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plus-iconNeue Machtverhältnisse auf den Märkten?

Angeschlagener Dollar – kommt die Ära des Euros?

Trumps Zollpolitik könnte den Dollar in eine Vertrauenskrise stürzen – mit weitreichenden Folgen für das globale Finanzsystem. Experten sehen einen möglichen historischen Wendepunkt und warnen vor einer Erosion der Führungsrolle der USA. Ist der Euro bereit für den Aufstieg – oder kommt eine neue Währungsordnung? Eine Analyse.

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Der US-Dollar schwächelt. Ist der Euro auf dem Sprung zur Weltreservewährung?

Foto: Frank Rumpenhorst/dpa

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Lesedauer: 10 Min.

Mit der Ankündigung des großen Zollpakets Anfang April hat US-Präsident Donald Trump enorme Turbulenzen auf den Finanzmärkten ausgelöst. Was sich im Moment zwischen dem US-Dollar und dem Euro abspielt, könnte das gesamte weltweite Finanzsystem verändern.
„Wir befinden uns mitten in einem dramatischen Systemwechsel auf den Märkten“, sagte George Saravelos, globaler Leiter von FX-Research bei der Deutschen Bank, im „This is Deutsche Bank“-Podcast Anfang April. Die Sendung beschäftigte sich mit der Frage, wie die Geopolitik die Devisenmärkte beeinflusst und ob jetzt die Zeit des Euros gekommen ist.
„Angesichts der dramatischen Entwicklung der Ereignisse werden wir zunehmend besorgt, dass der Dollar Gefahr läuft, eine breitere Vertrauenskrise zu erleiden“, so Saravelos.
Und weiter:
Wir erleben einen gleichzeitigen Preisverfall aller US-Vermögenswerte, einschließlich Aktien, des Dollars gegenüber alternativen Reservewährungen und dem Anleihenmarkt. Wir betreten damit Neuland im globalen Finanzsystem.“
Trump riskiere die Rolle des Dollars als Leitwährung, so das Resümee des Analysten Saravelos.

Seit Bekanntgabe des Zollpakets stürzte der Dollar ab

Als Trump Anfang November die Präsidentenwahl in den USA gewann, geriet der Euro zunächst durch den Dollar unter Druck. Ein Euro kostete damals 1,04 Dollar. Ende September lag der Kurs für einen Euro noch bei rund 1,12 Dollar.
Spätestens nachdem Trump im April sein großes Zollpaket auf fast alle Produkte und fast alle Länder der Welt verkündet hatte, verlor der Dollar massiv an Wert. Auch Trumps spätere Ankündigung, die meisten Zölle plötzlich für 90 Tage aussetzen zu wollen, änderte nichts an der Talfahrt des Dollars. Am vergangenen Freitag fiel der Dollar zum Euro mit 1,14 Dollar auf den tiefsten Stand seit Februar 2022.

Quelle: Google Finance

Auch zu anderen wichtigen Währungen gab der Dollar nach. Zu Jahresbeginn kostete ein Dollar noch rund 157 japanische Yen. Aktuell (Stand: 21. April) liegt der Kurs bei rund 142 Yen.

Quelle: Google Finance

Sogar der russische Rubel konnte inzwischen gegenüber dem Dollar aufholen. Zu Jahresbeginn noch für 1 Dollar rund 113 Rubel. Aktuell kostet 1 Dollar rund 81 Rubel.

Quelle: Google Finance

Zweifel an der weltweiten Leitwährung

Der Dollar ist angeschlagen. Am vergangenen Donnerstag, 17. April, äußerte sich Kristalina Georgieva, geschäftsführende Direktorin des Internationalen Währungsfonds (IWF), in ihrer Rede auf der Frühjahrstagung der UN-Organisation zur Schwäche des Dollars:
„Wir möchten davor warnen, dass anhaltend hohe Unsicherheit das Risiko von Finanzmarktstress erhöht. Anfang des Monats sahen wir ungewöhnliche Bewegungen in einigen wichtigen Anleihe- und Währungsmärkten.“
Trotz „erhöhter Unsicherheit“ sei der Dollar abgewertet worden, so Georgieva weiter. Die IWF-Direktorin weiter:
„Solche Bewegungen sollten als Warnung verstanden werden. Alle leiden, wenn sich die finanziellen Bedingungen verschlechtern.“
Obwohl der Dollar in der Vergangenheit als weltweite Leitwährung in Zeiten wirtschaftlicher Verwerfung als sichere Anlage galt, haben Anleger nun offenbar das Vertrauen in die US-Währung verloren. Die aktuelle Zollpolitik der Vereinigten Staaten ist nicht der einzige Grund für den schwachen Dollar.
Ein weiteres Hemmnis für das Vertrauen ist die steigende Staatsverschuldung der USA, die laut Prognose von „Statista“ im kommenden Jahr auf fast 40 Billionen Dollar ansteigen könnte. Zum Vergleich: 2023 lag die US-Staatsverschuldung noch bei rund 32,9 Billionen Dollar.
Trump und sein Finanzminister Scott Bessent wollen den Trend der Staatsverschuldung stoppen. Unter anderem war eine der ersten Maßnahmen des Präsidenten im Januar  die Gründung der Arbeitsgruppe für staatliche Ausgabenkürzungen DOGE, die Einsparungen in der Verwaltung des Staatsapparates vornehmen soll.
Der Staatsverschuldung wirksam entgegenzutreten, wird für die Regierung Trump aber ein schwieriges Unterfangen, da nicht nur der Dollar schwächelt, sondern auch die US-Staatsanleihen (Treasuries). Investoren trennten sich in den vergangenen Wochen insbesondere von Zinspapieren mit 10-jähriger und 30-jähriger Laufzeit. Zeitweise lag die Rendite für 10-jährige Bonds Mitte April bei 4,5 Prozent. Bei den 30-jährigen schnellte sie sogar kurzweilig auf über 5 Prozent. Flüchten Anleger aus den Anleihen, steigen im Gegenzug die Renditen für die verbleibenden Anleger.
Für die US-Regierung sind diese steigenden Renditen dann in erster Linie zusätzliche finanzielle Belastungen. Es droht eine gefährliche Spirale: Steigende Rendite führt zu einem noch höheren Staatsdefizit. Das höhere Staatsdefizit führt zu weniger Vertrauen der Anleger in die US-Regierung, und sie flüchten aus den Staatsanleihen. Das führt wiederum zu höheren Renditen, und die Staatsverschuldung steigt weiter.

