Gipfeltreffen: Klarheit in Košice – Einigkeit mit Ungarn

Das Herz der mittel- und osteuropäischen Zusammenarbeit schlägt in den Visegrád-Staaten. Und es schlägt trotz der Berichte über eine angebliche Verschlechterung der Beziehungen. Ein Überblick über die jüngsten Ergebnisse des Gipfeltreffens.
Titelbild
Gipfel der Visegrád-Staaten in Košice, 24. November 2022.Foto: Pressebüro des Ministerpräsidenten Viktor Orbán / Fischer Zoltán
Von 29. November 2022

An dieser Stelle wird ein Podcast von Podcaster angezeigt. Bitte akzeptieren Sie mit einem Klick auf den folgenden Button die Marketing-Cookies, um den Podcast anzuhören.

Sie sind sich doch einig: Beim Treffen der Regierungschefs der Visegrád-Länder betonten die Politiker aus Ungarn, der Slowakei, Tschechien und Polen, dass sie in den wichtigsten aktuellen politischen Themen übereinstimmen.

Im Vorfeld des Gipfels gab es zahlreiche Berichte über eine Verschlechterung der Zusammenarbeit, weil Ungarn die Ukraine nicht mit Waffen unterstützt. Insbesondere die Absage des Treffens der Parlamentspräsidenten vor ein paar Tagen wurde kritisiert.

In Košice betonten die Regierungschefs jedoch wiederholt, dass die Visegrád-Zusammenarbeit eine Zukunft hat. Das gilt auch für die grundlegenden Fragen des Krieges in der Ukraine und die Herausforderungen der Migration. Die jüngsten Diskussionen in Košice (Slowakei) beinhalteten auch Themen wie den Umgang mit der Energiekrise, Sanktionen und die Zurückhaltung der EU-Gelder.

Vereinigte Kräfte

Die Vertreter der vier Staaten fassten die Ergebnisse des Treffens auf einer gemeinsamen Pressekonferenz am 24. November zusammen. Hier ein Überblick.

Polens Ministerpräsident Mateusz Morawiecki bezeichnete das Treffen als sehr konstruktiv. „Obwohl das Hauptthema der letzten Tage die Meinungsverschiedenheiten zwischen den V4-Ländern waren, bestätigte das Gipfeltreffen, dass die Visegrád-Partner einander wirklich brauchen.“ V4 ist die Abkürzung für das Bündnis der vier Staaten.

Die Visegrad-Länder haben immer gewonnen, wenn sie zusammengehalten haben“, sagte Morawiecki.

Die Regierungschefs sind sich nach wie vor einig, dass der Krieg in der Ukraine so schnell wie möglich beendet werden muss, ohne die territoriale Integrität des Landes zu gefährden.

Ein Unterschied besteht laut Orbán darin, dass die Ungarn den Krieg in der Ukraine als einen Krieg zwischen zwei slawischen Völkern betrachten, aus dem sie sich heraushalten wollen – während die Polen ihn als ihren eigenen Krieg betrachteten.

Jeder entscheidet allein über seine Militärhilfe

Der ungarische Ministerpräsident wies auch darauf hin, dass die V4 aus vier souveränen Staaten besteht und dass jeder Staat selbst über seine Militärhilfe entscheidet, was in die Zuständigkeit eines souveränen Staates fällt. Er betonte, dass es in der V4 Einigkeit über die strategischen Ziele in Bezug auf die Ukraine und Russland gibt.

„Ungarn ist der Meinung, dass Russland keine Bedrohung für die Sicherheit Europas darstellen sollte und dass es wichtig ist, dass es zwischen den NATO-Mitgliedern und Russland immer eine souveräne Ukraine gibt, die ihre territoriale Integrität bewahren kann. Ungarn unterstützt die Ukraine finanziell, es hat bereits Geld dafür vorgesehen, aber es unterstützt nicht die Verschuldung der Europäische Union“, fuhr Orbán fort. Die Mitgliedschaft Finnlands und Schwedens in der NATO wird durch Budapest ebenfalls unterstützt.

Der tschechische Ministerpräsident Petr Fiala äußerte, dass sie auch alle gemeinsam erreichen wollen, dass die Energiepreise ihre Länder nicht beeinträchtigen, dass die Widerstandsfähigkeit der Energiesysteme gestärkt werden müsse. Er betonte:

Wir sind uns auch einig, dass wir uns aus der Abhängigkeit von russischer Energie befreien wollen.“

Zunehmender Migrationsdruck

Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán erklärte, Ungarn müsse mit zwei Migrationskrisen gleichzeitig umgehen:

In diesem Jahr sind mehr als eine Million ukrainische Flüchtlinge in Ungarn angekommen und in diesem Jahr wurden mehr als 250.000 illegale Grenzübertritte an den südlichen Grenzen des Landes gestoppt.“

Orbán bat seine Kollegen zu überlegen, ob sie einen Beitrag zur serbisch-österreichisch-ungarischen Zusammenarbeit beim Grenzschutz leisten könnten. Er erhielt eine positive Antwort. Deshalb wird er dem serbischen Präsidenten und dem österreichischen Bundeskanzler beim nächsten Dreiertreffen in Wien vorschlagen, die Angebote der Tschechischen Republik, der Slowakei und Polens anzunehmen.

Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán mit dem slowakischen Ministerpräsidenten Eduard Heger in Košice, 24. November 2022. Foto: Pressestelle des Ministerpräsidenten Viktor Orbán/Fischer Zoltán

Der polnische Premierminister Morawiecki forderte die Europäische Kommission auf, erste Schritte zur Bewältigung der durch den Krieg in der Ukraine verursachten Flüchtlingswelle zu unternehmen.

Die betroffenen Länder brauchen mehr Hilfe“, erklärte Morawiecki.

Wichtige Themen auf der Tagesordnung

Sowohl Ungarn als auch Polen wurden von der EU in Bezug auf die Rechtsstaatlichkeit kritisiert. Der polnische Premierminister wies darauf hin, dass es bei dem Treffen viel über die EU-Gelder zu sagen gab. Diese würden seiner Meinung nach in einigen Ländern ungerecht verteilt, obwohl die Verteilung fair sein sollte.

Wir glauben, dass die EU-Führung alle Mitgliedstaaten gleich behandeln sollte“, betonte Morawiecki.

Orbán fügte hinzu, dass Ungarn bereits alle 17 seiner Verpflichtungen im Rechtsstaatlichkeitsverfahren gegen das Land erfüllt habe – aber die EU habe bereits eine 18. Verpflichtung festgelegt, die Ungarn nun bis zum nächsten März erfüllen sollte.

V4-Gipfel in Košice, 24. November 2022. Foto: Pressebüro des Ministerpräsidenten Viktor Orbán / Fischer Zoltán

Der slowakische Premierminister Eduard Heger hat seine Amtskollegen um Hilfe bei der Bewältigung der drohenden Gesundheitskrise in seinem Land gebeten. Er bat um die Entsendung von Ärzten in die Slowakei, weil mehr als 2.000 Ärzte kürzlich ihre Kündigung eingereicht haben, nachdem die Regierung ihren Gehaltsforderungen nicht nachkommen konnte.

Alle vier Länder haben eine ähnliche Geschichte

Die 1991 begründete Zusammenarbeit beruht nicht auf rein wirtschaftlichen Interessen. Zweifelsohne spielt sie aber auch in diesem Bereich eine wichtige Rolle.

„Aber die V4 ist mehr als eine wirtschaftliche Gruppierung. Sie ist eine Wertegemeinschaft, die durch die christliche Kultur, die nationale Souveränität, den Respekt vor der Geschichte und der Tradition eng miteinander verbunden ist“, sagte die ungarische Justizministerin Judit Varga anlässlich des 30-jährigen Bestehens der Zusammenarbeit.

Alle vier Länder haben eine ähnliche Geschichte, insbesondere was die Unterdrückung durch den Kommunismus betrifft. Das ursprüngliche Ziel war, sich vom Erbe des Totalitarismus zu befreien. Es sollte auch eine Partnerschaft freier, moderner Länder aufgebaut werden, die wirklich lebendig und frei sind, um ihre Traditionen, nationalen Wurzeln und ihre Vielfalt zu genießen. Dem großen europäischen Bündnis beizutreten und dabei die Vielfalt der nationalen Charaktere zu bewahren. Dies spiegelt sich auch in der Gründungscharta von 1991 wider:

Im vereinten Europa, zu dem die drei Länder aktiv beitragen wollen, ist es möglich, die Kultur und den nationalen Charakter zu bewahren und gleichzeitig das universelle System der menschlichen Werte voll zu verwirklichen.“

„Die Visegrád-Staaten können das Herz und der Motor Europas sein“, bestätigt die ungarische Präsidentin Katalin Novák nach dem Gipfel der Staatschefs im Oktober.

Das Ungarische Zentrum für Grundrechte, „Alapjogokért“, weist darauf hin, dass „bis zum Ausbruch der Coronavirus-Epidemie diese mitteleuropäischen Länder die Wachstumsmotoren des Kontinents waren, mit einem fast doppelt so hohen Wirtschaftswachstum wie das der Westeuropäischen Union.“

Zsolt Németh, Vorsitzender des ungarischen Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten im Jahr 2021, betonte, dass das Bündnis als ein Wert angesehen werde, „der nicht auf dem Altar der parteipolitischen Kämpfe geopfert wird“.



Epoch TV
Epoch Vital
Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion