Härtere Strafen, Böllerverbote, Verbotszonen oder eine andere Integrationspolitik?

Nach den Gewaltexzessen in der Silvesternacht mehren sich Stimmen, die ein härteres Vorgehen gegen die Täter fordern. Andere favorisieren ein generelles Verbot von Feuerwerkskörpern oder Verbotszonen. Jens Spahn sieht Defizite in der Integrationspolitik.
Polizeiauto in der Silvesternacht auf dem Gehweg in der Nähe vom Brandenburger Tor.
Ein Polizeiauto in der Silvesternacht 2022/23 in der Nähe vom Brandenburger Tor in Berlin.Foto: Christophe Gateau/dpa
Von 3. Januar 2023

Jens Spahn (CDU), der stellvertretender Vorsitzende der Unionsfraktion im Bundestag, hat angesichts der gewalttätigen Übergriffe in der Silvesternacht Kritik an der deutschen Integrationspolitik geäußert. „Die Angriffe auf Einsatzkräfte“ seien „auch ein Beleg für die Schwäche des Staates“.

Dass Silvesterfeiern immer wieder an denselben Orten mit den gleichen Beteiligten derart eskalierten, habe für ihn eher mit ungeregelter Migration, gescheiterter Integration und fehlendem Respekt vor dem Staat zu tun als mit Feuerwerk, äußerte Spahn gegenüber dem Onlineportal „T-online“. „Krawalle in einigen Stadtteilen oder auf bestimmten Plätzen bekämpft man nicht mit einem bundesweiten Böllerverbot.“

Herrmann: „Freiheitsstrafen sind angebracht“

Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) forderte ein härteres Vorgehen gegen die Täter: „Diese Silvester-Chaoten müssen hart bestraft werden. Ein spürbarer Denkzettel und gegebenenfalls auch Freiheitsstrafen sind angebracht“, sagte Herrmann im Gespräch mit „Antenne Bayern“ und dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Herrmann empfahl, die „Ursachen“ zu beseitigen, „nämlich die Verrohung einiger weniger“.

Ein flächendeckendes Feuerwerksverbot wäre für ihn keine zielführende Lösung, denn das würde auch jene Menschen treffen, die umsichtig und verantwortungsvoll mit den Feuerwerkskörpern umgegangen sind. An bestimmten Orten aber könnten die Kommunen durchaus Verbote aussprechen.

Wendt: Migrantenmilieu „überrepräsentiert“

Nach Einschätzung von Rainer Wendt, dem Chef der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG), stammen viele der Täter aus dem „Migrantenmilieu“. „Sehr oft“ spielten junge, alkoholisierte oder stark betrunkene Männer „eine dominierende Roll“, sagte Wendt im Gespräch mit „Focus online“. „Bei vielen Einsatzkräften ist der Eindruck vorherrschend, dass Gruppen junger Männer mit Migrationshintergrund bei diesen Ausschreitungen weit überrepräsentiert sind“, präzisierte Wendt.

Nun müsse eine „schonungslose politische Aufklärung der Geschehnisse“ erfolgen, auch hinsichtlich der Herkunft der Täter. Dabei müssten die „tatsächlichen Feststellungen exakt analysiert und genannt“ werden, wenn man verhindern wolle, dass „rechte Populisten diesen Eindruck für politische Zwecke“ nutzten. „Wo kommen die Chaoten her? Wo wohnen sie? Woher kommen diese Wut und diese Verachtung gegenüber Rettungsdiensten und Polizei? Da reicht natürlich nicht die Angabe, ob jemand Deutscher ist oder nicht“, sagte Wendt.

Grundsätzlich müsse man sich auch Fragen über die aktuellen Zustände im öffentlichen Raum stellen, „also ob der Staat und seine legitimierten Amtsträger Recht und Gesetz durchsetzen – oder ob das Recht des Stärkeren gilt, also derjenigen, die bewaffnet und in der Lage sind, Angst und Schrecken zu verbreiten“, so Wendt.

Erst wenn die „Diagnose“ feststehe, könne der Staat gezielt eingreifen. „Da werden dann weniger die Polizei und die Justiz gefragt sein, sondern Stadtteilmanagement, aber auch Jugendbehörden, Sozialdienste, Ausländerämter und ähnliche Einrichtungen“, sagte Wendt voraus.

Ruf nach härteren Strafen

Franziska Giffey (SPD), die Regierende Bürgermeisterin Berlins, schrieb auf „Twitter“, sie sei „zutiefst erschüttert“ von dem Ausmaß an „Gewaltbereitschaft und Zerstörung“. Jetzt müsse es „eine bundesweite Debatte über Konsequenzen“ geben.

