80 Tonnen schwerer Kelte am Haken: Archäologen bergen Prunkgrab in Baden-Württemberg

In Baden-Württemberg haben Archäologen bei Herbertingen ein frühkeltisches Prunkgrab in einem aufwendigen und spektakulären Block geborgen. Die Forscher versprechen sich nun neue Erkenntnisse zu den frühen Kelten in Deutschland vor etwa 2.500 Jahren.
Prunkgrab hängt an zwei Kränen
Kräne heben das im Block geborgene frühkeltische Prunkgrab in Baden-Württemberg zur Umlagerung an.Foto: Christoph Steffen/Markus Steffen
Von 8. Oktober 2020

Zwei Schwerlastkräne hoben das gesamte Prunkgrab am Dienstag im Block, wie das Wirtschaftsministerium in Stuttgart mitteilte. Der etwa acht mal sechs Meter große Block hat ein Gewicht von etwa 80 Tonnen.

Nun wurde der Block zur weiteren Untersuchung in die Labore des Landesamts für Denkmalpflege Baden-Württemberg gebracht. Hier wollen ihn Archäologen, Restauratoren und Naturwissenschaftlern in den nächsten Jahren untersuchen. Außerdem versprechen sich die Experten davon neue Erkenntnisse zur Geschichte und Kultur der frühen Kelten des 7. bis 5. Jahrhunderts vor Christus.

„Der neueste Fund – ein außergewöhnlich großes und aufwendig gestaltetes Holzkammergrab aus dem 6. Jahrhundert vor Christus – verspricht weitere spannende Erkenntnisse. Erste Fundstücke aus Gold und Bernstein lassen erahnen, dass in dem Grab eine bedeutende Persönlichkeit bestattet liegt“, sagte Staatssekretärin Katrin Schütz.

Prunkgrab von oben

Ein Blick auf die Ausgrabung von oben. Innerhalb des hellen Kiesringes ist die Grabkammer zu sehen. Foto: Landesamt für Denkmalpflege im Regierungspräsidium Stuttgart, Michael Lingnau

Hölzerne Grabkammer und organische Materialien teilweise erhalten

Seit 2019 untersuchten Archäologen die Fundstätte des prunkvollen keltischen Großgrabhügels. Erste Untersuchungen im Hügelbereich hatten ergeben, dass die Hölzer der Grabkammer und auch Grabbeigaben aus organischen Materialien teilweise noch erhalten sind. Dies kommt nach Aussage der Forscher äußerst selten vor.

Allerdings nehmen die wissenschaftlich wertvollen Objekte durch die Trockenheit der vergangenen Jahre Schaden. Um den Zerstörungsprozess zu stoppen und das Grab sorgfältiger untersuchen zu können, fiel die Entscheidung auf eine aufwendige Bergung im Block.

Prunkgrab Bergung im Block

Die Blockbergung des frühkeltischen Prunkgrabes nahe der Heuneburg. Foto: Andreas Dubslaff / Felix Pilz

Den Hinweis auf hier bestattete, bedeutende keltische Persönlichkeiten lieferten bereits die ersten Funde. Darunter befinden sich Grabbeigaben aus Gold und Bernstein – äußerst wertvolle Materialien in der Vorgeschichte.

Bereits 2005 und 2010 entdeckten Archäologen nur hundert Meter entfernt die Gräber einer vornehmen keltischen Dame (bekannt als „Fürstin vom Bettelbühl“) und eines etwa dreijährigen Mädchens, die mit außergewöhnlich reichen Beigaben bestattet waren. Doch vor allem auch die Lage des Grabes lässt die Forscher besonders neugierig werden.

Beigabe aus Prunkgrab

Bronzeobjekt in originaler Fundlage. Erste Vergleiche lassen auf den Bestandteil eines Wagens schließen. Foto: Landesamt für Denkmalpflege im Regierungspräsidium Stuttgart, Michael Lingnau

Älteste Stadt nördlich der Alpen liegt neben Prunkgrab

So befindet sich das Prunkgrab nahe der Heuneburg, einem als Fürstensitz interpretierten Fundort im Landkreis Sigmaringen. Die Heuneburg gilt aufgrund ihrer Bauweise in einer Oberstadt mit Vorburg und einer mächtigen Mauer mit 18 Türmen als älteste Stadt nördlich der Alpen. Das macht sie zu einer der bedeutendsten prähistorischen Fundstätten Mitteleuropas.

Ihr besonderes Kennzeichen ist ihre weiße Lehmziegelmauer, welche die rund drei Hektar große und dicht bebaute Oberstadt umschließt. Diese Art von Mauerwerk ist einmalig nördlich der Alpen und für gewöhnlich nur im mediterranen Raum zu finden. Unterhalb der Oberstadt schloss sich zudem eine halb so große Vorburg an, welcher Gräben, Wall und Palisaden Schutz boten. Eine noch viel größere Fläche nahm jedoch die umliegende Siedlung mit ihren fast 100 Hektar ein.

Heuneburg nahe Prunkgrab

Die keltische Heuneburg aus der Luft: Sie gilt als die älteste Stadt nördlich der Alpen. Foto: Staatliche Schlösser und Gärten Baden-Württemberg, Günther Bayerl

Außerdem befand sich der Fürstensitz an einem idealen Handelsnetz, welcher über die Donau bis zum Schwarzen Meer, über Rhein und Neckar in den Norden und über die Alpenpässe in den mediterranen Raum führten. Auf diese Weise gelangten wertvolle Waren wie Gold, Bernstein, Wein oder edle griechische Keramik zur Heuneburg.

Die Archäologen wollen nun herausfinden, wer diese prunkvoll bestatteten Personen waren und in welcher Beziehung sie zueinander standen. So könnte es sich laut den Forschern um Mitglieder der führenden Familien handeln, die um 600 vor Christus das Sagen auf der Heuneburg hatten.

(Mit Material von afp und des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau Baden-Württemberg)



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