
„Wir werden private Ersparnisse in dringend benötigte Investitionen umwandeln“ – droht ein Zugriff auf Ihr Geld?
Ursula von der Leyens jüngster Post auf X sorgt für Aufregung: Wird die EU-Kommission private Ersparnisse in Investitionen umwandeln? Tatsächlich geht es um die geplante Spar- und Investitionsunion – doch Kritiker warnen vor Eingriffen in nationale Souveränität. Die Details sollen noch im März vorgestellt werden.

„Wir werden private Ersparnisse in dringend benötigte Investitionen umwandeln“, schrieb Ursula von der Leyen auf X. Möchte die EU an unser Erspartes ran?
Foto: Virginia Mayo/AP/dpa
Es ist ein Satz in einem Post auf der sozialen Plattform X von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen am 10. März, der in den vergangenen Tagen für viele Diskussionen sorgte.
Bürger am Kapitalmarkt beteiligen
„Meine Vision ist einfach: Ich möchte, dass die europäischen Sparer eine angemessene Rendite aus ihren Ersparnissen erzielen. Und ich möchte, dass europäische Unternehmen und Innovatoren Zugang zu den Finanzmitteln haben, die sie benötigen, um unsere Wirtschaft voranzubringen.“
Private Ersparnisse stärker für Investitionen nutzen
„Die Kapitalmarktunion ist eines der zentralen Projekte dieser Kommission, die sich die Förderung von Wachstum und Beschäftigung auf die Fahne geschrieben hat. Unternehmen soll EU-weit ein besserer Zugang zu unterschiedlichen Finanzierungsquellen geboten werden; Investoren und Sparer erhalten zusätzliche Möglichkeiten, ihr Geld gewinnbringend anzulegen.“
Zweite Amtszeit soll „Zeit der Investitionen“ sein
„Europa braucht mehr Investitionen. Von der Landwirtschaft bis zur Industrie. Von der Digitalisierung bis zu neuen strategischen Technologien. Aber auch mehr Investitionen in Menschen und ihre Qualifikationen.“
„Jedes Jahr fließen 300 Milliarden Euro der Ersparnisse europäischer Familien aus Europa ins Ausland, weil unser Kapitalmarkt zu zersplittert ist“, erklärte sie weiter. Dieses Geld werde dann häufig genutzt, um ausländische Investitionen in europäische Unternehmen zu ermöglichen – oft mit dem Ergebnis, dass innovative Firmen aus dem Ausland aufgekauft werden.
„Das muss sich ändern. Wir müssen diesen enormen Schatz nutzen, um hier in Europa Wachstum zu schaffen“, betonte von der Leyen. Deshalb werde die Europäische Union eine Europäische Spar- und Investitionsunion vorschlagen. Ziel sei es, dass europäische Start-ups nicht länger auf Finanzierungsmöglichkeiten in den USA oder Asien angewiesen sind, sondern in Europa das Kapital für ihre Expansion finden.
Dafür brauche es einen „starken und liquiden Kapitalmarkt“ sowie eine Wettbewerbspolitik, die Unternehmen beim Wachstum unterstützt. Europa müsse die Heimat von Chancen und Innovation sein, so von der Leyen damals in ihrer Erklärung vor dem EU-Parlament. Aus den 27 nationalen Kapitalmärkten soll also schrittweise ein europäischer Kapitalmarkt entstehen. Die Kapitalmarktunion wurde jetzt in „Spar- und Investitionsunion“ umbenannt.
Einheitliche Aufsicht gegen nationale Souveränität
Ein erster Entwurf der vorgesehenen Maßnahmen wurde bereits publiziert. Die Initiative soll die gesamte Europäische Union umfassen, was eine Übertragung nationaler Kompetenzen an die EU erforderlich machen würde. Konkrete Pläne für die Umsetzung der Maßnahmen sind noch in Vorbereitung.
