Mehr als vier Wände: Die Kunst, sein Heim in einen Erholungsort zu verwandeln
Die eigenen vier Wände schützen nicht nur vor Regen und Kälte. Wenn man es richtig anstellt, kann man hier auch die Kraft der Stille, Ruhe, Schönheit, Verbundenheit und Geborgenheit spüren.
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Die Schönheit und Ruhe eines gepflegten Wohnraums beruhigen die Seele. Illustration: Biba Kajevic
„Lass uns heimgehen“ – diese Worte berühren das Herz. Für die meisten steht der Begriff „Heim“ für etwas Vertrautes, eine Sehnsucht, die sich schwer in Worte fassen lässt. Wir möchten irgendwo dazugehören, irgendwo Ruhe finden.
Wir wünschen uns einen Ort der Stille, abseits der harten Realität der Welt. Wir hoffen, dass die staubige Straße irgendwann in eine ruhige Lichtung mündet, auf der Grillen zirpen, Vögel zwitschern und das Sonnenlicht die Dunkelheit vertreibt. Kurz gesagt: Wir sehnen uns nach einem Rückzugsort.
Was macht ein Zuhause zu einem echten Heim?
Wie aber finden wir diesen Ort mit Heimatgefühl, an dem uns das Herz aufgeht? Eine mögliche Antwort auf diese Frage lautet: Wir erschaffen ihn selbst. Wir erschaffen einen solchen Ort, an dem wir uns niederlassen, und verwandeln ihn in ein Heim, einen Rückzugsort für Körper, Geist und Seele.
Allein die vier Wände machen ein Zuhause nicht automatisch zu einem Heim. Es geht um mehr als eine Unterkunft. Tiere leben in Nestern und Höhlen, die sie vor den Naturgewalten schützen. Aber sie brauchen kein Heim.
Wir Menschen hingegen sehnen uns nach einem Ort, den wir kennen und der uns kennt. Wir wünschen uns ein Zuhause, das uns sowohl Frieden und Geborgenheit als auch Komfort und Erholung bietet und gleichzeitig Körper, Geist und Seele nährt. Es ist ein Ort, an dem wir unser gesamtes Leben verbringen können, die Kulisse für unsere Geschichten, ein Ausdruck dessen, wer wir sind und wie wir leben möchten.
Ein Kamin zaubert eine wohlige Atmosphäre.
Foto: Larisa Duka/iStock
Tatsächlich kann eine Wohnung mehr als nur ein funktionaler Raum sein. Man kann ihn auch zu einem Ort gestalten, der einem Kraft zurückgibt. Dieser zeichnet sich durch bestimmte Schlüsselmerkmale aus, die über die vier Wände und ein Dach hinausgehen: die wohltuende Kraft der Schönheit, ein Platz, der vor dem Lärm und der Hektik der Welt schützt, und eine Umgebung, die zwischenmenschliche Beziehungen und einen gesunden Lebensstil fördert.
Die Schönheit eines Refugiums
Warum sollte ein Zuhause ansprechend sein? Schönheit spendet Trost, und ein Zuhause sollte solch ein Ort des Trostes sein. Schönheit beruhigt den Geist und nährt die Seele. Es bringt den Betrachter dazu, sich selbst zu vergessen, sich über den Alltag zu erheben und sich höheren Gedanken und sanfteren Gefühlen hinzugeben. Es weckt die guten Seiten in uns, unsere Fähigkeit, Ordnung, Harmonie, Symmetrie und Farbe zu wertschätzen.
Im Gegensatz zu anderen Lebewesen verfügen wir über die einzigartige Fähigkeit, uns an diesen Dingen zu erfreuen – und das bedeutet, dass wir dadurch unser Potenzial ausschöpfen und unser Menschsein voll entfalten können.
Schönheit macht ein Zuhause zu einem Ort, an dem sich Menschen gerne aufhalten. Auf diese Weise stärkt es auch die Bindungen zwischen Familie und Freunden. Wenn ein Zuhause zu einem Rückzugsort werden soll, muss es gemütlich sein. Die unsichtbaren Fäden eines ansprechenden Zimmers ziehen Gäste an. Hier bleiben sie gerne.
