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plus-icon„Erster großer Blackout im Ökostromzeitalter“

Zu viel Solarstrom als Auslöser für Mega-Stromausfall in Spanien – oder hat Portugal dazu beigetragen?

Es kursieren viele Spekulationen zur Ursache des großflächigen Stromausfalls Ende April auf der iberischen Halbinsel. Der spanische Netzbetreiber Red Eléctrica hält eine „erneuerbare“ Stromquelle als Auslöser für „sehr wahrscheinlich“. Kaum Beachtung finden hingegen außergewöhnliche Stromdaten aus Portugal – Stunden vor dem eigentlichen Blackout.

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Photovoltaikanlagen in der Wüste Tabernas in Almeria, Südspanien. Eine Überproduktion von Solarstrom steht im Verdacht, den Stromausfall vom 28. April 2025 in Westeuropa verursacht zu haben.

Foto: Nachteule/iStock

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Lesedauer: 14 Min.

Ein Cyberangriff, ein atmosphärisches Phänomen oder einfach eine technische Störung? Nach dem massiven Stromausfall in Spanien, Portugal und Teilen Frankreichs am Montag, 28. April, kursierten zunächst mehrere Vermutungen über die Ursache dieses weitreichenden, stundenlangen Totalausfalls. Das wahrscheinlichste Problem blieb aber zunächst unerwähnt.
Insgesamt waren rund 58 Millionen Menschen von dem Stromausfall ab Mittag direkt betroffen. Die arbeitende Bevölkerung musste überwiegend eine unfreiwillige Auszeit einlegen. In den Stunden nach dem Blackout fuhren die Energieversorger das Netz langsam wieder hoch: Kraftwerk für Kraftwerk, Region für Region.

Stromausfall ohne Auswirkungen auf Deutschland?

Der Bloomberg-Journalist Javier Blas bezeichnete den iberischen Stromausfall als den „ersten großen Blackout im Ökostromzeitalter“. Seiner Ansicht nach waren in der fossilen Energie-Ära „Kohlekraftwerke das Rückgrat des Stromnetzes“. Auch hier habe es viele Stromausfälle gegeben. Weiter teilte er mit: „Aus den Ereignissen in Spanien wird man lernen, und die Netze werden überall verstärkt.“
Auch aus Deutschland ist das Interesse groß. Vonseiten der deutschen Bundesregierung hieß es dazu: Die Stromversorgung in Deutschland ist erst einmal stabil. Das Ereignis auf der iberischen Halbinsel hat bisher „keine relevanten Auswirkungen“ auf die Netz- und Versorgungssicherheit in Deutschland gehabt und wird auch keine weiteren Auswirkungen haben. Alle Gründe, die derzeit bezüglich des Stromausfalls auf der iberischen Halbinsel öffentlich genannt werden, seien reine Spekulationen.
Einen großflächigen, lang anhaltenden Blackout im vergleichbaren Ausmaß stufte die Regierungssprecherin Luisa-Maria Spoo als „sehr unwahrscheinlich“ ein. Das liege an „unserem redundant aufgebauten Energieversorgungssystem“ mit mehrfachen und alternativen Strukturen und Kraftwerken, die in einem solchen Fall als Sicherungsmechanismen fungieren würden. Wichtig ist hier zu erwähnen: Auch Spaniens Stromnetz ist nach diesem Prinzip aufgebaut.

Ursachensuche dauert noch „viele Tage“

Indes dauert die Suche nach der Ursache für den massiven Stromausfall auf der iberischen Halbinsel an und werde nach Angaben der spanischen Umweltministerin Sara Aeegesen noch Tage dauern. „Wir sprechen von vielen Tagen“, so Aeegesen am Sonntag, 4. Mai, gegenüber der Zeitung „El País“. Die Untersuchungen liefen weiterhin in allen Richtungen.
Auf mehrere Nachfragen hin räumte Aeegesen ein, dass der Stromausfall auch durch eine Panne im Photovoltaik-Netz in Südwestspanien ausgelöst worden sein konnte. „Bis heute wissen wir nicht, welche Teile des Systems aufgehört haben zu funktionieren“, sagte sie. Es sei voreilig, die erneuerbaren Energien für den Stromausfall verantwortlich zu machen, fügte sie hinzu. Die verfügbaren Stromdaten lassen indes kaum einen anderen Schluss zu.