Zwischen den Zeilen wird deutlich: Nationale Aufsichtsbehörden sollen Befugnisse an die EU abgeben. Der Entwurf formuliert es wie folgt:
„Die Schaffung einer einheitlichen Aufsicht über die Kapitalmärkte setzt ein neues Gleichgewicht zwischen der Aufsichtsverantwortung auf EU- und nationaler Ebene voraus.“
Die Ideen aus Brüssel werden allerdings auch schon seit einiger Zeit kritisch gesehen. Der damalige Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) hatte sich im Mai letzten Jahres im Finanzausschuss des Bundestages zu den Plänen geäußert. Das geht aus einer Kurzmeldung des Parlaments hervor. Lindner betonte demnach die Notwendigkeit einer Kapitalmarktunion, äußerte jedoch Vorbehalte gegenüber bestimmten Aspekten, insbesondere einer möglichen Zentralisierung der Aufsicht auf EU-Ebene. Er unterstrich die Bedeutung harmonisierter Regeln, lehnt jedoch eine vollständige Zentralisierung der Aufsicht ab, um nationale Souveränität zu bewahren.
Auch aus den Gremien der Europäischen Union regt sich Widerstand gegen die Pläne der Europäischen Kommission zur Spar- und Investitionsunion. Ein wichtiger Punkt in der Kapitalmarktunion war die Verbriefung, also die Bündelung und Weitergabe von Krediten oder anderen Vermögenswerten, um mehr Kapital für Investitionen freizusetzen. In der geplanten Spar- und Investitionsunion wird dieses Thema jedoch bisher nicht erwähnt. Stattdessen liegt der Schwerpunkt auf Eigenkapital, also Investitionen in Unternehmen, vorwiegend für Innovationen.
Die Kritik aus dem Europäischen Parlament bezieht sich daher insbesondere auf die fehlende Berücksichtigung von Verbriefungen als Finanzierungsinstrument. In den Änderungsanträgen des Ausschusses für Wirtschaft und Währung des Europäischen Parlaments wird betont, dass ein überarbeiteter Verbriefungsrahmen die Attraktivität des europäischen Marktes sowohl für Originatoren als auch für Anleger erhöhen könnte. Originatoren sind Unternehmen oder Finanzinstitute, die Kredite oder andere finanzielle Vermögenswerte vergeben und diese dann in Verbriefungen bündeln.
Weiterer Schritt: Nationalstaaten aushöhlen?
Der österreichische Europaabgeordnete Roman Haider (FPÖ) erteilte nach dem Post von der Leyens auf X in einer Pressemitteilung den Brüsseler Plänen eine Absage. „EU-Bürger dazu motivieren beziehungsweise missbrauchen zu wollen, ihre Ersparnisse unter anderem in das fanatische Waffengeklirre der EU zu investieren, das allein ist schon hinterfragenswert“, so Haider. Die Spar- und Investitionsunion sei ein „weiterer Schritt, die Souveränität der Nationalstaaten im Dienste eines zentralistischen Elitenprojekts immer mehr auszuhöhlen“, so der Europapolitiker.
Zuvor hatte das Portal „Table Media“ (hinter einer Bezahlschranke) ein geleaktes Kommunikationspapier der Europäischen Union zur Spar- und Investitionsunion veröffentlicht. Die Echtheit dieses Papiers konnte von unserer Redaktion nicht überprüft werden. Aus dem Papier geht nicht hervor, dass die Europäische Kommission einen Zwangszugriff auf das Ersparte der Bürgerinnen und Bürger plant. FPÖ-Europapolitiker Haider empfiehlt allerdings, „extrem wachsam“ zu sein. „Deshalb fordere ich eine Garantieerklärung der EU-Kommission und der österreichischen Bundesregierung, wonach die privaten Sparguthaben nicht angetastet werden dürfen!“, so Haider weiter.
Vieles ist im Moment beim Thema Spar- und Investitionsunion noch Spekulation. In einer Presseerklärung vom 10. März 2025 kündigte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen an, dass die Europäische Kommission noch im März 2025 das Projekt vorstellen werde.
Aktuelle Artikel des Autors
22. April 2025
Angeschlagener Dollar – kommt die Ära des Euros?
Kommentare
Noch keine Kommentare – schreiben Sie den ersten Kommentar zu diesem Artikel.
0
Kommentare
Noch keine Kommentare – schreiben Sie den ersten Kommentar zu diesem Artikel.