Vor einiger Zeit fragte ein Ehepaar nach der Uhrzeit des Morgengottesdienstes in meiner Kirche und versprach, am darauffolgenden Sonntag zu kommen. Sie kamen auch und genossen den Gottesdienst, aber eine Bemerkung der Frau überraschte mich: „Alle sind schick angezogen.“
Das war im Wesentlichen ihre Bemerkung. Sogar die Damen, bemerkte sie, hätten Röcke und Kleider statt Hosen getragen, was sie offenbar erfrischend fand.
Anscheinend habe ich zu lange in meiner eigenen Kirchenblase gelebt, um zu bemerken, dass es heutzutage nicht mehr üblich ist, sich für besondere Anlässe und Orte schick zu machen.
Schade, dass es nicht so ist. Denn unsere Kleidung vermittelt auf subtile Weise, wie wir uns selbst und andere sehen.
Kleidung als persönliches Statement
Kleidung, so sagte der englische Philosoph Roger Scruton einst, werde getragen, um unsere Sittsamkeit zu wahren und unsere Körper vor den Elementen zu schützen. Aber das sei nicht der einzige Grund, warum wir verschiedene Stoffe in unterschiedlichen Formen und Mustern tragen:
„Menschen leben in ihrer Kleidung und betrachten diese daher nicht unter dem Gesichtspunkt einer modischen Funktion im engeren Sinne [Schnittkunst, Stil], sondern im Hinblick auf die Ziele und Zufälle ihres Lebens. Ihre Kleidung repräsentiert sie dahingehend, dass sie die Wesensart verkündet, die sie für sich beanspruchen möchten.“
Scruton führt das Beispiel eines Jeansanzugs an, den viele angeblich tragen, weil er „funktional“ sei. Doch wie Scruton erklärt: „Der ‚funktionale [Jeans-]Anzug‘ erhält seinen Charakter nicht aufgrund seines Nutzens (denn er ist nicht besonders nützlich), noch aufgrund seines niedrigen Preises (denn er ist alles andere als billig), sondern weil er sowohl eine bestimmte Lebenseinstellung zum Ausdruck bringt, als auch, indem er dies tut, die Erfahrung der Person, die ihn trägt, vorwegnimmt.“
Eine junge Frau in einem stilvollen Vintagekleid mit Polka-Dots und weißen Handschuhen. Solche Pünktchenkleider trug man gern in den 40er- und 50er-Jahren.
Foto: iStock/anatoliycherkas
Welches Gefühl und welche Lebenseinstellung vermittelt Denim dem Träger? Ich vermute, dem durchschnittlichen Amerikaner vermittelt es ein robustes, bodenständiges und unabhängiges Gefühl. Das ist alles schön und gut – zumindest, wenn wir im Garten oder auf dem Feld arbeiten, über Wiesen reiten oder in der Natur wandern gehen.
Aber was ist, wenn wir denselben Jeansanzug zu einem Vorstellungsgespräch in einem Unternehmen oder bei einer Beerdigung oder einer Hochzeit in der Kirche tragen? Wollen wir in solchen Situationen wirklich die unbeschwerte, naive Haltung ausstrahlen, die Jeanskleidung dem Träger und seinen Betrachtern vermittelt? Vermutlich nicht … und doch tun wir dies in unserer heutigen Kultur immer wieder.
Nur ein Teil der gesichtslosen Masse …
Kehren wir zurück zu der eingangs von mir erwähnten Geschichte mit dem Paar in der Kirche, das über die dort getragene schicke Kleidung überrascht war. Diese Überraschung rührte wahrscheinlich daher, dass die heutigen Kirchgänger oft aussehen, als hätten sie sich einfach ihre Gartenkleidung vom Samstag davor angezogen. Dieser Eindruck setzt sich oft auch beim Prediger fort, der in Jeans, einem lässig über die Hose hängenden T-Shirt und Turnschuhen durch die Gemeinde läuft.
Auch im Berufsleben ist dieser Trend zu beobachten: Hemden, Anzughosen und Bleistiftröcke sind den Yogahosen/Leggings und Sweatshirts gewichen, an die sich so viele während der Pandemie und der Homeoffice-Ära gewöhnt haben. Und Partys? Vorbei sind die Zeiten, als jeder ein Abendkleid oder einen Anzug für besondere Anlässe im Schrank hängen hatte! Wir sind schon froh, wenn wir in etwas erscheinen, das sauber und gut sitzend aussieht!
