Was für eine Nacht…

Titelbild
Felix Sturm (l.) mit seiner starken Linken. (Getty Lars Baron/Bongarts/Getty Images)
Von 7. November 2008

Eigentlich begann die Schlacht schon Wochen vor dem Kampf und war auch mindestens so spannend und unterhaltsam wie das Faustgefecht am Samstagabend im Ring. In an Dramatik kaum noch zu überbietenden Rededuellen im Fernsehen und in Pressekonferenzen gab es einen verbalen Schlagabtausch, der den früheren „vor-Kampf-Shows”von Muhammad Ali in nichts nachstand.

Sylvester-Manager Spiering verkündete bereits lange vor dem eigentlichen WM-Kampf vollmundig die Zielstellung seines Teams: „Wir haben ein Motto gegen das Flaggschiff von Universum Box-Promotion. Wir werden es jagen, rammen und versenken.“

Der 29-jährige Felix Sturm konterte prompt: „Ein großer Champion braucht keine große Klappe. Zu einem guten Boxer gehören Herz, Mut und der Kopf. Aber Verstand und Niveau ist bei denen (Team Sylvester, Anm. d. Red.) nicht vorhanden.“

Sebastian Sylvester (28), der von Sauerland Events promotet wird, hatte sich als aktuelle Nummer 1 der WBA-Rangliste das Herausforderungsrecht für diesen WM-Kampf durch seinen Sieg gegen Javier Castillejo im April diesen Jahres gesichert, als er diesen in der 12. Runde durch K.O. besiegte. Sylvester, der Sturm im Vorfeld dieses Kampfes immer wieder mit dessen abgelegten Geburtsnamen ansprach, gab sich durch seinen überzeugenden Sieg über Castillejo selbstbewusst und angriffslustig: „Mein Kampf gegen Castillejo war das Halbfinale. Jetzt kommt das Finale. Voll konzentriert gehe ich jetzt den Kampf gegen Adnan Catic an.“
Sylvesters Trainer Hartmut Schröder setzte noch einen obendrauf: „Wir freuen uns auf die WM und sind gut vorbereitet. Wenn Felix arrogant auftritt, soll er seine Jacke mitnehmen. Denn er wird lange liegen – und dann wird es kalt.“

Felix Sturm: „Nach sechs Wochen Konditionstraining und vier Wochen Techniktraining und Sparring kann ich es kaum erwarten, in den Ring zu steigen und alles umzusetzen, was wir trainiert haben.“ Sebastian Sylvester entgegnete: „Ich glaube an mich. Der kann nicht 12 Runden weglaufen – irgendwann stellt er sich“ und Trainer Schröder legte noch einmal nach: „Wir freuen uns, am 1. November dann Weltmeister zu sein! Wir wollen gewinnen und werden alles bekämpfen, was wir bei Felix, ähm Adnan, studiert haben.“

Der Kampfabend

Um es vorweg zu nehmen: Es war ein sehr guter Kampf, der auch hielt, was er versprach. Trotz aller Verbal-Attacken war es aber auch ein fair geführter Kampf, in dem der Ringrichter kaum einzugreifen brauchte. 9.200 Zuschauer – darunter auch wieder viel Prominenz – mit vielen Boxfans aus beiden Lagern sorgten in der ausverkauften Halle in Oberhausen zusätzlich für einen stimmungsvollen Rahmen.

In einem gut und druckvoll geführten Gefecht konnte Felix Sturm das Duell einstimmig nach Punkten für sich entscheiden. Mit seiner immer wieder gut geschlagenen Führhand und seiner Schnelligkeit sorgte der alte und neue Weltmeister dafür, dass nie ein Zweifel an der erfolgreichen Verteidigung seines WBA-Titels aufkam. Nur am Anfang konnte Sylvester das Duell ausgeglichen gestalten, doch mit zunehmender Dauer und einem eindrucksvollen Kampf dominierte Sturm seinen Pflichtherausforderer immer mehr. Für den Champion vom Hamburger Universum Boxstall war dies bereits die fünfte Verteidigung seines Weltmeistergürtels. „Zu einem guten Kampf gehören immer zwei Boxer und wir haben heute Abend beide unseren Beitrag dazu geliefert”, sagte Felix Sturm nach dem Kampf. Und weiter: „Ich muss zugeben, er hatte eine gute Taktik und das hat mich ein wenig überrascht. Er war stärker als ich dachte. Deshalb musste ich mich in der 2. und 3. Runde etwas umstellen und noch mehr aufs Tempo drücken. Ich denke, das war ein sehr guter Kampf von uns beiden. Ich habe auch versucht, bis zur letzten Sekunde den Knock Out zu suchen, denn das gehört meiner Meinung nach auch zu einem großen Champion dazu.“

Auf das „verbale Anboxen” im Vorfeld angesprochen, sagte Sturm: „Im Vordergrund steht absolut immer der Sport. Vielleicht war es ja auch nur Taktik, um den Gegner nervös zu machen. Aber wir haben uns nach dem Kampf die Hand gegeben – wir haben immer noch gegenseitigen Respekt. Der Ring ist auch der richtige Ort, um alles auszutragen und ich denke, das ist auch die fairste Sache der Welt. Zwei Leute stehen sich gegenüber und jeder gibt alles. Der eine gewinnt und der andere verliert. Das akzeptiert man dann auch. Wir haben persönlich überhaupt nichts gegeneinander. Wir sind Sportler und so werden wir uns auch verhalten. Es war ein wirklich guter Kampf und kein Schattenboxen wie bei anderen Boxern. Über diesen Kampf wird wohl noch eine ganze Weile geredet werden.“
Der „Hurricane” Sebastian Sylvester erwiderte darauf kurz und knackig: „Er hat geboxt wie ein Weltmeister!”

Sylvester-Manager Spiering: „Wir hatten ja im Vorfeld mit unseren Äußerungen auch dafür gesorgt, dass das alles ein bisschen angekurbelt wird. Aber wir erkennen selbstverständlich auch an, dass der Weltmeister heute klar besser war. Ganz Deutschland hat heute Abend einen schönen Kampf gesehen, in dem ein unglaublich hohes Tempo herrschte. Es war ein ganz fantastischer Kampf und der Bessere hat heute auch gewonnen.”

Tatsächlich war diese „Universum Champions Night” im Centro zu Oberhausen ein in allen Belangen gelungener und unterhaltsamer Abend mit fairen Verlierern und stilvollen Gewinnern – aber es war vor allem einmal wieder eine Werbung für den deutschen
Boxsport.

Erschienen in The EpochTimes Deutschland Nr. 45/08



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