Journalisten gegen Afrikas Goldmafia: Hochrangige Politiker verwickelt

Sie gaben sich als Gangster aus und planten eine Mega-Investition im Land: Mutige Journalisten, versteckte Kameras und Berichte von ehemaligen Mafiamitgliedern enthüllen die „Gold Mafia“. Ihre Spuren reichen bis zu Staatschefs und internationalen Politikern.
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Es ist schwierig, die Herkunft von Gold zu bestimmen. Beim Guss entsteht praktisch neues Gold.Foto: iStock
Von 24. Juli 2023

Woher stammt Gold? Eine einfache Frage, kaum Antworten. Eine neue Dokumentarserie des arabischen Nachrichtensenders „Al Jazeera“ widmete sich dem Problem.

Drei Journalisten gaben sich darin als chinesische Gangster aus. Sie hätten vor, mehrere hundert Millionen Dollar Bargeld in Simbabwe zu „waschen“, indem sie eine Mega-Investition in dem Land planten. Auf Anraten eines hochrangigen Diplomaten boten die „Al Jazeera“-Ermittler dem Präsidenten von Simbabwe zudem ein Sondergeschäft an.

Sie gaben vor, ihr Schwarzgeld für den Bau eines riesigen Hotel- und Casinokomplexes in der Nähe der Victoriafälle zu verwenden. Laut dem Berater des Präsidenten war das „genau der Plan, der ‚Nummer 1‘ am glücklichsten machen würde“. „Al Jazeera“ bündelte sein Vorgehen in einer Sondereinheit, der „I-Unit“.

Kurz vorweggenommen: Die Journalisten waren erfolgreich. Ihr Plan funktionierte. Alle, von denen seit Jahren vermutet wurde, dass sie in die Schmugglergeschäfte verwickelt sein könnten, gaben sich zu erkennen. Fast sechs Stunden Filmmaterial sind auf YouTube derzeit zu sehen. Ergänzt werden die Aufnahmen durch persönliche Berichte von ehemaligen Mafiamitgliedern und Tausende Seiten von Dokumenten, Fotos, Korrespondenzen, Bankreferenzen und dergleichen.

Sie entdeckten „eine gut geölte, riesige Geldwaschmaschine, die Partner aus der ganzen Welt mit offenen Armen empfängt“. Nach der Dokumentation „Gold Mafia“ wurden vor allem in Afrika Ermittlungen gegen Beteiligte eingeleitet. Betroffene streiten bisher alle Anschuldigungen ab.

Simbabwe braucht Dollar

Der Ausgangspunkt ist Simbabwe. Die ehemalige britische Kronkolonie ist etwa so groß wie Deutschland und Belgien zusammen, bei einer Bevölkerungszahl von etwas mehr als 15 Millionen. Hyperinflation, Hunger, westliche Sanktionen wegen grober Menschenrechtsverletzungen, Cholera und AIDS gehören zum Alltag. Der Binnenstaat ist reich an Edelmetallen, welche die Regierung wegen der Sanktionen nicht offiziell in den Westen verkaufen kann. Schmuggel, Schwarzmarkt und Korruption blühen.

Das System, welches die Ermittler aufdeckten, war „ebenso einfach wie raffiniert“, erklärt „Al Jazeera“: Kriminelle weltweit, die über große Mengen Schwarzgeld verfügen, können dieses Geld „entweder direkt oder über Schmuggler an die simbabwische Regierung weiterleiten“.

Denn wegen der schlechten Wirtschaftslage nutze die Regierung alle Möglichkeiten, um an US-Dollar zu kommen. Im Gegenzug erhielten „Geldwäscher sauberes, legitimes Geld aus dem Verkauf von simbabwischem Gold. Das Geld wird einfach auf ihre Bankkonten überwiesen.“

Schmutziges Bargeld in Gold und dann in legitimes Geld umwandeln

Während ihrer Undercover-Operation nahmen die Journalisten Kontakt zu Vertretern mehrerer rivalisierender Gangs auf. Verschiedene parallele Schmugglerketten wurden aufgedeckt. Die Tätigkeit dieser Banden besteht darin, „schmutziges Bargeld in glänzendes Gold und dann in scheinbar legitimes Geld umzuwandeln“. Das Mafianetzwerk tut dies mithilfe verschiedener Scheinfirmen, falscher Identitäten und gefälschter Dokumente, so „Al Jazeera“.

„Von modernen Kirchenmännern bis zu Schmugglern der klassischen Sorte und von Diplomaten bis hin zur Nichte des simbabwischen Präsidenten sind involviert“, heißt es in einem Artikel, der die Banden analysiert.

Zu ihnen gehört unter anderem der in Kenia geborene Geschäftsmann und Kirchenmann Kamlesh Pattni. Pattni prahlte gegenüber den Undercover-Reportern mit engen Beziehungen zu afrikanischen Staatsführern. Er zeigte Fotos mit einer ganzen Reihe von Staatsoberhäuptern auf seinem Handy: vom ehemaligen libyschen Präsidenten Muammar Gaddafi bis zum früheren simbabwischen Präsidenten Robert Mugabe.

