„Heute ist jeder, der kritisch ist, irgendwie rechts“ – Wege aus der gesellschaftlichen Spaltung

Prominente Gäste im neuen Livetalk „Respektiven“ analysieren die aktuellen politischen und gesellschaftlichen Entwicklungen und reden darüber, welche Möglichkeiten es heraus aus der Spaltung zu einer gelebten Demokratie gibt.
Titelbild
V.l. Drehbuchautorin Giovanna Winterfeldt, Prof. Dr. Werner Patzelt, Philosoph Dr. Michael Andrick, Politikwissenschaftlerin Prof. Dr. Ulrike Guérot im „Respektiven“-Talk am 26.02.2024.Foto: Matthias Kehrein/Epoch Times
Von 29. Februar 2024

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„Wie die gesellschaftliche Spaltung überwinden, wie Brücken bauen?“ So lautet der Titel des aktuellen Epoch-Times-Talks „Respektiven“, der von Alexander Zwieschowski aus der Redaktionsleitung moderiert wird.

Im Berliner Epoch-Times-Studio sitzen der Philosoph, Publizist und Bestsellerautor Dr. Michael Andrick, die Europa-Expertin und Politologin Prof. Dr. Ulrike Guérot und der bekannte Politikwissenschaftler Prof. Dr. Werner Patzelt sowie die Drehbuchautorin und Moderatorin Giovanna Winterfeldt, ein prominent gewordenes Gesicht aus der Corona-Zeit. Sie stellt in ihren Social-Media-Profilen den Satz voran: „Ich bin nicht rechts, ich bin nur nicht mehr links.“

Als Einstieg in die Sendung verweist Frau Winterfeldt auf ein vergiftetes Diskussionsklima, welches mittels moralinsauren Zuweisungen Menschen ausgrenzt, etikettiert und diffamiert. Und sie erklärt weiter, sie habe sich durch die Corona-Zeit von den alten Identifikationsflächen lösen müssen und ihre Bubble verlassen. „Wenn wir das nicht schaffen, ist es leicht uns zu instrumentalisieren“, befürchtet sie. Damit führt Winterfeld in den Kern der aktuellen Problematik ein.

Perspektivwechsel: Die eigene Blase verlassen

„Durch Moralisieren verseuchte Kommunikationskultur verhindert heute diese Einigungen, Menschen wollen sich erst einmal in Sicherheit bringen und haben Ausschlussangst“, steht für Dr. Michael Andrick, Autor von „Im Moralgefängnis – Spaltung verstehen und überwinden“ fest.

Für das CDU-Mitglied Professor Patzelt wird durch „unsere Betrachtungsgewohnheiten“ der Blick aufs Ganze verhindert. Um aus dem wechselseitigen Kampfmodus herauszugehen und in ein neugieriges Miteinander überzuwechseln, sollten wir uns die Mühe machen, die Einzelheiten in ein Gesamtbild zu setzen, wir müssten in eine größere Perspektive wechseln.

Professorin Ulrike Guérot hatte sich während der Corona-Zeit gegen Stigmatisierung Andersdenkender klar positioniert und damit ihren Lehrstuhl und ihre Reputation riskiert. Guérots sieht den Begriff „rechts“ mittlerweile als eine stigmatisierende Amalgamierung: „Heute ist jeder, der kritisch ist, irgendwie rechts. Aber wir haben eben den Begriff von Konservatismus, der für alle die Gesellschaft notwendig ist. Den haben wir verloren im Diskurs.“

Demokratie braucht Spektrum von Ansichten

Das bestätigt wiederum Dr. Andrick und ergänzt, dass eine gesunde Diskussionskultur nun mal ein Spektrum von Ansichten benötige, damit eine Dynamik stattfinden kann in Form eines friedlichen Ausgleichs. Seine Beobachtung: Die ganze rechte Seite, die konservative Seite, solle ausgegrenzt werden. Das bedeutet, dass die gesunde Diskussionsfähigkeit in einem normalen Spektrum verloren gehe. Dem gesellschaftlichen Frieden sei das alles andere als dienlich.

