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Deutsche Gasversorgung

Uniper will bis 2027 drittgrößten Gasspeicher stilllegen - Sorge um Versorgungssicherheit

Zu Beginn der Heizsaison zeigt sich ein neues Problem auf dem Energiemarkt: Das Geschäft mit den deutschen Gasspeichern ist gefährdet. Der Staatskonzern Uniper plant, den drittgrößten Speicher des Landes stillzulegen – weil sich das Einlagern von Gas nicht mehr rechnet. Die Gründe dafür reichen tief in die Struktur der Energiepolitik.

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Ein Uniper-Mitarbeiter prüft die Anlagen des Erdgasspeichers in Bierwang, Bayern. Symbolbild.

Foto: Lennart Preiss/AFP via Getty Images

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Lesedauer: 6 Min.


In Kürze:

  • Uniper beantragt die Stilllegung des Gasspeichers Breitbrunn am Chiemsee für übernächstes Jahr.
  • Betreiber klagen über fehlende Wirtschaftlichkeit und hohe Betriebskosten.
  • Früherer Preisvorteil zwischen Sommer und Winter ist durch den Wegfall russischer Lieferungen verschwunden.
  • Die Speicher sind nur zu 76 Prozent gefüllt. Bei einem strengen Winter könnte es eng werden.

 
Die jüngste Mitteilung des 2022 unter dem Eindruck des Ukrainekrieges verstaatlichten Energiekonzerns Uniper, den Gasspeicher Breitbrunn am Chiemsee stilllegen zu wollen, wirft neue Fragen um die Versorgungssicherheit auf. Zwar betont der Konzern auf seiner Website in einer kürzlichen Stellungnahme die Wichtigkeit voller Gasspeicher für die Energiemärkte und die gesamtwirtschaftliche Entwicklung im Allgemeinen. Gleichzeitig wurde jedoch bekannt, dass Uniper den drittgrößten deutschen Speicher im übernächsten Jahr stillzulegen plant.

Wirtschaftliche Gründe ausschlaggebend

Der führende deutsche Gasversorger macht betriebswirtschaftliche Gründe dafür geltend. Die „Welt“ zitiert die Geschäftsführung des Konzerns mit der Aussage:
„Die Erlöse reichen nicht aus, um die laufenden Kosten für Speicherentgelte, Betrieb und Netze zu decken.“
Deutschland produziert kaum Erdgas selbst – unter anderem wegen des nach wie vor nicht infrage stehenden Frackingverbots. Bis Anfang 2022 war Russland der wichtigste Partner, der nun wegfällt. Seither bemüht sich die Regierung in Berlin, die Versorgung unter anderem durch Lieferungen von Flüssiggas aus den USA oder den Golfstaaten sicherzustellen. Pipelinegas spielt eine immer geringere Rolle.

Weltmarkt für LNG bietet deutlich weniger Planungssicherheit als Pipelines

Um die Wärmeversorgung sicherzustellen, sind die Speicher lebensnotwendig. Bis zu 60 Prozent der Heizenergie in Deutschland wird in normalen oder milden Wintern diesen Gasspeichern entnommen. Als die stetige und leicht steuerbare Versorgung durch Pipelinegas noch im Vordergrund gestanden hatte, war deren wirtschaftlicher Betrieb auch unproblematisch.
Als sich die Betreiber noch darauf verlassen konnten, dass russisches Pipelinegas jederzeit verfügbar war, waren die Preise im Sommer niedrig. Man kaufte das Gas auf, lagerte es ein und verkaufte es im Winter zu höheren Preisen an die Energieversorger. Der „Sommer-Winter-Spread“, der Gewinn aus diesem System, finanzierte den Betrieb der Speicher.
Durch den Wegfall der Energiepartnerschaft mit Russland geht diese Rechnung nicht mehr auf. Die Preisentwicklung beim LNG ist deutlich weniger berechenbar. Es muss weltweit eingekauft werden – und Akteure wie China bieten mit. Die günstige Möglichkeit zur Beschaffung von Gas im Sommer ist nicht mehr gewährleistet.

Gasspeicher nur noch im Umfang des gesetzlichen Solls gefüllt

Damit lohnt sich aber das Geschäft mit dem Einlagern von Gas nicht mehr. Der frühere saisonale Preisvorteil fällt weg, die Einlagerung kann mehr kosten, als die Betreiber der Speicher im Winter mit dem Verkauf verdienen können. Schon jetzt macht sich dieser Umstand bemerkbar in den knappen Füllmengen in den Kavernen, die zur Lagerung in unterirdischen Salzstöcken entstanden waren.
Denn derzeit sind die Speicher in Deutschland zu 76 Prozent gefüllt. Zudem stagniert schon das Durchschnittsniveau, was bisher in der Regel erst Ende Oktober passierte.
Bis zum 1. November müssen die Speicher laut Verordnung des Bundes zu 80 Prozent gefüllt sein. Das frühere System hatte zur Folge, dass schon Anfang November der Füllstand bereits 90 Prozent betrug.
Sollte sich der kommende Winter in einem normalen Rahmen halten, würde die Befüllung mit 80 Prozent voraussichtlich ausreichen. Ein strenger Winter mit extremen Minustemperaturen könnte hingegen dazu beitragen, dass sich die Speicher schon im Januar auf das Minimum der Befüllung zubewegen.

Notzukäufe als neues Kostenrisiko

Dann drohen Notkäufe durch die Beschaffungsagentur des Bundes, Trading Hub Europe, die dann den Auftrag hätte, auf dem Weltmarkt Gas einzukaufen, um die Speicher aufzufüllen. Der Preis darf dabei keine Rolle spielen. Dies hatte zur Folge, dass die Verbraucher durch die Gasspeicherumlage dafür einen Puffer schaffen sollten.
Diese befeuerte die Gaspreise, die für Verbraucher und Unternehmer ohnehin schon zu schwer tragbaren Belastungen geworden waren, jedoch noch weiter. Die Bundesregierung will die Umlage abschaffen und die Kosten für allfällige Notbeschaffungsmaßnahmen aus eigenen Mitteln bestreiten. Dafür sollen entweder der reguläre Haushalt oder der Klima- und Transformationsfonds herhalten. In Zeiten ohnehin knapper Kassen schafft dies ein weiteres Risiko.
Was die Situation zusätzlich prekär macht: Einmal stillgelegte Speicher lassen sich nicht mehr reaktivieren. Es muss, um einen Mindestdruck zu gewährleisten, immer ein Restquantum an Gas im Speicher bleiben, um einen Einsturz oder das Eindringen von Wasser in Porenspeichern zu verhindern. Die Speicher würden fehlen – und damit nicht nur in Deutschland, sondern auch in europäischen Partnerländern wie Österreich die Versorgungslage erschweren, deren Anlagen eng mit den deutschen verbunden sind.
Außerdem würden für den geplanten Wasserstoffmarkt Kapazitäten abhandenkommen. Für dessen Speicherung wäre Experten zufolge etwa doppelt so viel Speicherraum erforderlich.

Differenzverträge als mögliche Lösung?

Um den Betrieb der Gasspeicher weiterhin zu gewährleisten, fordern die Betreiber nun die Garantie eines bestimmten Mindestentgelts für die Einlagerung. Staaten wie Frankreich nutzen dafür Modelle wie sogenannte Differenzverträge. Der Staat würde den Betreibern den Verlust ausgleichen, sollte der Marktpreis darunter liegen. Liegt er darüber, müssten sie den Überschuss an den Staat zurückerstatten.
Dieses Modell beruht auf dem Gedanken der Teilung von Risiken und Gewinnen. Der Betreiber hat dadurch Planungssicherheit. Für den Staat – und damit am Ende den Steuerzahler – bedeutet dies jedoch ein Kostenrisiko.
Reinhard Werner schreibt für Epoch Times zu Wirtschaft, gesellschaftlichen Dynamiken und geopolitischen Fragen. Schwerpunkte liegen dabei auf internationalen Beziehungen, Migration und den ökonomischen Folgen politischer Entscheidungen.

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