Als Schutz vor der Justiz berufen sich die Rivalen jedoch alle auf ihre Beziehung zum aktuellen Präsidenten Mnangagwa. So wie Kamlesh Pattni, der jetzt als Verbindungsmann in Dubai arbeiten soll, es ausdrückte: „Der König soll immer mit dir sein!“

Emmerson Dambudzo Mnangagwa (geboren 1942) ist seit dem 24. November 2017 Präsident von Simbabwe. Mnangagwas Spitzname lautet „Ngwena“, was in der Shona-Sprache „das Krokodil“ bedeutet. Dies war der Name einer von ihm gegründeten Guerillagruppe. Später wurde er auch wegen seiner politischen Gerissenheit so bezeichnet. In seiner Heimat, den Midlands, ist er als der „Gott-Vater“ bekannt.

Der Staatschef, der ein eher abenteuerliches Leben geführt und mehrere Jahre im Gefängnis verbracht hat, setzt sich derzeit für gute Beziehungen zum Westen ein. Am 3. März 2021 kritisierte US-Präsident Joe Biden Mnangagwa für die gewaltsame Unterdrückung der Bürger und das Ausbleiben demokratischer Reformen. Außerdem verlängerte Biden die US-Sanktionen gegen Simbabwe.

Gold aus der Umgebung von Simbabwe wird von Einheimischen mit den Händen gewaschen und dann an Händler verkauft. Das Bild zeigt ein ähnliches Goldwaschgebiet in Poura (Burkina Faso). Foto: iStock

Es ist „egal, wie Geld ins Land kommt“

Einer der bedeutendsten Akteure im Film ist ein in Simbabwe geborener Mann mit direkten politischen Verbindungen zu Präsident Emmerson Mnangagwa. Sein Name ist Uebert Angel. Angel ist ein äußerst einflussreicher Diplomat, der von Präsident Mnangagwa 2021 zum Sondergesandten und Sonderbotschafter in Europa und den USA ernannt wurde und häufig internationale Treffen besucht. Ein Teil des Filmmaterials wurde daher auch in Europa bei Tagungen der Vereinten Nationen aufgenommen.

Seine Aufgabe ist, wie er in der Undercover-Aufnahme sagt, Investitionen in Simbabwes kollabierende Wirtschaft zu bringen. Um dies zu erreichen, „ist es egal, wie das Geld ins Land kommt“. Er bestätigt im Film auch wiederholt, dass Mnangagwa von seinen Plänen weitgehend wusste: „Ich kann den Präsidenten jetzt anrufen und ihn auf den Lautsprecher stellen, keine Frage.“ Unverblümt sagt er: „Wir sind die Regierung.“

In Simbabwe ist Angel auch außerhalb der Politik weithin bekannt. Als selbsternannter Prophet hat er eine Anhängerschaft, die in die Tausende geht. Er ist eine der führenden Persönlichkeiten der „Kirche der Guten Nachricht“, die in 15 Ländern aktiv ist.

Teil des politischen Netzwerks dürfte auch die Nichte von Präsident Mnangagwa, Henrietta Rustaya, sein. Sie ist derzeit die Vorsitzende der Simbabwe Bergbauvereinigung. Im Film ist sie als aktive Beteiligte am Goldbusiness und als eine der wichtigsten Partnerinnen von Angel zu sehen.

Uebert Angel (geboren 1978) ist ein umstrittener britisch-simbabwischer Geschäftsmann, dem Betrug, Geldwäsche und Erpressung vorgeworfen werden, nachdem verdeckte Journalisten ihn dabei gefilmt hatten, wie er mithilfe seines Diplomatenpasses Gold und Bargeld schmuggeln wollte. Foto: Wikimedia Commons / Straightshoot101 / CC BY-SA 4.0

Ein- und Umschmelzen erfolgt oft über Dubai

Es ist praktisch unmöglich, sicher zu sein, dass auf dem offenen Markt gekauftes Gold ethisch und rechtlich sauber sowie frei von Geldwäsche und Kriminalität ist. Bedingt durch die Verarbeitung wird Gold immer wieder eingeschmolzen und raffiniert, was alle Spuren der Herkunft verwischt.

Es ist möglich, dass eine Armbanduhr mit Gold aus einem Konfliktgebiet hergestellt wurde oder dass ein Goldbarren mit geschmuggeltem Gold vermischt wurde“, so „Al Jazeera“.

„Das Gold, das in den Raffinerien ankommt, ist nach dem Raffinieren praktisch brandneues Gold“, bestätigte auch Amjad Rihan. Rihan arbeitete mehrere Jahre lang als Wirtschaftsprüfer für Goldraffinerien in Dubai für Ernst & Young.

Dubai wird im Film als ein absolutes Zentrum für das Ein- und Umschmelzen von afrikanischem Gold dargestellt. In der Regel werden alle Transaktionen über Scheinfirmen aus Dubai abgewickelt. Geschmuggeltes Gold fließt demnach täglich von Simbabwe nach Dubai.

