Reparationsdarlehen & Anleihen
EU-Kommission legt Vorschläge zur Finanzierung der Ukraine vor
Die EU-Kommission schlägt vor, der Ukraine in den nächsten zwei Jahren Milliardenhilfen zu geben – teils durch neue EU-Anleihen, teils durch ein „Reparationsdarlehen“, das aus den Zinsen und Erträgen eingefrorener russischer Vermögenswerte finanziert und abgesichert werden soll.

Präsidentin der Europäischen Kommission Ursula von der Leyen am 3.12.25.
Foto: Nicolas Tucat/afp/Getty Images
Die EU-Kommission hat am Mittwoch zwei Lösungen zur Finanzierung der Ukraine für die nächsten beiden Jahre vorgestellt. Zum einen geht es um EU-Anleihen, die sich auf den EU-Haushalt stützen würden. Zum anderen um ein „Reparationsdarlehen“.
Finanzierung und Garantien
„Wir schlagen vor, ein Reparationsdarlehen zu schaffen, bei dem die Barguthaben aus immobilisierten russischen Vermögenswerten in der EU mit starken Garantien für unsere Mitgliedstaaten verwendet werden“, sagte die Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen (CDU).
„Wir erhöhen die Kosten für Russlands Angriffskrieg. Und dies sollte ein weiterer Anreiz für Russland sein, sich am Verhandlungstisch zu engagieren.“
Konkret hat die EU-Kommission einen Vorschlag für eine Verordnung zur Einrichtung eines „Reparationsdarlehens“ vorgelegt sowie einen Vorschlag, jede Übertragung immobilisierter Vermögenswerte der russischen Zentralbank nach Russland zu verbieten.
Darüber hinaus geht es darum, Garantien für das Reparationsdarlehen einzuführen, mit denen die EU-Mitgliedstaaten und Finanzinstitute vor möglichen Vergeltungsmaßnahmen geschützt werden sollen.
Außerdem soll der aktuelle mehrjährige Finanzrahmen der EU geändert werden, um die Verwendung des EU-Haushalts zur Untermauerung eines Darlehens an die Ukraine zu ermöglichen.
Merz für die Nutzung von russischer Vermögen
Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) hat erneut dafür geworben, die in Europa eingefrorenen Vermögenswerte der russischen Zentralbank für die Unterstützung der Ukraine zu verwenden.
Es liege in der Hand der Europäer damit „nicht nur die Ukraine zu stärken, sondern auch ein unmissverständliches Signal an Moskau zu senden, dass eine Fortsetzung dieses Angriffskrieges sinnlos ist“, schreibt Merz in einem Gastbeitrag für die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“.
Wenn es die EU mit der europäischen Souveränität ernst meine, „können wir die Entscheidung nicht anderen, außereuropäischen Staaten überlassen, was mit den Finanzmitteln eines Aggressors geschieht, die im Geltungsbereich unseres Rechtsstaates und in unserer eigenen Währung rechtmäßig eingefroren wurden“.
Die EU sende auf diese Weise „ein Signal der Eigenständigkeit Europas, ein Signal, dass wir Europäer entscheiden und gestalten, was auf unserem Kontinent geschieht“, schreibt der Kanzler weiter. Er erklärte, dass ein solcher Schritt „in völliger Übereinstimmung mit dem Völkerrecht und unseren internationalen Verpflichtungen“ stehe.
Nicht nur politische Zusagen – Rechtstexte
Zugleich äußerte Merz „jedes Verständnis“ dafür, dass „insbesondere die belgische Regierung, in deren Land sich ein Großteil der eingefrorenen Vermögenswerte befindet, nicht rein auf politische Zusagen vertrauen kann“.
Diese Bedenken müssten in den anstehenden Beratungen der konkreten Rechtstexte berücksichtigt werden. „Es wäre nicht hinnehmbar, wenn ein einziges Land hierbei übermäßig belastet wird.“
Von der Leyen will auch russisches Vermögen in Deutschland nutzen
Deutschland und mehrere andere Staaten sollen genauso wie Belgien festgesetzte russische Gelder für die Unterstützung der Ukraine bereitstellen. Das sieht nach Angaben von EU-Beamten der jetzt von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen vorgestellte Vorschlag für ein sogenanntes Reparationsdarlehen in Höhe von bis zu 210 Milliarden Euro vor.
