Weg frei für Reform: So will sich der öffentlich-rechtliche Rundfunk ändern
Der sächsische Landtag hat dem Reformstaatsvertrag für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk zugestimmt. Nur noch drei Landesparlamente müssen dasselbe tun, damit die Kooperations- und Sparreformen Anfang Dezember in Kraft treten können. Das wird aller Voraussicht nach klappen.

Das Archivbild zeigt den Plenarsaal des sächsischen Landtags in Dresden. Die Parlamentarier gaben dem neuen ÖRR-Reformstaatsvertrag am 29. Oktober 2025 ihren Segen. Damit dürften die Pläne ab dem 1. Dezember greifen.
Foto: Matthias Kehrein/Epoch Times
In Kürze:
- Parlament in Dresden nickt Reformstaatsvertrag für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk ab
- Bedenken der Linksfraktion ausgeräumt
- Die noch fehlende Zustimmung aus Brandenburg, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen gilt als sicher
- Reformvertrag sieht unter anderem mehr Zusammenarbeit, weniger Sparten- und Hörfunksender und mehr Sportvielfalt vor
Seit über einem Jahr hoffen die Ministerpräsidenten der Bundesländer auf das Zustandekommen einer Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks (ÖRR). Bisher hatten zwölf Landesparlamente dem gemeinsam ausverhandelten Entwurf des Reformstaatsvertrags zugestimmt.
Am 29. Oktober 2025 hat nun auch der zuvor als Wackelkandidat gehandelte sächsische Landtag in Dresden mit knapper Mehrheit grünes Licht für die Reform gegeben.
Linke ließ sich zum „Ja“ umstimmen
Die Abgeordneten der CDU, der SPD, der Grünen und – nach einer von der Union angeregten Denkpause – schließlich auch die Fraktion der Linken stimmten dem Regelwerk zu. Damit war die erforderliche einfache Mehrheit im Plenum erreicht.
Vor der Pause hatte die Parlamentarische Geschäftsführerin der Linken, Luise Neuhaus-Wartenberg, noch kritische Worte zum Gesetzentwurf gefunden. Es war damit offen, ob das Reformvorhaben nicht doch am Widerstand der Linken scheitern könnte (Video ab circa 54:17 Minuten auf „YouTube“).
Mit Nein hatten die Parlamentarier aus den Reihen der AfD und des BSW gestimmt (Video ab circa 5:40 Minuten auf „YouTube“).
Das Reformvorhaben dürfte damit auch final durchkommen. Denn dass die noch offenen Abstimmungen in Brandenburg, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen bis Ende November ein positives Ergebnis erzielen werden, gilt nur noch als Formsache. Deren Landesregierungen haben ihre Zustimmung bereits signalisiert.
In Kraft treten kann das Reformwerk dann am 1. Dezember.
Die wichtigsten Elemente der Reformpläne
Auf Basis des Gesetzes zum Reformstaatsvertrag (PDF) sollen ARD, ZDF und das Deutschlandradio „digitaler, schlanker und moderner“ werden, um ihre Akzeptanz in der Öffentlichkeit zu erhöhen. Insbesondere im digitalen Bereich sollen die Sender dafür enger kooperieren, etwa eine gemeinsame Plattformstrategie zu entwickeln.
Ein wichtiger Reformteil besteht in der angestrebten Reduzierung der Hörfunkprogramme bis Ende 2026. Statt 70 sollen die neun ARD-Sendeanstalten höchstens 53 Radiosender anbieten: Jede Rundfunkanstalt sollte grundsätzlich nur noch vier analoge Hörfunkprogramme haben.
„Für den NDR bedeutet dies also jedenfalls vier zusätzliche Programme, für den MDR drei zusätzliche Programme sowie für SWR und RBB zwei zusätzliche Programme“, heißt es in den Erläuterungen zu Paragraf 29.
Weniger Spartenkanäle
Die Zahl der analogen TV-Spartenkanäle im Bereich Information, Bildung und Dokumentation wie „Tagesschau24“, „Phoenix“, „ARD alpha“ und „ZDFinfo“ soll schrumpfen.
Der deutsch-französische Fernsehsender „arte soll perspektivisch zu einem gesamteuropäischen Programm weiterentwickelt werden. Die Beiträge von „3sat“ sollen sukzessive in „arte“ und dessen Online-Angebot sowie in den Hauptprogrammen von ARD und ZDF aufgehen.
