Im Zweifel für die Pharma: Rundum-Sorglos-Versicherung für Impfstoffhersteller

Bei zivilen Schadenersatzklagen wegen COVID-19-Impfschäden ist die Pharma-Industrie fein raus: Haften muss nach den EU-Verträgen stets der Steuerzahler. Die deutsche Regierung muss BioNTech und Co sogar vor Gericht mit Rat und Tat zur Seite stehen.
Etwa 163 Millionen Dosen Impfstoff von Biontech/Pfizer wurden bisher geliefert - abnehmen muss Deutschland noch deutlich mehr.
Das Symbolbild zeigt einige Ampullen mit dem Comirnaty-Impfstoff von Pfizer/BioNTech. Bei Impfschäden übernimmt der Staat nicht nur die Haftung, sondern muss die Pharmabranche auch vor Gericht unterstützen.Foto: Michael Matthey/dpa
Von 4. Juli 2023

Ursprünglich sollte die erste mündliche Gerichtsverhandlung über eine Schadenersatzklage aufgrund eines vermeintlichen BioNTech-Impfschadens schon ab dem 12. Juni in Hamburg über die Bühne gehen: Eine Krankenhausärztin hatte mindestens 150.000 Euro Schmerzensgeld vom Mainzer Impfstoffhersteller gefordert. Doch dann wurde der Prozessauftakt wegen eines Befangenheitsantrags der Klägerseite kurzfristig auf unbestimmte Zeit verschoben.

Seit dem 3. Juli 2023 beschäftigt nun endlich eine ähnliche Klage gegen BioNTech das Landgericht im baden-württembergischen Rottweil. Laut „Welt“ geht ein 58-jähriger Mann davon aus, dass sein Sehkraftverlust von einer Comirnaty-Spritze verursacht worden war. Es geht also um die Rechte eines mutmaßlich Geschädigten.

Regierung unterschreibt und wirbt – Steuerzahler haftet – Pharma kassiert

Doch die gut 200 Zivilklagen dieser Art, die nach einem Artikel der „Welt“ derzeit in Deutschland angestrengt werden, bringen zugleich ans Tageslicht, wie sehr die EU und die Bundesregierung seit 2020 bereit waren, sich den Interessen der Pharma-Industrie unterzuordnen, nur um so schnell wie möglich Impfstoffe kaufen, bewerben und spritzen zu können.

Die eigentliche Aufgabe des Staates als Interessenvertreter der „Versuchskaninchen“ (Bundeskanzler Olaf Scholz über geimpfte Bürger, Video auf „YouTube“) fand vertraglich dagegen nicht statt. Wie die „Welt“ bestätigt, trägt nämlich keinesfalls der Impfstoffhersteller das finanzielle Risiko eines Impfschadens: Es sei die Bundesregierung, die nun „die Anwaltskosten und mögliche Schadenersatzforderungen für die Impfstoffhersteller weitgehend“ tragen müsse. Und damit haftet letztlich der Steuerzahler.

Wie alle COVID-19-Impfstoffhersteller habe sich auch BioNTech bei Abschluss der bis heute geheimen Lieferverträge mit der EU-Kommission 2020 garantieren lassen, niemals für irgendeinen Schaden im Zusammenhang mit einer Comirnaty-Spritze haften zu müssen. Stattdessen sei das Risiko auf die nationalen Regierungen übergegangen.

„Abwehr von Ansprüchen Dritter“: Regierung zu „angemessenen Anstrengungen“ pro Pharma verpflichtet

Selbst wenn es vor Gericht um die „Abwehr von Ansprüchen Impfgeschädigter“ gehe, sei die Bundesregierung sogar verpflichtet, den Herstellern „Zugang zu Dokumenten und anderen Informationen“ zu gewährleisten. Anfragen dazu habe es seitens der Hersteller aber noch nicht gegeben, schreibt die „Welt“.

Der Rechtsanwalt und Impfschadensrechtsexperte Tobias Ulrich bestätigte das grundsätzliche Übereinkommen aus dem „APA Vertrag“ zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der „BioNTech Manufacturing GmbH“ auf Twitter:

Der teilnehmende Mitgliedstaat (also die #Bundesrepublik #Deutschland) arbeitet mit der/den entschädigten Person(en) (also #BioNTech) zusammen, um Zugang zu Dokumenten und anderen Informationen zu erhalten, die für die Verteidigung gegen Ansprüche Dritter (also #Impfgeschädigte) erforderlich sind, und unternimmt dabei angemessene Anstrengungen. Der (die) teilnehmende(n) Mitgliedstaat(en) kann (können) bei der Abwehr von Ansprüchen Dritter gegebenenfalls durch seinen (ihre) eigenen Rechtsbeistand(e) weiter mitwirken.[…] Über die Zahlung der Anwaltskosten und den Austausch von Informationen erhält die Bundesrepublik Deutschland einen Helikopterview über alle laufenden außergerichtlichen und gerichtlichen Verfahren von Impfgeschädigten und kann dadurch mit auf der Zeitachse und auch sonst die Verfahren mit steuern.“

Ob diesen „angemessenen Anstrengungen“ der Bundesregierung irgendwelche Grenzen gesetzt sind, ist unklar: Laut „Welt“ will das Bundesgesundheitsministerium (BMG) keinerlei Angaben darüber machen, beruft sich auf die „vertragliche Vertraulichkeit“.