Weg vom Lärm
Neben ästhetischen Aspekten sollten Sie auch darüber nachdenken, wie Sie Ihr Zuhause in ein Refugium verwandeln können, das sich abhebt. Aber abhebt wovon? Von den ständigen Einflüssen der Außenwelt, die heutzutage vor allem der Technologie geschuldet sind.
Durch die strikte Begrenzung der Präsenz und Nutzung von Telefonen, Fernsehern, Tablets, Radios und anderen Geräten lässt sich eine kleine Oase der Ruhe schaffen, in der wir zumindest vorübergehend dem Stress von Schlagzeilen, Werbung, Telefonanrufen und Nachrichten entfliehen können.
Der Lärm und die Hektik, die Ablenkungen und der Trubel können verblassen. Wie Schönheit vermag auch Stille, den Geist zu beruhigen und Stress abzubauen. In der Stille erleben wir die Kraft des Augenblicks.
Gemeinsamkeit und Verbindung schaffen
Nicht zuletzt fördert ein gutes Wohnumfeld auch gesunde Lebensgewohnheiten und den Austausch mit anderen: großzügige Räume für geselliges Beisammensein, ein Holzofen oder Kamin als Mittelpunkt statt eines Fernsehers, eine Küche, die zum Kochen einlädt, ein ansprechend gestalteter Garten oder Hinterhof, Bücherregale und Musikinstrumente. All dies kann zu einer Atmosphäre beitragen, die ein angenehmes und friedvolles Leben sowie ein gemeinsames Miteinander ermöglicht.
Bei Kerzenlicht verblasst der triste Alltag.
Foto: Maya23K/iStock
So wie wir unsere Umgebung gestalten, werden wir von ihr geprägt. Unsere täglichen Gewohnheiten werden oft von unserer materiellen Umgebung bestimmt. Wenn wir bewusst über solche Orte nachdenken, können wir den Fluss des Lebens in die gewünschte Richtung lenken.
Wonach sich das Herz sehnt
Ein Blick auf die abendländische Literatur offenbart den Einfluss, den das „Zuhause“ auf unsere Vorstellungskraft ausübt. Die gesamte Bibel kann beispielsweise als eine lange Reise nach Hause gelesen werden – vom Gelobten Land bis zum Himmelreich. Homers Epen, die wie moosbedeckte Steine unter der gesamten Struktur des westlichen Denkens liegen, haben viel mit Heimat und der Reise nach Hause zu tun.
Der tragische Untergang Trojas ist insofern besonders rührend, als dass ein bedeutender Ort der Zuflucht, der Kultur, der Zivilisation und des Lebens verloren gegangen ist: eine Heimat.
Und ebenso handelt natürlich die gesamte „Odyssee“ des Odysseus von seiner Reise nach Hause und dem süßen Heimweh, während er an fernen Ufern steht und mit tränenüberströmtem Gesicht auf das Meer blickt. Er sehnt sich nach der Geborgenheit seiner Gemächer und der Umarmung seiner Frau. Seine Heimat bedeutete ihm sogar so viel, dass er die ihm angebotene Unsterblichkeit aufzugeben bereit war.
Könnte unser Zuhause in der heutigen Zeit jemals dieselbe Bedeutung für uns haben wie Odysseus’ Heimat für ihn? Würden wir es wagen, Monstern, Schiffbrüchen und Zaubereien zu trotzen, um die vertraute Haustür wiederzusehen?
Es lohnt sich mit dieser Frage zu beschäftigen – und natürlich muss sie sich jeder selbst beantworten. Ich jedoch behaupte, dass unsere Verbundenheit mit dem eigenen Heim das Merkmal einer gesunden Gesellschaft und die Grundlage für eine blühende Kultur ist.
Falls wir diese Verbundenheit noch nicht verspüren sollten, ist es vielleicht an der Zeit, dafür zu sorgen. Ein erster Schritt könnte darin bestehen, die eigenen vier Wände bewusst als Rückzugsort zu gestalten – als einen Ort, der Schönheit und Ruhe ausstrahlt und in dem zwischenmenschliche Beziehungen gedeihen.
Walker Larson ist freier Journalist mit dem Themenschwerpunkt Kultur. Er hat einen Master-Abschluss in englischer Literatur und Sprache und unterrichtete früher Literatur und Geschichte an einer privaten Akademie im US-Bundesstaat Wisconsin. Er ist Autor der beiden Romane „Hologram“ und „Song of Spheres“.