Neben Deutschland sind demnach auch Frankreich, Schweden und Zypern mögliche Geber von russischem Staatsvermögen für das Vorhaben, wobei in Frankreich das meiste Geld liegen soll.
Das vom belgischen Finanzinstitut Euroclear verwaltete russische Zentralbankvermögen wird auf rund 185 Milliarden Euro beziffert.
Die belgische Regierung hatte eine Beteiligung anderer EU-Staaten in den vergangenen Monaten wiederholt gefordert, um das Risiko zu mindern, dass Belgien alleiniges Ziel von möglichen Vergeltungsmaßnahmen wird. Dabei wird unter anderem die Gefahr gesehen, dass Moskau europäische Privatpersonen und Unternehmen in Russland enteignet.
Deutsche Wirtschaft sieht große Risiken
Der Vorstandsvorsitzende der Deutsch-Russischen Auslandshandelskammer, Matthias Schepp, warnte zuletzt, dass deutsches Vermögen von über 100 Milliarden Euro in Gefahr sei.
„Deutschland hat wie kein anderes Land in Russland investiert. Es hat deshalb bei der geplanten Nutzbarmachung russischer Zentralbankgelder für Waffenkäufe zugunsten der Ukraine am meisten zu verlieren“, sagte er im Oktober der Deutschen Presse-Agentur.
Bundesregierung hält genaue Zahlen geheim
Wie viel russisches Zentralbankgeld in Deutschland liegt, hält die Bundesregierung bislang geheim. Kommuniziert wurde zuletzt nur, dass im Zusammenhang mit dem Krieg zwischen Russland und der Ukraine insgesamt Vermögenswerte in Höhe von rund 3,5 Milliarden Euro eingefroren oder immobilisiert wurden.
Dies umfasse eingefrorene Gelder und wirtschaftliche Ressourcen von gelisteten Personen bzw. Entitäten sowie „Auslandswerte der russischen Zentralbank, die einem Transaktionsverbot unterliegen“.
Von Diplomaten hieß es zuletzt, dass es bei dem Zentralbank-Vermögen vermutlich um eine eher kleinere dreistellige Millionensumme gehe. Die Bundesregierung hat sich bislang öffentlich nicht klar zu der Frage positioniert, ob sie bereit wäre, auch in Deutschland liegende Vermögen beizusteuern.
Showdown in zwei Wochen?
Über den am Mittwoch präsentierten Plan der EU-Kommission müssen nun Regierungen der Mitgliedstaaten beraten. Präsidentin von der Leyen hofft, dass die Staats- und Regierungschefs der EU-Staaten ihn in zwei Wochen bei ihrem Dezember-Gipfel billigen. In den nächsten beiden Jahren sollen zunächst rund 90 Milliarden Euro in die Ukraine fließen.
Als Alternative zu dem Konzept für die Verwendung der russischen Gelder legte von der Leyen zudem einen konkreten Vorschlag für die Aufnahme neuer EU-Schulden für die Ukraine vor.
Zahlreiche Länder wie Deutschland lehnen dies allerdings ab und setzen darauf, den bislang anhaltenden Widerstand Belgiens gegen die Nutzung der russischen Gelder zu brechen. Das EU-Land spielt eine zentrale Rolle bei dem Vorhaben, da ein Großteil der russischen Gelder dort derzeit von dem Unternehmen Euroclear verwaltet wird.
Russland soll für Wiederaufbau zahlen
Das Grundkonzept für die Nutzung russischer Gelder ist bereits seit mehreren Monaten bekannt und wird auch von Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) unterstützt.
Es sieht vor, dass Russland sein Geld nur dann zurückbekommt, wenn es nach einem Ende des Kriegs Reparationszahlungen leistet. Für den Fall, dass das eingefrorene russische Geld zum Beispiel infolge von internationalen Urteilen oder Deals unerwartet wieder freigegeben werden müsste, müssten die EU-Staaten lediglich Garantien leisten. (dts/dpa/red)
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