Erste Spekulationen widerlegt

Zunächst war von einem Cyber- oder Hackerangriff die Rede, der auf die Netzsteuerung des spanischen Übertragungsnetzbetreibers Red Eléctrica (REE) abgezielt haben könnte. REE-Chef Eduardo Prieto schloss diese Option als mögliche Ursache jedoch bereits am Folgetag bei einer Pressekonferenz aus.
Der portugiesische Netzbetreiber REN vermutete hingegen laut „Zeit“, dass ein „seltenes atmosphärisches Phänomen“ den Netzkollaps ausgelöst habe. Das könnten anomale Schwingungen in Hochspannungsleitungen aufgrund extremer Temperaturschwankungen oder ein starker Sonnensturm sein. Der spanische Faktencheck „Verificat“ stufte erstere Einschätzung später als falsch ein. Auch ein starker Sonnensturm kann nach Aufzeichnungen der NOAA, der US-Behörde für Ozeanografie, Meteorologie und Klima, ausgeschlossen werden.

Zu viel Solarstrom im Netz?

Ein Tag nach dem Stromausfall erwähnte REE eine weitere mögliche Ursache, wie aus einer Notiz des von Blas nach einer Pressekonferenz des Netzbetreibers hervorgeht. Darin steht:
„Um 12:33 Uhr kommt es im spanischen Stromnetz zu einem ‚Ereignis‘, das einem Stromausfall im Südwesten des Landes gleichkommt. Es war ‚sehr wahrscheinlich‘, dass es sich bei der betroffenen Erzeugung um ‚Solarstrom‘ handele, aber die Netzbetreiber könnten dies noch nicht mit Sicherheit sagen.“
Gegenüber der Presse erklärte Prieto, dass es einen enormen Verlust bei der Stromerzeugung im Südwesten Spaniens gegeben habe. Deswegen sei das Stromnetz instabil geworden, weshalb es zu einer Trennung vom französischen Stromnetz gekommen sei. Als der Strom zur genannten Mittagszeit ausfiel, stammten laut des REE-Chefs 59 Prozent des in Spanien erzeugten Stroms von Solaranlagen.
Der Blick auf die spanischen Stromdaten durch das Fraunhofer-Institut für solare Energiesysteme ISE bestätigt Prietos Aussage. Demnach hat die Stromerzeugung durch Photovoltaik mit 19,3 Gigawatt (GW) von insgesamt 32,4 GW klar dominiert. Allerdings haben die Spanier um 12:30 Uhr nur 25,2 GW an Leistung benötigt. Somit schwebte eine Überproduktion von rund 7,2 GW über dem sonnenverwöhnten Land.

Die Stromproduktion in Spanien von Montag bis Freitagnachmittag im KW 18 2025. Kurz vor dem Blackout erzeugten alle Kraftwerke des Landes insgesamt rund 7,2 GW mehr als für den Strombedarf nötig waren.

Laut den Daten stürzte die Last im spanischen Stromnetz um 12:33 Uhr MESZ von 25,3 GW auf 10,5 GW. Hierzu teilte REE jedoch mit, dass die Daten etwa diese Werte anzeigen, „aber das Netz gab am Dienstag bekannt, dass der tatsächliche Wert auf null gesunken war“. Somit war offenbar ganz Spanien komplett ohne Strom.

Unterfrequenz trotz Überproduktion?

