Brauchen wir den digitalen Euro?

Die Einführung eines digitalen Euros wurde gestern im Finanzausschuss des Bundestags intensiv diskutiert. Trotz des Drängens der Europäischen Zentralbank und der EU-Kommission bleiben zahlreiche Fragen offen, darunter die Anonymität des digitalen Euros und die Rolle des Bundestags bei dessen Einführung. Die geladenen Sachverständigen positionierten sich hier sehr unterschiedlich.
«Die Kenntnis über den digitalen Euro ist mittlerweile relativ weit verbreitet.»
Der digitale Euro wurde im Finanzausschuss des Bundestags kontrovers diskutiert.Foto: Karl-Josef Hildenbrand/dpa
Von 20. Februar 2024

Die Einführung eines digitalen Euros war gestern Thema im Finanzausschuss des Bundestags. Obwohl die Europäische Zentralbank (EZB) und die EU-Kommission die Einführung eines digitalen Euros zügig vorantreiben wollen, sind nach wie vor viele Fragen offen.

Die Union möchte deshalb einen Zustimmungsvorbehalt des Bundestags. Konkret würde das bedeuten, dass die Bundesregierung der Einführung eines digitalen Euros im EU-Rat nur zustimmen kann, wenn der Bundestag zuvor der entsprechenden Einführung zugestimmt hat. 

Zustimmung durch Bundestag oder Volksabstimmung

Die finanzpolitische Sprecherin der Unionsfraktion im Bundestag, Antje Tillmann, verwies darauf, dass beispielsweise bisher nicht klar sei, wie viele digitale Euro Banken als Haltegrenzen im Portfolio haben müssen. „Für die Wahrung der Finanzstabilität ist das aber ein ganz entscheidender Punkt. Das hat die Liquiditätskrise bei US-Banken im Frühjahr 2023 gezeigt”, so Tillmann.

Im März 2023 mussten innerhalb von fünf Tagen drei kleine bis mittelgroße Banken aufgrund von Zahlungsunfähigkeit schließen. 

Ein weiterer Punkt, der der Union offensichtlich Bauchschmerzen bereitet, ist die Frage der Anonymität einer Digitalwährung. Könnte ein digitaler Euro als Bezahlmittel genauso anonym verwendet werden wie Bargeld, wäre ein solches Digitalgeld nach Ansicht der Union anfällig für Geldwäsche.

Wäre der digitale Euro aber nachverfolgbar, stelle sich laut Tillmann die Frage, was so ein Geldmittel von den schon heute existierenden bargeldlosen Zahlungsmöglichkeiten wie etwa Kreditkarten unterscheidet. Die Union sieht in so einem digitalen Euro keinen Mehrwert für die Bürgerinnen und Bürger. 

In einem weiteren Antrag, der gestern Gegenstand der öffentlichen Anhörung im Finanzausschuss gewesen ist, wendet sich die AfD-Bundestagsfraktion generell gegen die Einführung eines digitalen Euros. Die Fraktion befürchtet, dass ein digitaler Euro das Bargeld “sukzessive” abschafft. Die Fraktion schlägt in ihrem Antrag deshalb eine Volksabstimmung zu diesem Thema vor.

Gesetzgebungsverfahren auf EU-Ebene nicht belasten

Der eingeladene Experte Professor Ulrich Hufeld, der an der Helmut Schmidt Universität der Bundeswehr öffentliches Recht und Steuerrecht lehrt, positionierte sich eindeutig gegen den Zustimmungsvorbehalt, den die Union angedacht hat.

„Belasten Sie nicht das ordentliche Gesetzgebungsverfahren in der Europäischen Union mit einem Zustimmungsvorbehalt“, appellierte Hufeld an die Union. Es liege nicht im Interesse Deutschlands, bei Zuständigkeiten, die auf EU-Linie liegen, die Zustimmung nationaler Parlamente zur Bedingung zu machen. 

Die Bundespolitik sollte vielmehr die Möglichkeiten nutzen, dass nationale Parlamente wie der Bundestag eine Stellungnahme abgeben können. Die Zustimmung des Bundestags im Bereich des EU-Rechts sei nur notwendig, wenn etwa neue Mitgliedsländer in die Union aufgenommen oder die Europäischen Verträge geändert werden sollen, sagte Hufeld, der auf Vorschlag der SPD-Fraktion geladen war.

