Inflation bringt viele Menschen in existenzielle Not

Die Inflation verharrt auf hohem Niveau. Bei Lebensmitteln gehen die Preise weiter durch die Decke. Viele Menschen müssen ihre Ersparnisse angreifen, um die Lebenshaltung bezahlen zu können. Hält die nach vorne schnellende Teuerung weiter an, könnte sich eine enorme soziale Sprengkraft entwickeln.
Einkaufswagen mit Lebensmitteln.
Die Preise für Lebensmittel sind enorm gestiegen. Das ist für Menschen inzwischen schon eine existenzielle Bedrohung.Foto: Fabian Sommer/dpa
Von 7. März 2023

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Am vergangenen Donnerstag präsentierte das Statistische Bundesamt in Wiesbaden die vorläufige Berechnung der Inflationsrate in Deutschland für den Februar. Demnach verharrte die Teuerung auch im letzten Monat mit 8,7 Prozent weiter auf hohem Niveau. Experten hatten ursprünglich mit einer Inflation von 8,5 Prozent für den Februar gerechnet.

Wie das Bundesamt mitteilte, stiegen vor allem die Preise für Nahrungsmittel und Energieprodukte überdurchschnittlich hoch. Energie kostete im Februar 19,1 Prozent mehr als im Vorjahr. Die Preise für Lebensmittel stiegen sogar um 21,8 Prozent.

Ein Symbol für die Verteuerung der Lebensmittelpreise ist die Gurke. In verschiedenen sozialen Netzwerken teilen die Menschen das grüne Gemüse und zeigen sich fassungslos über den Preisanstieg der letzten Wochen. Während die Preise im Moment bei Discounter zwischen 1,89 Euro und 2,79 liegen, muss man in Biomärkten mit bis 3,59 Euro noch tiefer in die Tasche greifen. Kein Wunder, dass viele Menschen im Moment beim Einkauf einen großen Bogen um den Gurkenkorb machen.

Immer mehr Menschen können kaum ihren Lebensunterhalt sichern

Dass die Lebenshaltungskosten in den letzten Monaten so stark gestiegen sind, hat schon jetzt massive Auswirkungen. Die Postbank hat vor Kurzem eine repräsentative Umfrage unter 2.100 Deutschen über 18 Jahre durchgeführt, wie sich die Inflation auf ihre Finanzen auswirke. Darüber berichtet die „Welt“. Demnach gaben nur 3,6 Prozent der Befragten an, dass sie im Moment nichts von der Teuerung in ihrem Geldbeutel spüren. 58,1 Prozent gäben aber deutlich mehr aus und immerhin 16,1 Prozent der Befragten sagten offen, dass sie aufgrund der gestiegenen Preise kaum noch ihre Lebenshaltungskosten stemmen könnten.

Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: Jeder Sechste der Befragten befindet sich nach diesen Erhebungen in einer existenziellen Not. Das betrifft 54 Prozent mehr Menschen als noch vor einem Jahr.

Vor allem Haushalte mit geringem Einkommen haben mit der Teuerung zu kämpfen. Von denen, die unter 2.500 Euro pro Monat zur Verfügung haben, sieht sich nach der Postbank-Umfrage jeder Vierte mit Existenzängsten konfrontiert.

Das Problem sei laut der Postbank, dass rund einem Drittel der Menschen in diesem Einkommensbereich keine Rücklagen zur Verfügung stünden. Knapp 34,8 Prozent müssen zumindest einen Teil ihrer Ersparnisse dafür verwenden, die täglichen Ausgaben zu bezahlen. Deshalb glauben auch nur 11,6 Prozent der Befragten, dass sich ihr Lebensmittelstandard verbessern wird. Über die Hälfte ist davon überzeugt, dass der Standard sich zukünftig eher verschlechtern wird.

