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Meinung

Lydia Roeber

Ohne News kein Weltuntergang - was mir zwei Wochen ohne Nachrichten gezeigt haben

Keine News, kein Scrollen, kein Dauerrauschen: Lydia Roeber drückte auf Pause – mitten im Dauerkrisenmodus. Der Selbstversuch einer Mediendiät.

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Vielleicht ist das die eigentliche Aufgabe von Medien heute: Vertrauen nicht einzufordern, sondern wieder zu verdienen.

Foto: iStock Sbynek Posbisil

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Lesedauer: 4 Min.

Ein leises Summen, dann: nichts. Das Telefon war wirklich aus. Keine Schlagzeilen, nicht mal YouTube-Shorts. Ich war off.
Ich hätte nie gedacht, dass ich das einmal sagen würde, aber ich habe abgeschaltet, komplett. Für eine Journalistin klingt das wie ein Berufssuizid. Doch es war überlebensnotwendig.

Dauerkrise als Normalzustand

Die Pandemie hat vieles verändert, auch mich. Als die Welt 2020 den Atem anhielt, war ich schnell mittendrin. Ich war daueronline zwischen Inzidenzen, R-Werten, mRNA-Chargen, Lockdownwahnsinn und täglicher Politikdarbietung. Später kam die Kriegstreiberei dazu.
Die Tage waren nicht mehr zu unterscheiden: fast jeden Tag neue Hiobsschlagzeilen, kaum eine Nachricht, die nicht in einer Krise verpackt ist. Wahlweise stehe ich unter Strom oder Schock. Hinzu kommen Zweifel an Politik, an Medien, aber auch an mir selbst. Was mache ich da eigentlich? Trage ich zur Aufklärung bei oder reiche ich einfach nur noch durch, was täglich durch die Timelines rast?
Ich war informationssatt und gleichzeitig erkenntnishungrig. Damit ging es mir so wie vielen anderen auch. Laut aktuellen Studien der Oxford University und der Universität Mainz vermeidet inzwischen rund ein Drittel der Deutschen Nachrichten. Gründe sind emotionale Erschöpfung und Vertrauensverlust oder weil die Medienberichterstattung das Gefühl einer Ohnmacht hervorruft.

Bewusste Entscheidung

Ich war nicht nur politik-, sondern auch medienverdrossen. Also zog ich den Stecker: Mediendiät. Eigentlich sollten es nur ein paar Tage sein, dann waren es fast zwei Wochen.
Was ich stattdessen fand: Stille, und dann Ideen, Gedanken, die sich vorher nie durch das Dauerrauschen drängeln konnten. Ich las in der Zeit abends ein Buch, statt mich durch die News zu scrollen. Ich sprach mit Menschen nicht über Schlagzeilen, sondern über ihre Wirklichkeit und das, was uns verbindet. Ich badete mit meinen Lieben im Meer, ging mit einer Freundin durch die Wälder und habe dort sogar einen Baum mit einer dankbaren Umarmung verabschiedet.

Nach der Mediendiät: Rückkehr ins Berufsleben

Ich entdeckte etwas, das ich längst vergessen hatte: warum ich überhaupt Journalistin geworden bin. Nicht, um nur zu zeigen, was schiefläuft, sondern auch um Perspektiven zu öffnen, vielleicht sogar zu inspirieren.
Das Konzept dazu nennt sich konstruktiver Journalismus. Zurück von meiner Mediendiät schlug die Redaktionsleitung vor, mehr Artikel nach diesem Prinzip zu schreiben – kein „Feel‑good‑Journalismus“, sondern recherchierte Stücke, die Wege aus Problemen zeigen und Perspektiven eröffnen. Das ist eine Chance, die mich tief motiviert, weil sie Sinn stiftet.
Zeigen, was geht, nicht nur, was schiefläuft; Menschen wieder als Handelnde zeigen, nicht nur als Opfer der Verhältnisse. Was wäre, wenn wir aufhörten, ständig nur Probleme zu beschreiben, und stattdessen auch Lösungen sichtbar machten, wenn wir nicht reflexhaft empört wären, sondern gezielt fragten: Wie könnte es besser gehen?
Direkt entstanden erste Artikel, die auch Mut machen können: wie Liebe über Demenz siegen kann, wie im Falle von US-Entertainer Jay Leno, oder welche unkomplizierten Alternativen es zu hochverarbeiteten Lebensmitteln gibt, selbst wenn die Zeit im stressigen Arbeitsalltag nur zum kurzen Gang in den Supermarkt reicht.

Lösungen lauern überall

Ich bin wieder online, aber anders: selektiver und wachsam. Ich bestimme, was ich lese und vor allem, warum. Die Stille hat mir etwas gezeigt, was ich im Dauerrauschen verloren hatte, nämlich Orientierung – nicht nur für mich, sondern auch für meine Arbeit.
Weniger Nachrichten und meine Mediendiät haben mir geholfen, wieder besser hinzusehen. Vielleicht benötigt Journalismus manchmal genau das: eine Pause, um neu anzusetzen.

Dieser Beitrag stellt ausschließlich die Meinung des Verfassers oder des Interviewpartners dar. Er muss nicht zwangsläufig die Sichtweise der Epoch Times Deutschland wiedergeben.

Lydia Roeber hat sich schon ihr Studium an der FU Berlin mit Texten verdient und lange als Fernsehjournalistin gearbeitet. Früher als Reisejournalistin tätig, nimmt sie sich heute bevorzugt die drängenden gesellschaftlichen Themen bei Epoch Times vor – von Transhumanismus über digitale Kontrolle bis zum Bildungsnotstand.

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