Nach Regierungswechsel nimmt Bulgarien Verhandlung mit Gazprom auf

Ende April hat Russland Bulgarien den Gashahn zugedreht. Nun will das Balkanland wieder mit Gazprom über die Lieferung reden. Es kommt zu Protesten.
Titelbild
Ein Mitarbeiter justiert ein Ventilrad an der Kompressorstation am 15. Juni 2022 in Ihtiman, Bulgarien. Symbolbild.Foto: Hristo Rusev/Getty Images
Von 7. September 2022

Bulgarien hat Gespräche mit dem russischen Energiekonzern Gazprom über Energielieferungen wieder aufgenommen. Die Verhandlungen mit Moskau seien „unvermeidbar“, sagte der geschäftsführende Energieminister, Rossen Hristov, am 22. August. Es gehe dabei um die vereinbarten Gaslieferungen für das laufende Jahr, die Gazprom vorzeitig gestoppt hatte.

Der Minister räumte allerdings auch ein, dass die Verhandlungen aufgrund der EU-Sanktionen äußerst kompliziert seien und verwies dabei auf die Zahlungsbedingungen innerhalb der europäischen Grenzen. Gazprom hatte Ende April seine Gaslieferungen nach Bulgarien eingestellt, da die frühere pro-westliche Regierung in Sofia Zahlungen in Rubel abgelehnt hatte. Mit dem Übergangskabinett, das nach dem Sturz der Regierung Ende Juni eingesetzt wird, befürchten Kritiker nun einen Kurswechsel in der Russlandpolitik.

Man stehe wieder in Kontakt mit Gazprom und wolle versuchen, „die Gespräche zu einem positiven Abschluss zu bringen und die Lieferungen zu für uns günstigen Bedingungen wieder aufzunehmen“, zitierte das Staatsfernsehen BNT den Energieminister. Gleichzeitig verwies Hristov darauf hin, dass parallel an einer Reihe Alternativen gearbeitet werde, um Gas zu einem optimalen Preis zu erhalten. Man könne sich nicht vollständig auf die Verhandlungen mit Gazprom verlassen.

Auch EU-Mitgliedsstaat Ungarn hat jüngst seine Vereinbarung mit Russland getroffen und zusätzliches Gas ausgehandelt.

Übergangsregierung verhandelt keine neuen Verträge mit Gazprom

Gegenüber der Europäischen Kommission betonte die Übergangsregierung Bulgariens, dass sie keine neuen Verträge mit Gazprom aushandeln würde. Eine solche Entscheidung sollte nicht von der geschäftsführenden Regierung getroffen werden, sagte der stellvertretende Ministerpräsident Hristo Alexiev in einer Videokonferenz, über die das bulgarische Nachrichtenportal Mediapool berichtet. „Nur ein reguläres Kabinett und ein reguläres Parlament können eine solche neue, künftige Verpflichtung eingehen“, betonte er. Bei den jüngst aufgenommenen Verhandlungen gehe es lediglich um die Umsetzung des bestehenden Vertrags. Ein langfristiger Liefervertrag mit Gazprom läuft offiziell Ende dieses Jahres aus.

Gazprom deckte mehr als 90 Prozent der bulgarischen Gasversorgung, die nun zum Teil durch das Flüssiggas aus den USA ersetzt werden sollte. Eine geringe Menge erhält das Balkanland zudem aus Aserbaidschan. Es hofft darauf, diese Lieferungen nach der Fertigstellung einer wichtigen Pipelineverbindung zum benachbarten Griechenland noch in diesem Jahr zu erhöhen.

Tausende protestieren in Bulgarien

Pro-westliche Bürgerrechtsgruppen und Parteien riefen unterdessen im Zentrum von Sofia zu Protesten auf. Ihr Vorwurf: Die Übergangsregierung wolle die Abhängigkeit Bulgariens von Russland wiederherstellen und mit der pro-westlichen Politik der Vorgänger-Regierung brechen. „Wir müssen uns mit allen EU-Sanktionen gegen Russland solidarisch zeigen“, forderten die Veranstalter. Man sei bereit „jeden Tag zu protestieren, wenn die Regierung das Maß verliert“, sagte ein Demonstrant. Tausende Teilnehmer schlossen sich dem friedlichen Marsch am 24. August an.

Die Unruhen trafen das Balkanland inmitten einer politischen Krise. Die seit Ende 2021 amtierende pro-europäische Koalition unter der Leitung von Ministerpräsident Kiril Petkow wurde durch ein Misstrauensvotum im Parlament am 22. Juni gestürzt. Angesichts einer schnell steigenden Inflation warf die Oppositionspartei GERB der Regierung vor, sie sei mit ihrer Finanz- und Wirtschaftspolitik gescheitert. Am 2. Oktober wird in Bulgarien zum vierten innerhalb von anderthalb Jahren eine neue Regierung gewählt.



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