Lucenti legt nach: Über die mutmaßlichen Versäumnisse des Paul-Ehrlich-Instituts

Die Antworten des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI) auf ein Epoch-Times-Interview zur „COVID-19-Impfsurveillance“ von Mitte April haben den Rechtsanwalt Sebastian Lucenti nicht überzeugt. In einem brandneuen Text legt er die Gründe dar. Exklusiv bei der Epoch Times.
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach legt bei einem Besuch in einem Impfzentrum in Schwerin selbst Hand an und impft einen Jugendlichen gegen Corona.
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach legt bei einem Besuch in einem Impfzentrum in Schwerin selbst Hand an und impft einen Jugendlichen gegen Corona.Foto: Jens Büttner/dpa Pool/dpa
Von 16. Mai 2023

Vor gut einem Monat hatte die Epoch Times über zwei Artikel des Rechtsanwalts Sebastian Lucenti berichtet, die im März 2023 in der „Neue[n] Zeitschrift für Verwaltungsrecht“ (NVwZ) erschienenen waren. Sie setzten sich kritisch mit den Rechtsgrundlagen der Corona-Maßnahmen auseinander. Besonders das Paul-Ehrlich-Institut (PEI), das in Deutschland für die ständige Überprüfung von Impfstoffen (Impfsurveillance) zuständig ist, kam dabei nicht gut weg. Das PEI wies die Vorwürfe Lucentis auf Anfrage der Epoch Times wenige Tage später erwartungsgemäß zurück.

Replik zur PEI-Stellungnahme

Der Artikel, in dem die Epoch Times die Antworten des PEI unkommentiert veröffentlichte, veranlasste Lucenti, erneut in die Tasten greifen. Er stellte der Epoch Times seinen jüngsten Text exklusiv zur Verfügung, in dem er die PEI-Stellungnahme von Mitte April erneut einer kritischen Analyse unterzog.

Nach Auffassung Lucentis ist der Standpunkt des PEI, nach dem das passive „Spontanmeldesystem“ zu Verdachtsfällen von Impfstoffnebenwirkungen, -schäden und -todesfällen aufgrund der gesetzlichen Meldeverpflichtung nach Paragraph 6, Absatz 1, Nummer 3 des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) verlässliche Zahlen liefert, nicht haltbar.

Meldehindernis „Interessenkollision“

Der Jurist sieht im Gegenteil „erhebliche strukturell angelegte Meldehindernisse“, über die unter anderem das „Ärzteblatt“ bereits 2016 berichtet habe. Sogar das „Bulletin zur Arzneimittelsicherheit“ (Seite 30) des PEI selbst sei noch im März 2017 offiziell von einem „Underreporting“, also einer Untererfassung bei Impfnebenwirkungen ausgegangen: Die Meldungen über alle „unerwünschte Arzneimittelwirkungen“ (UAW) entsprächen wahrscheinlich nur sechs Prozent der tatsächlichen Fälle, hieß es damals. Bei „schweren UAW“ würden wohl nur „fünf bis zehn Prozent“ beim PEI ankommen.

Der Hauptgrund liegt für Lucenti auf der Hand: Für „impfende Personen“ würde eine lückenlose Meldung all ihrer späteren UAW-Verdachtsfälle einen „vergütungslosen Zeitaufwand“ bedeuten. In vielen Impfpraxen, -zentren oder -bussen, so Lucenti, sei die Spritze aber sehr schnell bei sehr vielen Menschen gesetzt worden – auch wegen des politischen Drucks der Impfkampagne und wohl auch aus finanziellen Gründen.

Hier sehe er eine klare „Interessenkollision“: Welcher Impfarzt würde sich nun dem Risiko aussetzen, zivil- oder strafrechtliche Konsequenzen tragen zu müssen, wenn herauskäme, dass er die Unterschriften für die COVID-19-Impfeinwilligungen seiner (geschädigten) Patienten eingeholt hatte, ohne den „weitreichenden Aufklärungspflichten aus §§ 630e I, II BGB“ genügt zu haben?