Vergiftetes Klima: Alles nur noch „rechts“

Die Diskussion bleibt durchweg konstruktiv, das Thema wird aus den unterschiedlichen Perspektiven der Diskutanten analysiert. Dazu gehört auch eine Auseinandersetzung mit der Frage, was im Falle eines AfD-Sieges zu erwarten sei und Begriffsklärungen, woher der bis ins Absurde überspitzte Begriff „rechts“ eigentlich kommt.

Und: Auf welche Art und Weise wird eigentlich Spaltung und Ausgrenzung betrieben, wenn Bundespräsident Steinmeier von „unserer Demokratie“ spricht? Auch darauf weiß die Runde Antworten: Wer nicht mit dem aktuellen Regierungskurs konform geht, gehört nicht mehr zu „unserer Demokratie“, so Dr. Patzelt. Der Politologe argumentiert, mit einer offenen Gesellschaft sei es vollkommen unvereinbar, „dass hier also die Regierung die Gesellschaft nach ihren Wünschen organisiert und zu Demonstrationen gegen die Opposition“ aufrufe.

Dr. Michael Andrick nimmt den Faden auf: „Was immer das da ist, es ist jedenfalls keine praktizierte Demokratie mehr.“

Welche Wege gibt es noch für ein konstruktives Miteinander?

Nach Herleitung, Theorie, Analyse und Beschreibung von Spaltungssymptomen führt Moderator Zwieschowski auf die eigentliche Frage nach der Lösung zurück.

Die Antworten führen zu einem ersten Fazit, dem in der Sendung weitere folgen werden: Tatsachendiskussionen von Wertediskussionen zu trennen, könnte für Michael Andrick eines der Rezepte sein. Dazu gehören, Pluralisierungen zu akzeptieren und fair zu diskutieren. Wenn das jeder Einzelne macht und damit Hunderttausende, wäre das ein Schritt. Wenn nur genügend Menschen sagen würden, das sei absurd: „Das ist [zu] unterkomplex, um mich für dumm zu verkaufen. Da mache ich nicht mit, da lache ich drüber.“

Gelacht, doch mit bitterem Nachgeschmack wurde auch über die Anekdote von den Eltern des Berliner Philosophen, seiner Aussage nach „gelernte DDR-Bürger“, die kurz dazu kommentierten: „Jetzt dürfen wir alle wieder heraus zum 1. Mai“.

Von der Analyse zur Lösung

Wie kann jeder Einzelne und nicht zuletzt auch die Regierung der Spaltung entgegenwirken? So lautete eine Frage aus dem Epoch-Times-Publikum, welches Fragen an die Expertenrunde stellen konnte.

Für Patzelt kann von Regierungen kaum Ehrlichkeit und Wahrhaftigkeit erwartet werden, „die müssen ihre Wahlen gewinnen“. Umso mehr müsste jeder bei sich selbst anfangen, und vor allem Journalisten müssten ihren Job wieder machen.

„Weniger Schlagzeilen, weniger Politik konsumieren“, wirft Giovanna Winterfeld ein und ergänzt, dass wir wieder lernen sollten, dem eigenen Urteil zu vertrauen. Der gesunde Menschenverstand und der innere Kompass müssten wieder zur Wirkung kommen.

„Dass sich Bürger wieder auf die eigene Kompetenz besinnen müssen“, ergänzt Dr. Andrick. Sein Beispiel dafür ist Angela Merkels Fernsehansprache zur Corona-Zeit, in der die Ex-Kanzlerin dem Bürger sagte, er solle nur den offiziellen Stellen in Bezug auf die Richtigkeit von Informationen vertrauen.

Andrick bewertet diese Aussage der Bundeskanzlerin so: Damit wollte sie mir „meine Informationen zensier(en) und ich solle ihr dabei vertrauen“. Auch wenn die Bürger sich das haben bieten lassen und nicht dagegen auf die Straße gegangen sind, hat er die Hoffnung, dass auch die Politik jetzt eine „Wiederanbindung“ an die Wirklichkeit anstrebt, wahrscheinlich über den allgegenwärtigen wirtschaftlichen Abstieg durch die „Umzingelung durch die Wirklichkeit“.

Die Runde ist sich mehrheitlich einig, dass der Einzelne jetzt bei sich anfangen muss. Damit ist das letzte Wort weiterhin nicht gesprochen; diese Runde hat Fortsetzung verdient.

Die ganze Sendung können Sie HIER ansehen.



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