Physikalisch bedingt müssen Erzeugung und Verbrauch möglichst gleich sein, damit die Netzfrequenz konstant bei 50 Hertz (Hz) bleibt – und das in jeder einzelnen Sekunde. Zu wenig Strom senkt die Netzfrequenz, während eine Stromüberproduktion die Frequenz anhebt. Kritisch wird es bereits, wenn die Frequenz unter 49,8 Hz fällt oder über 50,2 Hz steigt.
Zum Zeitpunkt des iberischen Stromausfalls war die europaweite Netzfrequenz entgegen der Erwartung jedoch nicht erhöht. Im Gegenteil: Sie sank bis auf 49,84 Hz. Anschließend schafften es die Netzbetreiber, sie wieder in Richtung der 50-Hz-Marke zu bewegen.
Die Netzfrequenz sank deswegen, weil in Spanien plötzlich die (Über-)Stromproduktion wegfiel, auf die sich das europäische Verbundnetz eingestellt hatte. Somit brach Spaniens Export weg und im verbleibenden Netz fehlte dieser Strom.

Brach Portugal zuerst zusammen?

Doch was hat diese Netzkapriolen verursacht? Zu erwähnen ist hier, dass einige Stunden vor dem spanischen Blackout auch schon der Nachbar Portugal mit zu viel Strom zu kämpfen hatte.
Um 8 Uhr MESZ lieferten dort vor allem Wind- und Wasserkraftwerke hohe Energiemengen. Diese waren so groß, dass die Gesamtstromerzeugung mit 7,4 GW deutlich über dem Strombedarf (5,3 GW) der portugiesischen Bevölkerung lag.
Anschließend begann die Erzeugung durch Wind- und Wasserkraft deutlich zu fallen. Möglicherweise hat der portugiesische Netzbetreiber versucht, die hohen Leistungen abzuregeln.
Eine weitere Maßnahme, den Überschussstrom zu verbrauchen, sind Pumpspeicherkraftwerke. Diese können mit überschüssigem Strom ihren Stromerzeugungsprozess praktisch umkehren und Wasser in ein höhergelegenes Reservoir pumpen.
Bis 11 Uhr MESZ (10 Uhr Ortszeit) war jedoch die maximale Aufnahmekapazität der Pumpspeicheranlagen erreicht – sprich: Sie waren voll – und konnten kein Wasser mehr aufnehmen und damit keinen Strom mehr verbrauchen. Im Netz befand sich daraufhin zu viel Strom, was das Netz wohl destabilisierte und schließlich zu einem unkontrollierten Leistungsabfall führte. Bis 12 Uhr sank die Erzeugung aus Windkraft auf null, die Wasserkraft kurz danach. Auch andere Kraftwerke fielen dann auf praktisch null.

Die Stromerzeugung von Portugal in KW 18. Am Montagmorgen gegen 8 Uhr MESZ sank die Stromproduktion und gegen 11 Uhr fiel die (schwarze) Lastkurve gegen null.

Zwischen 11 und 12 Uhr fiel dann in Portugal auch die Last von gut 5,7 GW bis auf 0,0 GW ab – ein landesweiter Stromausfall. Somit konnte aber auch Spanien keinen Strom mehr nach Portugal exportieren.

Ungewöhnliche Zickzack-Bewegung

Da Portugal mit Spanien jedoch nur einen Nachbarn hat und dieser vor dem Blackout selbst schon zu viel Strom erzeugte, stellte der Stromhandel nur bedingt eine Lösung dar. Fügt man den spanischen Stromdaten den grenzüberschreitenden Stromhandel hinzu, erscheint plötzlich eine Zickzack-Bewegung, die rund drei Stunden vor dem Stromausfall einsetzte. – Das passt zu den Ereignissen in Portugal.

Vor dem Stromausfall gab es eine Zickzack-Bewegung beim grenzüberschreitenden Stromhandel.

Es deutet darauf hin, dass die Übertragungsnetzbetreiber der beiden Länder an diesem Vormittag offenbar ausgiebig versucht haben, die überschüssigen Leistungen durch die „erneuerbaren“ Energieträger bestmöglich zu „entsorgen“.
Problematisch wurde es, als die Entsorgungsmöglichkeiten in Portugal erschöpft waren. Hinzu kam ein Problem mit der Stromabfuhr nach Frankreich. Aufgrund der Instabilität des iberischen Stromnetzes kam es zu einer Unterbrechung der Grenzverbindungsleitungen zu dem nordöstlichen Nachbarland. Normalerweise könnten hier bis zu 2,5 GW abfließen, doch diese Kapazität fiel am Montagmittag weg.
Die dritte Grenzhandelsmöglichkeit von Spanien ist im Süden mit Marokko. Doch hier liegt die Kapazität bei maximal rund 1,3 GW, was für die vorhandenen Strommengen nicht ausreichte.
Möglicherweise haben es die iberischen Energieversorger an jenem Vormittag auch schon mit Brownouts versucht, also kontrollierte Abschaltungen bestimmter Regionen mit – in diesem Fall – zu hoher Stromproduktion. Doch trotz aller Bemühungen brach ab 12:33 Uhr das iberische Stromsystem völlig zusammen.