Reallöhne weiter gesunken

Anfang März berichtete das Statistische Bundesamt über die Entwicklung der Reallöhne, die die Befürchtungen der Befragten nicht von der Hand weisen kann. Demnach seien die Reallöhne in Deutschland im vergangenen Jahr nun schon zum dritten Mal gesunken. Der Grund für diese Entwicklung ist laut dem Bundesamt der durchschnittliche Anstieg der Verbraucherpreise um 6,9 Prozent in 2022. Die Bruttolöhne hingegen seien nur durchschnittlich um 3,5 Prozent angestiegen. Das sei „der stärkste Reallohnverlust für die Beschäftigten, der seit Beginn der Zeitreihe 2008 in Deutschland gemessen wurde“, teilen die Statistiker weiter mit.

Inflation inzwischen in der Breite angekommen

Wie lange wird es die Verbraucherpreissprünge nach oben noch geben? Laut der FAZ könnte die Inflationsrate schon bei den Schätzungen im März zurückgehen. Trotzdem bestünde wenig Anlass zur Freude. Auf die Preise wird das voraussichtlich keine Auswirkungen haben: Sie sinken nicht, sondern steigen einfach nur langsamer. Die Inflation sei inzwischen in der Breite der Wirtschaft angekommen.

Vor einem Jahr stiegen nach Beginn des Ukraine-Kriegs die Preise für Energie. An den Tankstellen konnte man den Preisanstieg für Benzin und Diesel, aber auch für Gas sehen. Es gab auch Preise für knappe Lebensmittel, die ebenfalls nach oben gingen. Darunter fiel damals beispielsweise das Sonnenblumenöl.

Inzwischen sind Strom und Gas von ihren Höchstpreisen im vergangenen Jahr wieder heruntergekommen. Schneller als damals die Energiepreise steigen nun aber die Lebensmittelpreise. Aber auch andere Güter haben einen Satz nach oben gemacht. Möbel sind beispielsweise im Januar um zehn Prozent gestiegen. Für Autoreparaturen muss man jetzt acht Prozent tiefer in die Tasche greifen. Hotels und Restaurants haben schon einige Zeit ihre Preise nach oben korrigiert. Blumen, Schreibwaren, der Friseur: alles teurer. Es sind aber nicht allein die Strompreise, die zur Verteuerung der Waren und Dienstleistungen beigetragen haben.

Lohn-Preis-Spirale wird im Moment munter befeuert

In den letzten Jahren sind die Löhne in einigen Branchen stark gestiegen. Diese haben zwar nicht die Inflation ausgeglichen, dafür aber die Lohn-Preis-Spirale angefeuert. Lohnerhöhungen des vergangenen Jahres haben die Preise in diesem Jahr weiter nach oben getrieben. Im Monatsbericht aus dem Februar warnt die Bundesbank daher auch davor, dass die Inflation sich als hartnäckiger erweisen könnte, wenn die Lohnforderungen weiter so hoch blieben. Gehör finden die Bundesbanker aber im Moment scheinbar nicht, wie der Streik der Angestellten im öffentlichen Dienst für höhere Tariflöhne gerade zeigt.

Wie Sylvain Broyer, Europa-Chefvolkswirt bei der Ratingagentur Standard & Poor’s, gegenüber der FAZ prognostizierte, rechne sie damit, dass die Löhne weiter steigen werden. Dadurch würden die Kosten für Produkte und Dienstleistungen um mehr als zwei Prozent im Jahr steigen, also mehr als die Zielgröße für Preissteigerungen, die von der Europäischen Zentralbank (EZB) angestrebt wird.

Dass die Inflation inzwischen enorme Sprengkraft für den gesellschaftlichen Zusammenhalt hat, davon ist auch der Chefanlagestratege der Postbank, Ulrich Stephan, überzeugt. Laut „Welt“ sagte er: „Steigt die Inflation auf Höhen wie im vergangenen Jahr, wird sie tatsächlich zu einem gesellschaftlichen und sozialen Thema, weil die Menschen echte Kaufkraftverluste hinnehmen müssen.“ Dann könnte die Inflation zu „Verteilungsdiskussionen und im schlimmsten Fall zu gesellschaftlichen Spannungen“ führen.



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