ARD und ZDF sollen in gemeinsamer Abstimmung drei Angebote einrichten, die sich speziell an Kinder, Jugendliche und jüngere Erwachsene richten. Der Kinderkanal (KiKA) soll ab 2033 nur noch im Netz verfügbar sein.
Mehr Vielfalt im Sport, strengere Regeln für Websites
In den Sportsendungen sollen künftig mehr verschiedene Sportarten abgebildet werden. Die Kosten für den Erwerb von Übertragungsrechten werden auf 5 Prozent des Gesamtaufwandes in einer Beitragsperiode gedeckelt.
Für Online-Angebote auf sendereigenen Webseiten werden strengere Regeln etabliert, die dem Verbot der Presseähnlichkeit Rechnung tragen sollen. So bleiben sendungsbegleitende Texte zwar grundsätzlich zulässig, per „Aktualitätsklausel“ darf in Online-Texten aber nur noch Bezug auf solche linearen Sendungen genommen werden, die zum Zeitpunkt der Textveröffentlichung nicht länger als vier Wochen zurückliegen.
Wenig Begeisterung im sächsischen Medienausschuss
Ende Mai 2025 waren im Medienausschuss des Sächsischen Landtags acht Sachverständige zu Wort gekommen. Sie übten teilweise heftige Kritik sowohl an den Reformplänen als auch am Status quo in den ÖRR-Sendeanstalten.
Kurz vor Schluss der Sitzung fragte mit Tobias Dulig sogar ein Vertreter der Regierungsfraktion SPD, ob man dem Entwurf angesichts der vielen Kritikpunkte überhaupt zustimmen oder ihn doch lieber ablehnen solle.
Rundfunkbeitragserhöhung derzeit kein Thema
Für den Reformstaatsvertrag waren die Fragen nach dem Wann, Wie und Wie viel der nächsten Rundfunkbeitragserhöhung extra ausgeklammert worden. Mit dieser Frage werde sich die zuständige Landespolitik erst dann beschäftigen, wenn das Thema Reformen abgehakt ist, wie etwa der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) damals zu verstehen gab.
ARD und ZDF waren schon im November 2024 mit einer Verfassungsbeschwerde vor das Bundesverfassungsgericht gezogen, um die Erhöhung des Rundfunkbeitrags auf 18,94 Euro möglichst rasch durchzusetzen. Der Beitragsaufschlag sollte ursprünglich zum Jahreswechsel 2024/25 stattfinden, war aber schon zuvor am Widerstand mehrerer Ministerpräsidenten gescheitert – darunter jenen von Bayern, Brandenburg und Sachsen-Anhalt.
Der öffentlich-rechtliche Gang nach Karlsruhe gefiel manchen Ministerpräsidenten offensichtlich überhaupt nicht. Das lässt sich aus einer Protokollerklärung schließen, die die Länder Sachsen-Anhalt und Bayern am Ende eines Beschlusspapiers vom 12. Dezember anhängen ließen (PDF). Darin heißt es:
„Das Land Sachsen-Anhalt und der Freistaat Bayern werden den Staatsvertragsentwurf zur Reform des Verfahrens zur Festsetzung des Rundfunkbeitrages erst dann paraphieren und dem Landtag zur Anhörung zuleiten, wenn die von den in der ARD zusammengeschlossenen Landesrundfunkanstalten und dem ZDF beim Bundesverfassungsgericht anhängigen Verfahren durch Rücknahme der Verfassungsbeschwerden gegenstandslos geworden sind. […] Entscheidend ist, dass die auf den Weg gebrachten Reformen erst wirken, bevor Anpassungen beim Beitrag in Frage kommen.“
Wann das Bundesverfassungsgericht seine Entscheidung zur Verfassungsbeschwerde von ARD und ZDF bekannt geben wird, ist derzeit unklar.
Patrick Reitler, geboren in den späten Sechzigerjahren am Rande der Republik. Studium der Komparatistik, Informationswissenschaft und Sozialpsychologie. Seit der Jahrtausendwende als Journalist hauptsächlich in Online-Redaktionen beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk und als Fußballkommentator unterwegs. Seit Ende 2022 freier Autor. Bei Epoch Times vorwiegend für deutsche Politik zuständig.
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