Dämpfer für die Energiewende?

So wie viele Länder treibt auch Spanien eifrig seine Energiewende voran, wobei insbesondere der Ausbau von Solar- und Windkraftanlagen im Fokus steht. Erst vor rund zwei Wochen verkündete Red Eléctrica, dass „erneuerbare“ Energiequellen am 16. April 2025 zum ersten Mal den gesamten Strombedarf des Landes, also zu mindestens 100 Prozent, abgedeckt haben. Am darauffolgenden Tag stieg dieser Wert noch weiter an – auf bis zu 120 Prozent.
Dass nicht einmal einen halben Monat später ebendiese Stromquellen einen länderübergreifenden Blackout verursacht haben sollen, könnte das Ansehen der Erneuerbaren trüben. Zumal es in jüngster Vergangenheit viele Warnungen gab – sowohl von Kritikern der Energiewende als auch zunehmend von Unternehmen und Netzakteuren. Auch REE selbst hatte bereits im Februar dieses Jahres im aktuellen Jahresbericht vor einer Überlastung der Stromnetze gewarnt.
Interessant ist zudem die Tatsache, dass viele Medien – trotz der Stromdaten und der Einschätzung von REE – die Erneuerbaren nur zögerlich als Auslöser des Stromausfalls benennen. Dabei verweisen sie darauf, dass die genaue Ursache noch nicht endgültig feststeht.

Deutschlands Stromnetz immer instabiler?

Im Gegensatz zu konventionellen Kraftwerken können die wetterabhängigen Erzeugungsquellen kurzfristige Stromschwankungen nicht ausgleichen. Kohle-, Gas- und Kernkraftwerke besitzen hingegen durch schwere rotierende Massen in Generatoren eine hohe Momentanreserve, die zur Netzstabilität beitragen. Diese Generatoren sind auf die Netzfrequenz abgestimmt. Kommt es zu einer plötzlichen Veränderung im Stromnetz, ist die kinetische Energie wie ein Puffer. Solch einen Puffer besitzen Windkraft- und Solaranlagen nicht.
Dass das deutsche Stromnetz nicht so stabil ist wie behauptet, beobachtete der Energieexperte Stefan Spiegelsperger. So gab es im ersten Quartal 2025 bereits 5.122 Redispatch-Maßnahmen, sprich Eingriffe der Netzbetreiber zur Netzstabilisierung. Im Vorjahreszeitraum waren es nur 4.394 Eingriffe. Dazu sagte er: „Wir haben immer noch das instabilste Stromnetz der letzten 50 Jahre. Und es wird noch instabiler.“
Der nächste große Stresstest für Deutschlands Stromnetz könnte am Pfingsten kommen. Ähnlich wie an Ostern ist aufgrund der auch industriellen Ruhezeit der Stromverbrauch geringer als sonst. Wenn dann durch günstige Wetterbedingungen die vielen Windkraft- und Solaranlagen viel Strom einspeisen, steht Deutschland vor einem ähnlichen Problem wie zuletzt Spanien und Portugal. Unser Glück könnte dann sein, dass wir mehr Nachbarn und potenzielle Stromabnehmer haben als die Südländer.
Das Fachgebiet von Maurice Forgeng beinhaltet Themen rund um die Energiewende. Er hat sich im Bereich der erneuerbaren Energien und Klima spezialisiert. Er verfügt über einen Hintergrund im Bereich der Energie- und Gebäudetechnik.

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