Staatliche Leistungen als Digitalgeld

Bundesbank-Vorstandsmitglied Burkhard Balz hob in seiner Stellungnahme im Ausschuss die Vorteile eines digitalen Euros hervor. Der Staat erhalte so die Möglichkeit, Geld direkt an den Bürger auszuzahlen. Der Bundesbanker war außerhalb der Vorschlagsliste der Fraktionen als Sachverständiger eingeladen worden. Als Beispiele für Direktzahlungen durch den digitalen Euro nannte Balz das Kindergeld und andere staatliche Leistungen. 

In seiner Aussage vor dem Finanzausschuss versuchte Balz Befürchtungen zu zerstreuen, das Bargeld soll geschwächt werden. Derzeit werde im Gegenteil die dritte Generation der Euro-Noten vorbereitet: „Das sind sehr umfangreiche und aufwendige Verfahren. So etwas würde man nicht machen, wenn man nicht das Vertrauen in das Bargeld hätte”, sagte Balz im Bundestag. Die Bundesbank werde in den nächsten Monaten eine neue Bargeldstrategie für Deutschland beschließen. „Das zeigt, wie sehr wir zum Bargeld stehen“, so der Bundesbanker.

Kein chinesischer Digitalgeld-Ansatz 

Auf Vorschlag der Union war Professor Volker Wieland von der Goethe-Universität in Frankfurt am Main eingeladen. Der Lehrstuhlinhaber für monetäre Ökonomie betonte in seiner Stellungnahme, dass es schon einen digitalen Euro, also “eine staatlich bereitgestellte Währung” gebe.

In seiner schriftlichen Stellungnahme heißt es dazu: „Dieses digitale Zentralbankgeld steht allerdings nur den Banken zur Verfügung, die ein entsprechendes Konto bei der Notenbank besitzen. Der Bevölkerung der Währungsunion steht staatlicherseits nur Bargeld zur Verfügung. Sie hat jedoch Zugang zu privatem Digitalgeld wie Giroeinlagen bei den Banken. Hierbei wird von Buchgeld gesprochen.“ 

Auch Professor Rainer Böhme von der Universität Innsbruck ging auf den vorher von Wieland vorgebrachten Aspekt ein. Der Professor für Datensicherheit und -schutz erklärte, dass derzeit Bargeld die einzige Möglichkeit sei, mit der Menschen eine direkte Forderung gegen die Zentralbank in Händen halten könnten. „Alle anderen Formen sind Versprechen der Privatwirtschaft“, so der Ingenieur.

Mit dem digitalen Euro würden die Menschen ermächtigt. Damit unterscheidet sich der Ansatz von jenem in China, wo die Digitalwährung als Überwachungsinstrument ausgelegt sei. „Der digitale Euro unterscheidet sich hiervon, indem er sehr ambitionierte Ziele zum Datenschutz haben sollte“, so Böhme, der auf Vorschlag von Bündnis 90 /Die Grünen eingeladen war.

Das Thema Datenschutz war auch Gegenstand der Stellungnahme der “Digital Euro Association”, einem weltweit führenden Thinktank, der sich auf digitale Währungen spezialisiert hat. „Privatsphäre ist eine große Herausforderung. Das Schöne ist, dass es einige Technologien gibt, die das ermöglichen“, so ein Vertreter der Vereinigung. Zu unterscheiden sei hier zwischen Hardware- und Softwarelösungen. Mit Blick auf Softwarelösungen appellierte die Vereinigung dafür, Teile der Codes offenzulegen, auf die ein digitaler Euro basiert.

Vorwand um Bargeld abzuschaffen 

Für überflüssig hält Philipp Bagus, Professor an der Universidad Rey Juan Carlos in Madrid, einen digitalen Euro, „weil die Bürger ja schon digital zahlen können mit Überweisungen und Kreditkarten.” Bagus, der auf Einladung der AfD als Sachverständiger geladen war, glaubt, dass ein digitaler Euro ein Vorwand sein könnte, am Ende das Bargeld abzuschaffen. „Auf Versprechungen von Politikern und Bürokraten kann man nicht vertrauen“, sagte er. Die Frage sei, ob der Staat überhaupt die Macht über das Geld haben solle. „Ist es nicht besser, ein privates Geld zu haben, ein freies Geld“, fragte der Volkswirt.

Nach der Anhörung zu den Anträgen von Union und AfD im Finanzausschuss werden beide Anträge nun in naher Zukunft im Plenum des Bundestags behandelt. Dass den Anträgen zugestimmt wird, davon ist angesichts der Mehrheitsverhältnisse nicht auszugehen. 



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