Von Dubai aus gelangt das Gold über die drei größten Goldexporteure der Welt, die Schweiz, die Vereinigten Arabischen Emirate und das Vereinigte Königreich, zu den Menschen. An vierter Stelle folgen die Vereinigten Staaten. Keines dieser Länder gehört zu den größten Goldproduzenten der Welt; sie arbeiten mit Importware. Das Gold wird als Schweizer Gold, britisches oder ähnliches weiterverkauft.

Dieses Geschäftsmodell sei „das Herzstück des Mechanismus, den Schmuggler und Geldwäscher nutzen, um schmutziges Geld zu waschen und Gold aus dubiosen Quellen zu verkaufen“, so das Fazit der Ermittler.

Justiz greift Ermittlungsmaterial auf

Der vierte und letzte Teil der Dokumentationsreihe wurde Mitte April veröffentlicht. Seither hat die juristische Aufarbeitung an Fahrt aufgenommen.

Die Regierung von Simbabwe lehnte den Film anfangs mit der Begründung ab, es handele sich um eine Hetzkampagne im Vorfeld der Wahlen am 23. August. Später erklärte Monica Mutsvangwa, Simbabwes Informationsministerin, dass die Regierung die zuständigen Stellen angewiesen habe, Maßnahmen zu ergreifen. Im April bestätigte sie in einem Interview mit der Newsagentur „VOA Africa“, dass die Regierung die zuständigen Abteilungen angewiesen habe, gegen Goldschmuggler vorzugehen:

Jede Person, die in Korruption, Betrug oder irgendeine Form von Verbrechen verwickelt ist, wird die volle Härte des Gesetzes zu spüren bekommen.“

Sowohl in Simbabwe als auch im ebenfalls betroffenen Südafrika wurden Ermittlungen eingeleitet. Die Bankkonten mehrerer Personen, die im Film als Schmuggler auftreten, wurden eingefroren. Einer der Hauptakteure und Geldwäscher im Film, Ewan Macmillan, entschuldigte sich öffentlich, wobei er erklärte, er habe die Bemerkungen unter Alkoholeinfluss gemacht. Einige der in der Doku vorkommenden Personen drohten, den arabischen Sender zu verklagen.

Südafrikas Präsident Cyril Ramaphosa beantwortete Mitte Mai 2023 Fragen der Nationalversammlung zum Film. Ramaphosa erklärte dem Parlament, dass seine Regierung die Vorwürfe sehr ernst nimmt. Er nannte jedoch keine Einzelheiten, „weil dies die Ermittlungen gefährden könnte“.

Das Vereinigte Königreich und die Vereinigten Arabischen Emirate sperrten mittlerweile Emirates Gold DMCC, eine der größten Goldraffinerien in den Emiraten, da diese im Film als Partner von Schmugglern dargestellt wurde.

Anerkennung für die mutigen Journalisten

Die vierteilige Serie wurde zwischen dem 23. März und dem 14. April veröffentlicht. Bis heute wurde sie auf YouTube über zehn Millionen Mal angeschaut und hat mehr als 22.000 Kommentare erhalten. Der Film wurde von lokalen Kommentatoren und aus dem Ausland als „ein beeindruckend mutiges Werk“ bezeichnet.

Viele nennen ihn „schockierend“ und „die beste derartige Dokumentation, die je gemacht wurde“. Besonders hervorgehoben wurden die Journalisten mit versteckter Kamera, die „hochrangige Persönlichkeiten dazu bringen konnten, die Handlungen der Mafia in allen Einzelheiten zu enthüllen“.

Posts wie dieser und Tausende andere sagen: „Das ist absolut generationsübergreifende Berichterstattung von euch Jungs. Die Welt braucht mehr Menschen wie euch. Ihr seid auf der Suche nach der wahren Wahrheit.“ Es gibt sogar Vergleiche mit Behörden und Justiz: „Die Reporter haben besser ermittelt als die Behörden und die Strafverfolgung. Toller Journalismus!“

Besonders hervorgehoben wird, dass die Journalisten ihr eigenes Leben riskiert haben. „Ich kann mir gar nicht vorstellen, was Al Jazeera alles auf sich genommen hat, die Risiken, die sie eingegangen sind, und auch das Geld, das sie geopfert haben – alles für guten Journalismus, danke.“ Zudem fügten einige der Zuschauer hinzu, dass sie die Tradition des klassischen Journalismus wiederbelebt sehen.

Die Kommentatoren in mehreren südafrikanischen Ländern fordern nun „Al Jazeera“ auf, weiterhin die Korruption aufzudecken.

Hier geht es zum ersten Teil der Videoserie.

Simbabwe hat als Binnenstaat keinen eigenen Zugang zum Meer. Es grenzt an Südafrika, Botswana, Sambia (ehemals Nordrhodesien) und Mosambik. Foto: iStock



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