„Wen kümmerts?“, mögen manche sagen. „Ich fühle mich wohl und passe mich einfach dem Rest der Gesellschaft an – was ist daran so schlimm?“ Nichts … wenn wir dazu verdammt sein wollen, ein Teil der gesichtslosen Masse zu sein.
Leider ist das genau das, was viele in unserer „demokratischen“ Gesellschaft tun wollen – eine Tatsache, die der irische Schriftsteller und Literaturwissenschaftler C. S. Lewis (1898–1963) durch die Worte seiner Dämonenfigur „Screwtape“ in dem Buch „Arbeitsanweisung für einen Unterteufel“ verdeutlicht:
„Mir wurde glaubhaft versichert, dass junge Menschen heutzutage manchmal einen aufkeimenden Geschmack für klassische Musik oder gute Literatur unterdrücken, weil dies sie daran hindern könnte, wie alle anderen zu sein.“
Er fährt fort: „Menschen, die wirklich ehrlich, keusch oder maßvoll sein möchten – und denen die Gnade angeboten wird, die sie dazu befähigen würde – lehnen sie ab. … Sie könnten (welch ein Graus!) zu Einzelgängern werden.“
Kaputte Jeans als Ausdruck einer Lebenseinstellung.
Foto: iStock/monkeybusinessimages
Screwtape verwendet zwar Musik und Bücher als Beispiele, hätte aber zweifellos auch Kleidung einbeziehen können. Denn reduzieren wir nicht alle weiterhin den Anspruch an unsere Kleidung, um „dazuzugehören“ und nicht in der Masse aufzufallen?
Doch genau das ist es, was die Mächte des Bösen anstreben – uns „gleich“ zu machen und uns dadurch alle auf den kleinsten gemeinsamen Nenner herabzuziehen, indem sie unsere Ambitionen und unser Streben nach Güte und einem erfolgreichen Leben gleichschalten. Screwtape bringt es in seinen Anweisungen auf den Punkt:
„Ich möchte eure Aufmerksamkeit auf die allumfassende Bewegung lenken, die darauf abzielt, jede Art menschlicher Exzellenz – sei sie moralischer, kultureller, sozialer oder intellektueller Natur – zu diskreditieren und letztlich zu beseitigen. Ist es nicht hübsch zu beobachten, wie das Wort ‚Demokratie‘ (als Beschwörungsformel) nun für uns die Arbeit leistet, die einst die ältesten Diktaturen verrichteten, und das mit denselben Methoden? … Lasst keinen Menschen leben, der weiser oder besser oder berühmter oder auch nur schöner ist als die Masse. Schneidet sie alle auf ein Niveau zurück: alles Sklaven, alles Nullen, alles Niemande. Alles Gleiche.“
Mit anderen Worten: Wenn wir als Niemand durchs Leben treiben wollen, dann sollten wir unbedingt weiterhin unsere Jeans, Sweatshirts und Turnschuhe zu allen Anlässen tragen – Kirche, Arbeit und besonderen Veranstaltungen.
Ich vermute allerdings, dass keiner von uns als „Niemand“ gelten möchte.
Wenn dem so ist, dann nimm die Herausforderung an. Geh in die Kirche und trage ein Kleid oder einen Anzug. Geh zur Arbeit und zieh dir Hemd und Anzughose an. Geh‘ zu besonderen Veranstaltungen, doch elegant gekleidet.
Keine dieser Handlungen geschieht, weil wir versuchen, hochnäsig zu sein. Vielmehr entspringen sie dem Wunsch, unsere eigene Lebensführung zu verfeinern und dabei Respekt für uns selbst, für andere und für die wahren, guten und schönen Dinge im Leben auszustrahlen.
In einer gut geschnittenen Weste geben Sie allemal eine gute Figur ab.
Foto: NejroN/iStock
Schöne Stoffe, gute Schnitte: Kleidung wirkt auch zurück auf Körperhaltung und Stimmung des Trägers.
Dieser Beitrag stellt ausschließlich die Meinung des Verfassers oder des Interviewpartners dar. Er muss nicht zwangsläufig die Sichtweise der Epoch Times Deutschland wiedergeben.