Sicheres europäisches Anlageinstrument fehlt

In der Vergangenheit ignorierte der Markt diese Mechanismen, weil er der US-Regierung vertraute. Dieses Vertrauen ist offensichtlich erschüttert. Damit steht die Frage im Raum: Könnte der Euro den Dollar als Weltwährung ersetzen?
Für Prof. Dr. Lukas Menkhoff, der bis 2023 die Abteilung Weltwirtschaft am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin leitete, hat der Euro durchaus Potenzial, als Weltwährung eine bedeutendere Rolle zu spielen, wie er gegenüber der Epoch Times sagte. Dafür spreche nicht nur das ökonomische Gewicht des Euroraums, sondern auch „das vergleichsweise verlässliche Agieren Europas in den internationalen Wirtschaftsbeziehungen“. Diese Stabilität verschaffe dem Euro Glaubwürdigkeit auf den globalen Märkten.

Allerdings stünden auch gewichtige Argumente dagegen. Vor allem das „geringere politische und militärische Gewicht Europas“ im Vergleich zu anderen Großmächten bremse das Vertrauen in den Euro als globale Leitwährung. Hinzu komme, so Menkhoff, dass die europäischen Finanzmärkte weniger tief entwickelt seien. Ein zentrales Problem sei dabei das Fehlen eines gesamteuropäischen sicheren Anlageinstruments, eines sogenannten Safe Assets.

Ein Safe Asset ist ein Vermögenswert, der in wirtschaftlich unsicheren Zeiten oder bei Turbulenzen auf Finanzmärkten als besonders sicher und zuverlässig gilt. Investoren gehen davon aus, dass dieser Vermögenswert wertstabil bleibt, nicht ausfällt und leicht handelbar ist – auch in Krisenzeiten. Die USA haben mit ihren US-Staatsanleihen ein global anerkanntes Safe Asset. Auch Länder wie Deutschland bieten als Einzelemittenten sichere Anleihen. Der Euroraum hat solche Anleihen allerdings nicht.

Menkhoff sieht auch noch eine weitere Hürde, die gegen den Euro als weltweite Leitwährung spricht: London als der größte europäische Finanzplatz liegt außerhalb des Euroraums, was die finanzielle Schlagkraft des Euro zusätzlich schwäche.

Der Wechsel einer Leitwährung, so sagt der Volkswirtschaftler, sei ein „träger Prozess mit einem rapiden Umschwung“.

„Das disruptive und schwer berechenbare Handeln der US-Regierung schwächt den US-Dollar als Weltwährung schon heute“, so Menkhoff. Zwar sei „sein Status meines Erachtens nicht in Gefahr“, doch diese Einschätzung könne sich ändern. Der Euro wird in einem solchen Fall wohl nicht automatisch die Nachfolge antreten: „Es wird eine andere Art der Ordnung sein“, so die Einschätzung des Wirtschaftsprofessors.

Investoren suchen Alternativen zum Dollar

Für Prof. Dr. Bernd Kempa, Direktor des Instituts für Internationale Ökonomie der Universität Münster, ist es eher unwahrscheinlich, dass der Euro den Dollar als Leitwährung ersetzen kann.

Das Vertrauen internationaler Investoren in die amerikanischen Anlagemärkte sieht Kempa im Moment als erschüttert an. „Die erratische Zollpolitik der Trump-Administration sowie der von dieser diskutierte sogenannte ‚Mar-a-Lago-Accord‘, einer Zwangsumwandlung von US-Staatsanleihen im Besitz ausländischer Gläubiger in solche mit langen Laufzeiten und niedriger oder gar keiner Verzinsung, sind nur zwei Aspekte“, so Kempa gegenüber der Epoch Times.

„Diese Politik hat bereits zu deutlich verringerten Finanzströmen in die USA und einer Schwächung des US-Dollars geführt“, so der Professor weiter. Es sei daher damit zu rechnen, dass internationale Investoren „zukünftig verstärkt nach alternativen Anlagemöglichkeiten im Rest der Welt Ausschau halten werden“. Davon werde der Euroraum profitieren.

„Allerdings bremst die immer noch nicht vollendete europäische Kapitalmarktintegration mit ihren weiterhin bestehenden Unterschieden in der Finanzmarktregulierung, insbesondere beim Insolvenzrecht, den Kapitalfluss in den Euroraum“, so der Volkswirt, dessen Forschungsschwerpunkt unter anderem die Geldpolitik ist.

Kempa prognostiziert, dass Investoren ihr Geld daher verstärkt in anderen Finanzmärkten anlegen werden. Hier sieht der Professor vor allem den asiatischen Raum für Investoren interessant.

„Es ist somit unwahrscheinlich, dass der Euro den Dollar als Haupttransaktions- und Reservewährung ersetzen wird“, so das Urteil Kempas. Vielmehr werde es zu „einer größeren Diversifikation der Nutzung unterschiedlicher Währungen kommen“. Neben Dollar und Euro sind das für Kempa vor allem auch der chinesische Yuan.

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