Lauterbachs Ministerium sieht keinen Interessenkonflikt

Andererseits hatte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) noch am 12. März 2023 im „heute journal“ des ZDF versprochen, den Impfgeschädigten finanziell zur Seite zu stehen. Er wolle so schnell wie möglich ein Programm zur Unterstützung der Betroffenen auf den Weg bringen, sagte er damals.

Seitdem hat man nicht mehr viel davon gehört: Auch die „Welt“ konnte dem BMG eigenen Angaben zufolge keine eindeutige Antwort zum Stand der Dinge entlocken. Die Hersteller hätten entsprechende Fragen gar nicht erst beantwortet.

Nach Angaben der „Welt“ sehe das BMG aber gleichwohl keinen Interessenkonflikt: Falls ein Richter eine Schadenersatzforderung per Zivilklage als begründet und rechtens beurteile, müsse „auf der Grundlage des geltenden Rechts“ ja gezahlt werden. Nur eben nicht vom Impfstoffhersteller. Sondern vom öffentlichen Haushalt.

Lauterbach hofft auf freiwillige Unterstützung durch die Pharmariesen

Bei „Versorgungsansprüchen“ – also Hilfen aufgrund einer Erwerbsminderung oder -unfähigkeit – stünden ohnehin die Bundesländer in der Pflicht, so das BMG. Dies sei auch „besser“ so, hatte Lauterbach im ZDF betont. Doch die Länder erkennen COVID-19-Impfschäden in der Regel nicht an; die Beweislast eines Impfschadens liegt bekanntlich beim klagenden Patienten.

Lauterbach hatte es als „mehr als eine gute Geste“ bezeichnet, wenn sich die Pharmakonzerne freiwillig an Entschädigungen für Opfer von Corona-Impfschäden beteiligen würden, denn ihre Gewinne seien schließlich „exorbitant“.

„Problematische Doppelrolle“

„Der Staat nimmt in den COVID-19-Prozessen eine Doppelrolle ein, die problematisch ist“, meint der Rechtsanwalt Joachim Cäsar-Preller. Er führt mit seiner Kanzlei in Wiesbaden etwa 100 Klagen vermeintlicher Impfschadensopfer, darunter ist auch der Kläger von Rottweil.

Nur die ebenfalls auf das Thema spezialisierte Düsseldorfer Anwaltskanzlei „Rogert & Ulbrich“ vertritt laut „corona-blog.net“ mit etwa 250 Klagefällen und 1.400 Verfahren noch weit mehr vermeintlich impfgeschädigte Klienten. Deren Beistand Tobias Ulbrich sieht laut „Welt“ ebenfalls ein Ungleichgewicht zulasten seiner Klienten:

Die Hersteller haben aufgrund der staatlichen Bezahlung ihrer Anwälte nicht das geringste Interesse, einen Vergleich zu schließen.“

Noch keine Nachricht aus Hamburg

Ulbrich vertritt zusammen mit seinem Kanzleipartner Marco Rogert unter anderem jene Medizinerin, deren mündliche Verhandlung gegen BioNTech am 12. Juni im Hamburg hätte beginnen sollen. Sein Befangenheitsantrag, der zur Verschiebung des Prozessauftaktes geführt hatte, hätte laut „corona-blog.net“ dazu führen sollen, dass nicht ein einzelner Richter, sondern eine „mit drei Berufsrichtern besetzten und außerdem auf sogenannte Heilbehandlungssachen zuständige Kammer“ sich der Angelegenheit annehmen würde. Ulbrich selbst hatte auf Twitter darüber berichtet.

Doch auch nach drei Wochen liegt noch keine offizielle Pressemitteilung des Landgerichts der Hansestadt darüber vor, wie und wann es weitergehen soll. Die Pressestelle der Hamburger Justiz hatte der Epoch Times schon Mitte Juni mitgeteilt, eine Meldung veröffentlichen zu wollen, sobald man mehr wisse.

„Unabhängigkeit der Justizverwaltung?“

Ulbrich nutzte die Zeit seit der Absage des Prozessauftaktes, um unter anderem seine Sicht der Dinge auf seinem umfangreichen Twitterkanal darzulegen. Seinen bereits erwähnten Tweet vom 15. Juni beginnt er mit einer Grundsatzkritik zur Frage, ob oder inwiefern die Justizverwaltung in Deutschland überhaupt noch als „unabhängig“ angesehen werden könne. Diese Art Gewaltenteilung existiert seiner Meinung nach de facto längst nicht mehr.

Nach Ansicht Ulbrichs sei die Justizverwaltung vielmehr „nach wie vor Teil der Exekutivverwaltung“. „Nicht umsonst handelt es sich bei der Leitung von Gerichten um politisch besetzte Posten“, gab Ulbrich zu bedenken.

Drei Gewalten in einer Person möglich

So sei es in Deutschland möglich, dass beispielsweise ein Landesjustizminister (Exekutive) zugleich ein Parlamentsmandat (Legislative) besitze. Als Landesjustizminister könne er aber einem „Richter [Judikative], der unliebsame Entscheidungen trifft oder gern gesehene Entscheidungen treffen soll, über die dienstrechtliche Schiene im Rahmen der Exekutivverwaltung Beine“ machen – etwa per Versetzungsanordnung an einen anderen Dienstort.

Diese Macht im Rücken, solle es schon „vorgekommen sein, so wird gemunkelt, dass Präsidenten von Landgerichten und/oder Oberlandesgerichten in Einzelgesprächen dem jeweils in der Sache agierenden Richter mitgeteilt haben sollen, was die Erwartung der Justizverwaltung sei“, schreibt Ulbrich.



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