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Interessenskonflikt für Ministerin?

ZIM-Förderung für GovRadar: Vorwürfe gegen Reiche und Guttenberg sorgen für Diskussionen

Das Bundeswirtschaftsministerium fördert seit Jahren innovative Mittelstandsprojekte. Nun rückt eine ZIM-Bewilligung für das Startup GovRadar in den Mittelpunkt politischer Debatten – vor allem wegen der persönlichen Verbindung zwischen Ministerin Katherina Reiche und ihrem Lebensgefährten Karl-Theodor zu Guttenberg. Die Vorgänge sind komplexer, als es der erste Eindruck vermuten lässt.

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Karl-Theodor zu Guttenberg und Katherina Reiche sind privat ein Paar. Dies weckt Argwohn rund um die ZIM-Millionenförderung von GovRadar durch das BMWE.

Foto: Sebastian Gollnow/Kay Nietfeld/dpa

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Lesedauer: 5 Min.


In Kürze:

  • Fördermittel für GovRadar lösen öffentliche Irritationen aus
  • Grund ist die private Verbindung zwischen Reiche und Guttenberg
  • Ministerium betont formale Prüfpraxis durch externe Projektträger
  • GovRadar verweist auf geringe Beteiligung Guttenbergs und fehlende Einflussnahme

 
Bereits seit den späteren 2000er-Jahren betreibt das Bundeswirtschaftsministerium (BMWE) das Zentrale Innovationsprogramm Mittelstand (ZIM), das aus den früheren „PRO INNO“-Projekten hervorgegangen war. Das Programm soll die Innovationskraft und Wettbewerbsfähigkeit von kleinen und mittleren Unternehmen (KMUs) sowie Handwerkern und freien Berufen stärken. Nun ist das Programm allerdings in den Fokus von Vorwürfen möglicher Interessenkonflikte geraten. Konkret geht es um Fördermittel für die GovRadar GmbH, Ministerin Katherina Reiche und ihren Lebensgefährten Karl-Theodor zu Guttenberg.

GovRadar seit 2020 auf dem Markt – und schon von Ampel gefördert

Wie der „Spiegel“ berichtet, hat das von CDU-Politikerin Reiche geführte BMWE im Rahmen des ZIM der GovRadar GmbH Fördermittel in sechsstelliger Gesamthöhe bewilligt. Ab Januar 2026 sollen demnach 287.236 Euro an das Unternehmen fließen. Diese wurden dem Bericht zufolge am 8. September 2025 genehmigt.
Im laufenden Jahr waren bereits 40.063 Euro an GovRadar geflossen. Im Vorjahr – als die Ampelkoalition noch am Ruder war, erhielt das 2020 gegründete Startup aus München 110.858 Euro. Der Vergabe sei ein Termin „auf Arbeitsebene“ im Sommer des Jahres vorausgegangen. Dieser sei auf Initiative des zentralen Vergabereferats zustande gekommen.
Das Unternehmen GovRadar versteht sich als Dienstleister für öffentliche Auftraggeber. Die KI-gestützten Lösungen, die das Tech-Startup entwickelt, sollen den Aufwand bei der Erstellung von Unterlagen für Ausschreibungen um bis zu 90 Prozent reduzieren. Kunden sind beispielsweise das Bundesinnenministerium und Kommunen. Künftig erhofft sich GovRadar noch mehr Aufträge infolge steigender öffentlicher Ausgaben für Infrastruktur und Bundeswehr.

Kunden kommen aus öffentlichem Sektor und Privatwirtschaft

Typische Anwendungsbereiche von GovRadar-Software sind beispielsweise Auftragsvergaben für die Beschaffung von Laptops für Schulen, Geräte für Feuerwehren oder kommunale Ladesäulen. Zu den mehr als 600 Kunden, die GovRadar bislang eigenen Angaben zufolge für sich begeistern konnte, zählen auch private Auftraggeber oder Rundfunkanstalten.
Was nun Irritationen hervorruft, ist, dass mit dem früheren Bundesverteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg der Lebensgefährte von Ministerin Reiche zu den Gesellschaftern von GovRadar gehört. Guttenberg gilt als einflussreicher Lobbyist, der unter anderem dem später zusammengebrochenen Zahlungsdienst Wirecard den Eintritt auf den chinesischen Markt erleichtert haben soll.
Zudem soll er 2021 „verdeckten Lobbyismus“ für das Unternehmen betrieben haben, indem er in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ (FAZ) ein für dieses profitables Leerverkaufsverbot gefordert habe. Auch seine Lebensgefährtin Katherina Reiche wird von Vereinigungen wie „Lobbycontrol“ beargwöhnt – vor allem aufgrund ihres schnellen Wechsels aus der Politik in die Energiewirtschaft und wieder zurück. Der Umstand, dass ihr Ministerium das Unternehmen des Lebensgefährten nun mit sechsstelligen Fördermitteln stützt, scheint die Bedenken zu bestätigen.

Guttenberg: „Trete nicht als Lobbyist auf“

Tatsächlich ist der Sachverhalt komplexer. Das Ministerium räumte ein, dass das zentrale Vergabereferat von sich aus den Kontakt zu GovRadar aufgenommen habe. Ministerin Reiche selbst sei üblicherweise nicht in die Bearbeitung von Förderanträgen eingebunden – und auch im vorliegenden Fall nicht beteiligt gewesen.
Zudem ist nicht das Ministerium selbst für die Verwaltung der ZIM-Förderung zuständig. Die damit verbundenen formellen, technischen und wirtschaftlichen Prüfungen übernehmen externe Projektträger – etwa EURONORM oder die AiF Projekt GmbH, eine Tochter der Arbeitsgemeinschaft industrieller Forschungsvereinigungen.
Guttenberg erklärte, er trete grundsätzlich nicht als „Lobbyist“ auf und habe auch keine politischen Entscheidungsträger im Namen des Unternehmens kontaktiert. Er würde kein Unternehmen, an dem er beteiligt sei, mit Mitgliedern der Bundesregierung „befassen“ – erst recht nicht seine Lebensgefährtin.

Beteiligung von Guttenberg an GovRadar bei einem Prozent

Der Chef von GovRadar, Sascha Soyk, ein früherer Palantir-Mitarbeiter, bestätigte dem „Spiegel“ gegenüber die Angaben Guttenbergs. Dieser sei weder in Förderanträge noch in Kontakte mit den Ministerien eingebunden gewesen.
Tatsächlich hält Karl-Theodor zu Guttenberg einen Gesellschafteranteil von lediglich einem Prozent an GovRadar. Es handelt sich um ein „Seed-Investment“ in Höhe von rund einer Million Euro. Neben Guttenberg gehören unter anderem der frühere Linde-Aufsichtsratschef Wolfgang Reitzle sowie der Roland-Berger-Chef Burkhard Schwenker zu den Investoren des Start-ups. Die Förderung durch das BMWi hat sich zudem nur in ihrer Höhe verändert – grundsätzlich wurde GovRadar auch unter der Ampel-Regierung eine entsprechende Unterstützung zugesagt.
Reinhard Werner schreibt für Epoch Times zu Wirtschaft, gesellschaftlichen Dynamiken und geopolitischen Fragen. Schwerpunkte liegen dabei auf internationalen Beziehungen, Migration und den ökonomischen Folgen politischer Entscheidungen.

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