Aufklärungsgespräche kaum mit notwendiger Detailtiefe

Aus einem Fernsehbeitrag der ARD-Sendung „Monitor“ vom Januar 2022 lasse sich eine durchschnittliche Aufklärungsgesprächsdauer von „nur 4 Minuten“ errechnen, dafür aber einen „Umsatz von mehr als 250.000,00 €“, und zwar in einem Monat in einer einzigen Praxis. Lucenti:

Vor diesem Gesamthintergrund ist es realitätsfern anzunehmen, dass Patienten, die Ärzten in Hausarztpraxen, eingerichteten Impfpraxen oder Impfzentren im Nachgang von Beschwerden im zeitlichen Zusammenhang mit ihrer COVID-Impfung berichten, von impfenden Ärzten regelmäßig unparteiisch über einen möglichen Zusammenhang zwischen den multiplen Krankheitsbildern und den ihnen verabreichten COVID-Injektion aufgeklärt werden und anschließend dem PEI zeitaufwändig melden.“

An all dem ändere auch die Tatsache nichts, dass auch für die Betroffenen selbst oder deren Angehörige ein Meldeportal (www.nebenwirkungen.bund.de) existiere, wie das PEI betont.

Lucenti geht davon aus, dass die Dunkelziffer nicht gemeldeter UAW „im Falle der COVID-19 Impfstoffe“ wahrscheinlich „bei über ca. 90% liegen“. In Wahrheit also zehn Mal so viele Menschen betroffen sein könnten wie offiziell verlautbart.

Die Zahl der Verdachtsfälle wegen schwerwiegender unerwünschter Reaktionen bis zum 30. Juni 2022 hatte das PEI in seinem eigenen Sicherheitsbericht vom 7. September 2022 (PDF) nicht absolut, sondern nur prozentual angegeben: Im Bericht war lediglich von „0,3 Prozent pro 1000 Impfdosen“ zu lesen, nicht aber die absolute Zahl von 46.703 Fällen. Diese Informationspraxis hält Lucenti für „intransparent“.

Wenig Interesse an Sachzusammenhängen

Noch schwerwiegender erscheint Lucenti, dass das PEI nach seiner Interpretation nur ein geringes Interesse daran habe, den „Sachzusammenhang“ aufzuklären, der hinter der „Diskrepanz der Zahl der abgerechneten und codierten Krankenkassenabrechnungsdaten und den vom PEI erfassten Verdachtsfällen für schwere bis tödliche verlaufende Impfschäden“ stehen könnte. Darauf hatte auch der Datenanalyst Tom Lausen immer wieder hingewiesen.

Dabei blende das PEI schlicht „den gesetzlichen Auftrag aus § 13 V IfSG aus“, meint Lucenti. Dieser begründe nämlich keineswegs nur das Recht, „Abrechnungsdaten grundsätzlich für zusätzliche Auswertungen im Rahmen der Überwachung der Arzneimittelsicherheit zu erhalten und zu verwenden“, wie das PEI gegenüber der Epoch Times argumentiert hatte, sondern sei durchaus verpflichtend. Das gehe aus Gesetzesbegründung zur Neufassung des Paragraphen vom 3. November 2020 (Bundestagsdrucksache 19/23944, Seite 28. [PDF]) hervor. Dort heißt es:

Die Begrenzung der auf Einzelfallmeldungen basierenden Überwachung der Arzneimittelsicherheit (passiven Surveillance) soll […] mithilfe der pseudonymisierten Daten der Kassenärztlichen Vereinigungen ausgeglichen werden. Diese zusätzliche Datenbasis ist besonders wichtig bei der Einführung neuartiger Impfstoffe in den deutschen Markt sowie bei Veröffentlichung neuer Impfempfehlungen, da es bei diesen noch an breiten Erfahrungswerten fehlt.“ (Hervorhebungen: Epoch Times).

