Das Problem sei schlechte Qualität rechter Medien, die als Quellen fehlten
  • Vorausgegangen war Kritik unter anderem von Elon Musk und Wales’ früherem Weggefährten Larry Sanger

 
Jimmy Wales, der Mitbegründer von Wikipedia, hat öffentliche Kritik zurückgewiesen, nach der die Online-Enzyklopädie zu linkslastig und voreingenommen gegenüber konservativen Standpunkten ausgerichtet sei.
Der Vorwurf des konservativen Media Research Center etwa, Wikipedia würde nur linke Quellen akzeptieren, überzeuge nur Menschen, die „das ‚Wall Street Journal‘ und den ‚Economist‘ für links hielten“, sagte Wales im Gespräch mit der „Zeit“. Er ergänzte:
„Wenn das Vertrauen in den Journalismus so tief gesunken ist, dass man glaubt, Mainstream-Medien seien reine Propaganda, wird man wahrscheinlich auch Wikipedia nicht trauen.“

Problem: Zu viele „qualitativ schlechte rechte Medien“

Wikipedias Richtlinien für Autoren und Redakteure verbieten keine Nachrichtenmedien als Quellen, nur weil diese konservativ seien, betonte Wales. Das Problem sehe er vielmehr in dem Umstand, dass es „gerade in den USA viele gut finanzierte, aber qualitativ schlechte rechte Medien“ gebe. „Linke Medien von ähnlich schlechter Qualität“ und vergleichbar guter Finanzausstattung existierten aus seiner Sicht dagegen kaum.
Kritik an den Redakteuren seiner Plattform begegnete Wales ebenfalls ablehnend: „Wenn eine Quelle als potenziell unzuverlässig eingestuft werde“, bedeute das kein Verbot dieser Quelle, sondern „nur, dass es eine gute Idee wäre, eine bessere Quelle zu finden“.
Der Wikimedia Foundation wurde in den Vereinigten Staaten bereits angedroht, den Status als gemeinnützige Organisation zu verlieren. Diesen „Kulturkampf“ betrachte Wales als „Symptom eines allgemein vergifteten politischen Klimas“.

Konkurrenzkampf der Online-Enzyklopädien eröffnet: Musk kontert mit Grokipedia

Musk hatte an Silvester 2024 via X dazu geraten, Wikipedia kein Geld mehr zu spenden, „bis sie anfangen, die Wahrheit zu sagen“.
Wikipedia sei jedoch „ziemlich widerstandsfähig“, so Wales. Das liege auch an ihren Unterstützern: „An dem Tag, als Elon Musk auf X zum Boykott aufrief, haben wir etwa 5 Millionen Dollar an Spenden erhalten.“
Der Gründer von Tesla, SpaceX und Besitzer von X brachte erst vor wenigen Tagen eine KI-basierte „Open-Source-Wissensdatenbank“ namens Grokipedia auf den Markt.
Obwohl er selbst Grokipedia bisher nicht in Augenschein genommen habe, sieht Wales darin offenbar keine große Konkurrenz:
„Mit künstlicher Intelligenz ist es heute kinderleicht, schnell große Textmengen zu generieren. Das ist etwas anderes, als wenn eine Community 25 Jahre sorgfältig daran arbeitet, Artikel mit überprüften Fakten zu erstellen. Die eigentliche Frage ist die nach der Qualität.“
Anlässlich von Musks Kritik an Wikipedia habe er dem Tech-Milliardär gegenüber persönlich seine Sorge zum Ausdruck gebracht, sagte Wales: Wenn Musk behaupte, „Wikipedia sei von linksradikalen Aktivisten übernommen“, dann vermittele das den Konservativen den Eindruck, auf Wikipedia nicht willkommen zu sein und sich nicht daran beteiligen zu müssen.
„Den verrückten linken Aktivisten wiederum erklärt er Wikipedia zur neuen Heimat“, kritisierte Wales. „Dann müssen wir uns mit ihnen herumschlagen.“
Er selbst sei zudem „weit davon entfernt, ein verrückter Linker zu sein“. Gegenüber der „Zeit“ beschrieb sich das heutige Vorstandsmitglied der Wikimedia Foundation mit Sitz im kalifornischen San Francisco als „eigentlich sehr langweilig und gemäßigt“.
Für legitimer halte er es bei einem Verdacht auf Einseitigkeit, einfach andere Quellen vorzuschlagen.
Wikipedia cofounder Larry Sanger in New York City on Sept. 15, 2021. Sanger said the site is systemically biased against conservative, religious, and other points of view. Brendon Fallon/The Epoch Times

Wikipedia-Mitbegründer Larry Sanger in New York City am 15. September 2021. Sanger sagte, die Website sei systematisch voreingenommen gegenüber konservativen und religiösen und Positionen.

Foto: Brendon Fallon/Epoch Times

Ähnlich wie Musk lässt auch Wales‘ früherer Weggefährte, Wikipedia-Mitbegründer Larry Sanger, seit Jahren kaum ein gutes Haar an der weltweit größten Online-Enzyklopädie.
Erst kürzlich forderte Sanger eine weitreichende Reform der Online-Enzyklopädie für mehr Fairness, Pluralität und Meinungsfreiheit. Die Liste akzeptierter Quellen müsse etwa erweitert werden. Zudem kritisiert er, dass Sekundärquellen gegenüber Primär- oder Originalquellen bevorzugt werden.
Anlass für das „Zeit“-Gespräch mit Wales war das Buch „TRUST: Die 7 Regeln des Vertrauens oder Wie man Dinge von Dauer schafft“, das am 31. Oktober 2025 bei Piper erschienen ist.
Patrick Reitler, geboren in den späten Sechzigerjahren am Rande der Republik. Studium der Komparatistik, Informationswissenschaft und Sozialpsychologie. Seit der Jahrtausendwende als Journalist hauptsächlich in Online-Redaktionen beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk und als Fußballkommentator unterwegs. Seit Ende 2022 freier Autor. Bei Epoch Times vorwiegend für deutsche Politik zuständig.

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