Die stinkende Fracht als Importschlager: EU droht Deutschland mit 857.000 Euro Strafe täglich

Kann Deutschland eine EU-Klage abwenden? Wegen stark überhöhter Nitratwerte steht Deutschland in Kritik der EU. Grund hierfür ist die ausgebrachte Gülle, die sogar nach Deutschland importiert wird.
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Deutschland steckt bis zum Hals in der Gülle. Erhöhte Nitratwerte im Grundwasser sind die Folge.Foto: iStock
Von 1. September 2019

Die Nitratwerte sind zu hoch im deutschen Grundwasser, und zwar nicht unerheblich. Erlaubt sind nach einer EU-Richtlinie höchstens 50 Milligramm Nitrat oder Stickstoff pro Liter Grundwasser.

Laut „Tagesspiegel“ wird dieser Wert jedoch in 28 Prozent der Grundwasserspeicher überschritten – teilweise um das Sechsfache. Bis zu 300 Milligramm tummeln sich Düngerückstande im Grundwasser. Grund hierfür ist der überdüngte Boden. Die EU hatte der Bundesregierung Zeit gegeben, um Schritte zur Senkung der Nitratbelastung zu ergreifen.

Am vergangenen Mittwoch waren Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) und Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) nun in Brüssel, um eine Klage der EU gegen Deutschland wegen Verstoßes gegen die europäische Nitratrichtlinie abzuwenden. Diese Klage könnte empfindliche Strafgelder nach sich ziehen – bis zu 857.000 Euro, und zwar täglich.

Die Ministerinnen wollten bei dem Treffen die EU-Kommission von ihren Vorschlägen zu strikteren Düngevorgaben überzeugen. So sollen beispielsweise in gefährdeten Gebieten Sperrzeiten zum Ausbringen von Dünger geben.

Unsere Nachbarländer Niederlande und Dänemark sind uns insoweit einen Schritt voraus. Sie haben gezeigt, wie man die Grenzwerte einhalten kann, beispielsweise mit der Gülle-Exportidee der Niederlande.

Gülle – ein Exportschlager

Wie Greenpeace bereits im Jahr 2017 mitteilte, steckten die Niederlande „bis zum Hals in der Schei…“. Dort standen die Landwirte vor demselben Problem wie Deutschland. Die Viehhaltung sei dort in den vergangenen Jahren massiv angestiegen.

Grundsätzlich ist der Dünger eine gute Sache, nur wie überall gilt auch hier das Sprichwort: Zuviel tut selten gut. Was also tun mit all der Gülle?

Über 2,2 Millionen Tonnen Gülle wurden laut Greenpeace im Jahr 2016 nach Deutschland exportiert. In grenznahe Gebiete wird per Tanklastwagen geliefert, weitere Zonen werden per Schiff beliefert. So reisen große Teil der „stinkenden Fracht“ den Rhein entlang.

Umgerechnet kommen so 900 Schiffsladungen oder 66.000 LKW-Ladungen pro Jahr aus den Niederlande nach Deutschland. Denn obwohl Deutschland bereits die Gülle mit 208 Millionen Tonnen (Jahr 2015) bis zum Hals steht und reichlich vorhanden ist, gilt unser Land als der größte Abnehmer für den niederländischen Dung.

Kein Wunder also, dass das Grundwasser vielerorts belastet ist und Stickstoff (Nitrat) und Phosphat ins Grundwasser gelangen und die Wasserqualität in Seen und Flüssen beeinträchtigen.

Beispiel Euskirchen

Laut „WDR“ hat die Zahl der Gülle-Transporte in den Kreis Euskirchen hat stark zugenommen. Das gehe aus einer Antwort der Landesregierung auf eine Anfrage der Grünen hervor.

Im vergangen Jahr wurde das 14-Fache an Gülle aus den Niederlanden importiert, verglichen mit dem Jahr 2017.  Aufgrund der grenznahen Lage und der guten Erreichbarkeit, ist der Kreis Euskirchen daher als Abnehmer gut geeignet.

Zudem gibt es dort laut Landwirtschaftskammer NRW sehr wenig Viehbestand. Doch die Landwirtschaftskammer teilt laut „WDR“ mit:

Die hohen Werte für den Gülleimport im Jahr 2018 in den Kreis Euskirchen ergeben sich aus besonderen Umständen, die nichts mit der tatsächlichen Ausbringung von Gülle im Kreis zu tun haben.“

Vielmehr liegt der Gülleüberfluss darin begründet, dass ein Güllemakler am Niederrhein den Import von Gülle eingestellt habe. Ein Unternehmen mit Sitz im Kreis Euskirchen habe das Geschäft übernommen und verteilt die stinkende Fracht weiter nach NRW und Rheinland-Pfalz.

Tatsächlich würde im Kreis Euskirchen weniger Gülle auf die Felder gebracht als in den Vorjahren, so „WDR“.

Aufbereitung als Trinkwasser

Das stark belastete Grundwasser wird teuer aufgearbeitet, um die Trinkwasservorgaben einzuhalten. Laut Greenpeace warnt der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) davor, die Wasserpreise um bis zu 62 Prozent zu erhöhen.

Laut Greenpeace gibt es nur einen Ausweg: Die Tierzahlen zu reduzieren, so dass Bauern die anfallende Gülle direkt bei sich ausbringen können. Dazu müssten jedoch Fleisch und Milch angemessen entlohnt werden.

Weltec gegen Gülle

Einen anderen Lösungsansatz bietet beispielsweise der Biogasanlagehersteller Weltec Biopower. Laut „IWR“ hat das Unternehmen eine technische Lösung entwickelt, um die Gülle effektiv zu reduzieren. Mit Hilfe des Kumac Aufbereitungssystems könne das Gülle- und Gärrestvolumen um mindestens die Hälfte reduziert werden.

In einem vollautomatischen Prozess werden laut „IWR“ etwa 55 Prozent vorfluterfähiges Klarwasser, 20 Prozent Düngerkonzentrat und 25 Prozent hochwertiger Feststoff gewonnen.

Hierdurch verringern sich Lagerungs- und Ausbringungskosten der Landwirte. Zudem bildet der Feststoff Humus und fördert so die Wasserspeicherung im Boden.

Auch die Gefahr der Nährstoffauswaschung – wie es beim Ausbringen der Gülle der Fall ist – sinkt. Die Nährstoffe können viel besser von den Pflanzen aufgenommen werden. Und auch die Nase kann sich freuen. Denn der Geruch der Gülle wird im Laufe des Aufbereitungsprozesses entschärft.



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