Jochen Kopelke, der Bundesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), forderte nach Angaben des Portals „Nordbayern.de“ „harte Urteile“ für jene, die einen „gezielten Angriff auf einen Menschen in Uniform“ ausgeübt hätten.

Ähnlich äußerte sich nach Angaben von „T-online“ CDU-Generalsekretär Mario Czaja: „Wir brauchen schnelle Strafen, harte Strafen, Freiheitsstrafen. Wir brauchen Technik statt Sprachfibeln für die Polizei. Wir brauchen Videotechnik, auch für die Feuerwehr.“

„Das Verhalten von Chaoten und Irren“, Polizei und Rettungskräfte „wie in der vergangenen Silvesternacht anzugreifen oder sogar in Hinterhalte zu locken, darf nicht toleriert werden und muss mit der ganzen Härte des Gesetzes bestraft werden“, sagte Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) laut „T-online“.

„Diese Straftäter müssen die volle Härte des Rechtsstaats spüren“, meint auch Thorsten Frei, der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag. „Die Gewaltexzesse von Silvester-Chaoten gegen unsere Einsatzkräfte oder Privateigentum können wir als Gesellschaft in keiner Weise tolerieren“, so Frei im Gespräch mit „T-online“, „unsere Einsatzkräfte haben die notwendigen Mittel und Befugnisse, um solche Randale im Keim zu ersticken.“ Eines allgemeinen Böllerverbots bedürfe es nicht, Verbotszonen seien aber möglich.

Städtetag für Böller-Verbotszonen

Helmut Dedy, der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetags, bestätigte, mit Verbotszonen gute Erfahrungen gemacht zu haben: „Sie dienen dazu, Anwohner vor Lärm, historische Gebäude vor Bränden und Menschen auf Feiermeilen vor Verletzungen zu schützen“, sagte Dedy im RND-Interview.

Der Bezirksbürgermeister von Berlin-Neukölln, Martin Hikel (SPD), sagte im Gespräch mit der „Welt“, dass man sich über ein bundesweites Verkaufsverbot von Feuerwerksartikeln und für eine Pflicht zum „kleinen Waffenschein“ für Schreckschusspistolen unterhalten sollte. Manche Ereignisse der Silvesternacht in seinem Bezirk hätten ihn an „bürgerkriegsähnliche Zustände“ erinnert. Dass „in einzelnen Fällen“ Rettungskräfte „bewusst in einen Hinterhalt gelockt“ worden seien, „um sie dort anzugreifen“, bezeichnete Hikel als „hochkriminelles Verhalten“.

Innenministerium: „Noch keine Übersicht über Tatverdächtige“

Nach Aussage einer Sprecherin des Bundesinnenministeriums gibt es zurzeit „noch keine Übersicht über Tatverdächtige“. Ein Lagebericht zum Jahr 2021 habe allerdings gezeigt, dass die Täterschaft bei den damals 88.600 Übergriffen auf Polizeibeamte zu 84 Prozent männlich und zu 70 Prozent aus deutschen Staatsbürgern bestanden habe.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) sprach von „Chaoten und Gewalttätern“, die strafrechtlich belangt werden müssten. Laut „Nordbayern.de“ forderte sie „empfindliche Freiheitsstrafen“. Eine erneute Gesetzesverschärfung sei dazu nicht notwendig.

Gewaltexzesse in der Silvesternacht

Vor allem in Berlin und Hamburg, aber auch in anderen deutschen Städten wie Essen, Bochum, Duisburg, Leipzig und Frankfurt an der Oder waren Polizisten, Feuerwehrleute und andere Rettungskräfte in der Silvesternacht zum Teil hart mit Feuerwerkskörpern, Schreckschusspistolen, Böllern und anderen zu Wurfgeschossen umfunktionierten Gegenständen attackiert worden. „Besonders schlimme Übergriffe gab es in den Brennpunktvierteln von Kreuzberg und Neukölln mit hohem Migranten-Anteil“, schrieb die „Bild“.

Allein in Berlin gab es nach Angaben eines Polizeisprechers bei rund 4.000 Einsätzen 159 Festnahmen und 41 verletzte Einsatzkräfte der Polizei, obwohl die Polizei beinahe 1.300 zusätzliche Kräfte eingeteilt hatte. Die Feuerwehr sah sich nach eigenen Angaben 38 Angriffen ausgesetzt, die in den eigenen Reihen zu 15 Verletzten geführt haben, berichtet das „Redaktionsnetzwerk Deutschland“.

Nach Angaben der Berliner Polizei werde nun wegen tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte, wegen Verstößen gegen das Sprengstoffgesetz, Brandstiftung und Landfriedensbruch ermittelt. Bei den Tatverdächtigen handele es sich überwiegend um Jugendliche beziehungsweise junge Männer.

[Mit Informationen aus Agenturen]



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