Netzstabilität
Zu viel Wind- und Solarstrom? Drosselungen erreichen neuen Rekordwert
Im ersten Halbjahr 2025 mussten die Netzbetreiber so viele Drosselungen wie noch nie bei Windkraft- und Solaranlagen vornehmen. Das liegt am bisher zu einseitigen Fokus auf Leistungsausbau bei der Energiewende. Die Kosten dafür trägt der Steuerzahler.

Bei zu hoher Stromproduktion muss die Leistung mancher Kraftwerke gedrosselt werden. Das trifft immer mehr Windkraft- und Solaranlagen.
Foto: BeritK/iStock
In Kürze:
- Im ersten Halbjahr gab es in Deutschland bei Wind und Solar so viele Drosselungen wie noch nie.
- Gründe sind der hinterherhinkende Netzausbau und die noch zu geringen Batteriekapazitäten.
- EnBW ist derweil mit dem größten deutschen Infrastrukturprojekt der Energiewende beschäftigt.
- Zwei Milliarden Euro haben die Abschaltungen den Steuerzahler in den vergangenen vier Jahren gekostet.
Damit im ersten Halbjahr 2025 die Stromnetze stabil bleiben konnten, mussten die deutschen Netzbetreiber Solar- und Windkraftanlagen in Rekordmenge drosseln.
Laut dem britischen Finanzmarktdatenanbieter LSEG fuhren die Stromunternehmen von Januar bis Juni rund 8 Prozent der Photovoltaik bewusst herunter. Das ist mehr als doppelt so viel wie im Vorjahreszeitraum.
Auch bei der Windenergie waren die Drosselungen in diesem ersten Halbjahr mit 5,3 Prozent so hoch wie noch nie, wie „Bloomberg“ berichtete. Im ersten Halbjahr 2024 lag der Wert noch bei 3,5 Prozent.
Wozu die Drosselungen?
Das liegt einerseits daran, dass bei diesen beiden „Erneuerbaren“ weiterhin ein anhaltender Ausbau der installierten Leistung stattfindet. Während die Windkraft an Land nur noch langsam wächst – rund 0,3 Gigawatt (GW) an Nennleistung pro Monat –, kommt bei der Photovoltaik monatlich aktuell rund 1 GW hinzu. Derzeit liegt die installierte Leistung von Windkraft insgesamt bei 74,9 GW, die von Solar bei 108,7 GW. Bis 2030 sollen bei Solar laut Plan 215 GW im Bundesgebiet installiert sein.
Die neu hinzugebauten Kapazitäten können aber nur bedingt für die Stromversorgung genutzt werden. Denn auf der anderen Seite hinkt der Netzausbau weiterhin massiv hinterher. So kritisierte der Bundesrechnungshof bereits im vergangenen Jahr, dass der Rückstand beim Netzausbau sieben Jahre und 6.000 Kilometer betrage.
Der Strom der vielen Windkraftanlagen im Norden kann mangels ausreichender oder ausreichend dimensionierter Stromleitungen nicht bis in den Süden Deutschlands fließen. Umgekehrt kann der Solarstrom der Photovoltaikanlagen in Süddeutschland zur Mittagszeit nicht nach Norddeutschland gelangen. Die Bauarbeiten für die Trasse SuedLink sind dafür bereits im Gange.
Viel zu wenig netzdienliche Stromspeicher
Zudem fehlt es an Batteriekapazitäten, um die Stromüberschüsse dieser beiden Energiequellen zu speichern. Momentan ist laut dem Portal „Battery-Charts“ eine Speicherkapazität von rund 21,5 Gigawattstunden (GWh) in Deutschland in Betrieb. Die meisten davon – 17,6 GWh – befinden sich in privaten Heimspeichern, die nur selten netzdienlich laden.
Obwohl die Tendenz hier klar steigend ist, ist das noch zu wenig. Laut dem Energieanalysten Staffan Reveman wäre eine netzdienliche Batteriekapazität im Bereich von 600 GWh nötig, um den durchschnittlichen Strombedarf Deutschlands von rund 50 Gigawatt für 12 Stunden zu speichern.
Dabei wies Reveman darauf hin, dass der entsprechende Stromüberschuss auch vorhanden sein muss, um diese Batterien ausreichend aufladen zu können.
Kosten trägt der Steuerzahler
Die Abschaltungen der Anlagen kosten den Steuerzahler Geld. Denn der Bund entschädigt die Betreiber von „erneuerbaren“ Anlagen mit Ausgleichszahlungen für nicht eingespeisten Strom. In den vergangenen vier Jahren summierten sich diese Zahlungen auf knapp 2 Milliarden Euro.
Oftmals sind die Drosselungen sogar für jedermann sichtbar: Immer wieder drehen sich bei ausreichend Wind einige Windkraftanlagen nicht. Da bei der Solarenergie mindestens 44,2 GW Nennleistung nicht steuerbar sind und ihren Strom unkontrolliert ins Netz drücken, schalten die Netzbetreiber vermehrt zahlreiche Windräder ab.
Der Energieversorger EnBW teilte hierzu kürzlich mit: „Für die Energiewende genügt es nicht, Windkraftanlagen zu bauen. Entscheidend für eine klimafreundliche und sichere Stromversorgung ist der Bau von hocheffizienten Übertragungsleitungen.“
Aktuell arbeitet EnBW zusammen mit ihrer Tochterfirma TransnetBW an zwei zentralen Hochspannungstrassen: an der bereits erwähnten SuedLink und Ultranet. „Die 700 Kilometer lange Höchstspannungs-Gleichstrom-Verbindung SuedLink ist das größte deutsche Infrastrukturprojekt der Energiewende“, sagte EnBW.
Das Fachgebiet von Maurice Forgeng beinhaltet Themen rund um die Energiewende. Er hat sich im Bereich der erneuerbaren Energien und Klima spezialisiert und verfügt über einen Hintergrund im Bereich der Energie- und Gebäudetechnik.
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