Und weiter: „Abrechnungsdaten der Ärzte sind ein wesentlicher Bestandteil der Daten, die bislang dem RKI von den Kassenärztlichen Vereinigungen für die Bewertung von Impfquoten und Effekten von Schutzimpfungen zur Verfügung gestellt werden.“ Dabei, so präzisiert die Begründung der Gesetzesänderung, müssten sogar „Informationen zum spezifisch verwendeten Impfstoff vorliegen“.

Lucenti folgert auch angesichts der Bußgeldvorschriften aus Paragraph 73 Abs. 1a Nr. 2a IfSG(b), dass das „PEI die Krankenkassendaten von Beginn der Impfkampagne an [27. Dezember 2020] fortlaufend stringent [hätte] anfordern müssen.“ Davon ist laut Lucenti aber nichts bekannt. Bußgelder in Höhe von 25.000 Euro stehen im Raum. Für jeden einzelnen Verstoß.

Wer forscht nach den Kausalzusammenhängen?

Aus Sicht Lucentis genügt es auch nicht, nur auf den Unterschied zwischen „Verdachtsfällen“ und tatsächlich als ursächlich nachgewiesenen Befunden zu verweisen, wie es das PEI vorziehe. Verdachtsfälle bloß zu zählen, könne „nur der erste Schritt für eine frühzeitige Erkennung eines relevanten Risikosignals […] für ein Arzneimittel“ sein, betont Lucenti. „Der notwendige nächste Schritt ist eine unverzügliche effiziente und evidenzbasierte Überprüfung darauf, ob ein impfbedingter Kausalzusammenhang zu dem betreffenden Krankheitsbild oder eingetretenen Todesfall besteht.“

Dazu sei von Beginn der Impfkampagne an „eine angemessene aktive unverzügliche Nachverfolgung der Verdachtsfälle insbesondere durch regelmäßige Obduktionen, eine systematisierte Auswertung der Krankenakten und Obduktionsergebnisse durch eine ausreichende Anzahl des dazu medizinisch qualifizierten Personals des PEI zwingend erforderlich gewesen“. Im Gegenteil aber hätten es das PEI und der Gesetzgeber bis heute unterlassen, „ein aktives systematisches Melde- und Nebenwirkungsmonitoring mit verwertbaren Detaildaten zu installieren, welches effizient etwaige Kausalzusammenhänge zwischen den COVID-Impfstoffen und im Nachgang auftretenden Krankheitsbildern von betroffenen Patienten erfasst, analysiert und Grundlage für ein evidenzbasiertes Risikosignal liefert.“

Zu wenig Personal? Und wenn ja: Warum?

Lucenti weist darauf hin, dass all diese Lücken auch mit dem Personalstand beim PEI zusammenhängen könnten: Vor dem Bundesverwaltungsgericht Leipzig hätten PEI-Experten Dr. Doris Oberle und Dr. Dirk Mentzer während der Beweisaufnahme zum Wehrbeschwerdeverfahren bezüglich der COVID-19-Impfduldungspflicht ausgesagt, dass sich beim PEI lediglich 13 Mitarbeiter mit der Erfassung von Impfkomplikationen beschäftigten, darunter auch Werkstudenten.

„Angesichts der immensen staatlichen Investitionsbereitschaft für Coronatests von 9,2 Mrd. Euro allein im Zeitraum von Juli 2021 bis Februar 2022 ist nicht nachvollziehbar, weshalb an dieser Stelle im Interesse des Schutzes von Leben und Gesundheit der Bevölkerung in mehr als 2 Jahren nach Start der Impfkampagne keine deutliche Personalaufstockung des PEI gefordert wurde und ausblieb“, meint Lucenti.

Lucenti kontra PEI

Die beiden Ursprungsartikel von Sebastian Lucenti sind noch immer kostenfrei im Internet verfügbar:

Die Epoch Times hat beim PEI um eine neue Stellungnahme gebeten. Sobald diese vorliegt, werden wir darüber berichten.



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