Sanierungsfall statt Sommerspaß
Fast jedes sechste Schwimmbad vor dem Aus
Fast jedes sechste Bad ist akut von Schließung bedroht. Marode Technik in Kombination mit knappen Kassen der Kommunen könnten den sommerlichen Badespaß bald massiv einschränken. Das deutsche Freibad ist längst zum Problemort geworden.

Freibad: Symbol der Sommerfreude oder Auslaufmodell?
Foto: iStock/mustafaoncul
In Kürze:
- Bäderkrise: Fast jedem sechsten Schwimmbad droht die Schließung
- Ursachen: Jahrzehntelanger Sanierungsstau, knappe Kommunalbudgets und fehlende Fördermittel
- Folgen: Steigende Eintrittspreise, weniger Schwimmgelegenheiten – besonders für Kinder und einkommensschwache Familien
Sommer ohne Freibäder könnten laut einer Studie der Förderbank KfW an manchen Orten zur Realität werden. Fast jedes sechste Schwimmbad stehe kurz vor der Schließung. Ein Szenario, das weniger nach Freibadspaß als nach Bädersterben klingt. Die KfW hat errechnet, dass 16 Prozent der Freibäder ohne dringend notwendige Sanierung in den kommenden Jahren betroffen sein könnten.
Jahrzehnte verschlafen: Wie die Politik Bäder verfallen ließ
Viele Schwimmbäder in Deutschland, oft gebaut in den 1960ern oder 1970ern, sind in die Jahre gekommen: bröckelnde Fliesen, marode Leitungen, ungepflegte Sanitäreinrichtungen. In einer im Auftrag der KfW durchgeführten Studie haben 62 Prozent der befragten Städte, Gemeinden und Landkreise angegeben, dass ihre Hallenbäder in einem besorgniserregenden Zustand seien, bei den Freibädern seien es etwa die Hälfte.
Die Ergebnisse der Befragung seien zwar nicht bundesweit repräsentativ, würden jedoch einen belastbaren Eindruck der kommunalen Wahrnehmung vermitteln, so die KfW.
Für DLRG-Sprecher Martin Holzhause bekämen die Folgen besonders einkommensschwache Familien zu spüren, die sich beispielsweise im Sommer keinen Strandurlaub leisten könnten, sondern stattdessen ins Freibad gingen, berichtet „Welt“.
Dass es so weit kommen konnte, ist ein Lehrstück deutscher Infrastrukturpolitik. Jahrzehntelang schob man den Sanierungsbedarf vor sich her – jetzt bröckeln Fliesen, tropfen Dächer und viele Sanitäranlagen sind ein Sanierungsfall. Der Investitionsrückstand bei Sportstätten beträgt laut dem Portal „ingenieur.de“ inzwischen über 40 Milliarden Euro.
In Deutschland gibt es nach Angaben der Deutschen Gesellschaft für das Badewesen etwa 6.000 Hallen-, Frei- und Kombibäder, darunter gut 2.800 Freibadangebote und etwa 570 Naturbäder.
Kommunen zwischen Pflichtaufgaben und leeren Kassen
Zuständig sind die Kommunen wie für die gesamte Daseinsvorsorge, also auch für Schulen, Kitas, Straßen, ÖPNV, Bibliotheken, Feuerwehr, Sport- und Kultureinrichtungen – und eben Schwimmbäder. Aber anders als etwa bei Schulen oder Kitas, die durch Gesetze als Pflichtaufgabe gelten, sind Schwimmbäder eine sogenannte „freiwillige Aufgabe“ der Kommunen. Das bedeutet auch: Wenn das Geld knapp ist, wird zuerst dort gespart.
Viele Kommunen sind verschuldet und dürfen nach Haushaltsrecht oft nur das Allernötigste finanzieren. Das verfügbare Geld fließt oft in andere Bereiche: Pflichtaufgaben wie Schulen und Kitas, Straßenbau und Verkehrsinfrastruktur. Schlaglöcher lassen sich nicht einfach ignorieren, sonst drohen Unfälle und hohe Schadenersatzforderungen. Auch Feuerwehr und Rettungsdienste sind Pflichtaufgaben, ein kaputtes Löschfahrzeug kann sich keine Kommune leisten. Auch sind die Sozialausgaben, also Leistungen für Wohngeld, Kinder- und Jugendhilfe oder Flüchtlingsunterbringung, in den vergangenen Jahren stark gestiegen und binden enorme Mittel. Das Geld der Kommunen wandert so eher in „unaufschiebbare“ Projekte wie Straßenreparaturen und das Schwimmbad bleibt auf der Warteliste.
In Zeiten knapper Kassen verliert das Schwimmbad fast immer gegen die Pflichtaufgaben. Schwimmbäder kosten viel, bringen aber wenig Einnahmen zurück. Der Betrieb eines Hallen- oder Freibads ist fast nie kostendeckend, sondern muss Jahr für Jahr bezuschusst werden – häufig im Millionenbereich.
Teures Badevergnügen
Für einen Besuch muss aktuell deutlich mehr bezahlt werden als zu Beginn der vergangenen Freibadsaison. Laut Statistischem Bundesamt (Destatis) hat sich der Besuch eines Schwimmbads im Mai 2025 um 5,7 Prozent gegenüber Mai 2024 verteuert. Viele Betreiber haben demnach aktuell die Eintrittspreise erhöht, dennoch erwarten fast drei Viertel laut einer Umfrage des Branchenverbandes kommunaler Unternehmen VKU trotzdem eine Verschlechterung ihrer finanziellen Lage.
Bei den Sanierungen von Schwimmbädern sehen sich 54 Prozent der Betreiber mit Hindernissen konfrontiert, allen voran mit Finanzierungsfragen. 88 Prozent der Badbetreiber bemängeln unzureichende oder unpassende Fördermittel und geben dabei einen hohen Finanzbedarf an. Förderungsmöglichkeiten von Bund und Ländern gibt es für energetische Modernisierung – etwa für Pumpen, Beleuchtung und Heizungsanlagen.
Wenn das Freibad zum Problemort wird
Immerhin: Mindestens 1 Milliarde Euro soll laut Koalitionsvertrag für die Modernisierung und Sanierung von Sportstätten bereitgestellt werden. Vor allem sollen Schwimmbäder gefördert werden, um die Schwimmfähigkeit sicherzustellen. Die Zahl der Kinder, die nicht schwimmen können, hat sich laut DLRG seit 2017, bedingt durch Schwimmbadschließungen und als Folge der Corona-Zeit, verdoppelt. Aktuell ist in Deutschland ein Fünftel der Kinder zwischen sechs und zehn Jahren Nichtschwimmer.
Während die Freibäder im Sommer eigentlich Orte für Leichtigkeit, Pommesgeruch und fröhliches Kindergeschrei sein sollten, sind sie vielerorts zum Symbol für das Schwinden öffentlicher Infrastruktur geworden. Bald könnte es heißen: Der Letzte macht das Wasser aus. Darüber hinaus haben Freibäder als Symbol für „Heile Welt im Sommer“ schon längst ihre Unschuld verloren und gelten inzwischen als Problemorte statt als sicherer öffentlicher Raum.
Lydia Roeber hat sich schon ihr Studium an der FU Berlin mit Texten verdient und lange als Fernsehjournalistin gearbeitet. Früher als Reisejournalistin tätig, nimmt sie sich heute bevorzugt die drängenden gesellschaftlichen Themen bei Epoch Times vor – von Transhumanismus über digitale Kontrolle bis zum Bildungsnotstand.
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