Weiter nach links
Abgrenzung zu Habeck: Grüne Jugend legt eigenen Zehn-Punkte-Plan vor
In der Migrationsdebatte grenzt sich die Grüne Jugend von Habeck ab und rutscht weiter nach links. In einem Papier mit dem Titel „Humanität durch Sozialstaat“ stellt sich die Nachwuchsorganisation der Grünen gegen Abschiebung und Nazis.

Will eine menschenwürdige Asylpolitik: die neue Vorsitzende der Grünen Jugend, Jette Nietzard.
Foto: Sebastian Willnow/dpa
Die Grüne Jugend drängt in der Migrationsdebatte auf einen menschlichen Umgang mit Geflüchteten. In einem Papier mit dem Titel „Humanität durch Sozialstaat“ verteidigt die Nachwuchsorganisation der Grünen laut einem Bericht der „Süddeutschen Zeitung“ das Grundrecht auf Asyl, fordert eine Stärkung des Sozialstaats und mehr Prävention, um insbesondere die Radikalisierung junger Männer zu bekämpfen.
Nazis durch Sozialstaat bekämpfen
Das Papier umfasst zehn Punkte. Unter „Sozialstaat stärken“ fordert die Grüne Jugend „eine gerechte Besteuerung von Milliardenvermögen und ein Ende der Schuldenbremse“. Es sei notwendig für einen Sozialstaat, der „für alle da ist“. Ziel sei es, dadurch „Nazis“ zu bekämpfen.
Weniger Abschiebung und Fluchtrouten schützen
Zur Migrationsfrage wird gefordert: „Menschen schützen: in Deutschland und weltweit.“ Abschiebung dürfe nicht als Strafe eingesetzt werden. Daher soll nicht mehr in Länder abgeschoben werden, in denen „Folter, Gewalt oder der Tod“. Stattdessen sollten straffällige Flüchtlinge „ihre Strafe hier verbüßen“.
Zudem sollten die Fluchtrouten gesichert werden. Dafür sollen Auslandsvertretungen ausgeweitet und eine europäische Seenotrettung finanziert werden.
Unter „Verantwortung übernehmen“ heißt es:
„Die Klimakrise ist schon heute eine der größten Fluchtursachen – Tendenz steigend.“
Wer Menschen in ihren Herkunftsländern ein gutes Leben ermöglichen wolle, sorge mit Klimaschutz für eine gute Lebensgrundlage. „Klimaschutz ist kluge Wirtschafts-, Außen- und Sicherheitspolitik zugleich.“
Gewalt als Geschlechtersache
Um Gewalt einzudämmen, sei eine Hinterfragung der „Rollen von Männlichkeit in der Gesellschaft“ notwendig. 25 Prozent aller Frauen seien nach Angaben der Grünen Jugend Opfer häuslicher Gewalt. Auch queere, jüdische und von Rassismus betroffene Menschen fühlten sich nicht sicher.
Um die „Sicherheit der eigenen Bevölkerung“ zu schützen, sollen daher Frauenhäuser und Beratungsstellen gegen Gewalt finanziert werden. Zudem brauche man „eine auf Gewaltverbrechen spezialisierte Justiz“. Betont wird dabei eine Gefahr von rechts.
„Diskriminierungsfreies Gesundheitssystem“
Unter „psychologische Unterstützung für alle“ fordert das Papier erleichterte und ausgebaute Unterstützung für traumatisierte Menschen auf Kosten der gesetzlichen Krankenkassen. Man brauche ein Gesundheitssystem, „in das auch geflüchtete Menschen schnellstmöglich integriert werden“:
„Dazu gehört die Übernahme von Sprachmittlung von gesetzlichen Krankenkassen und die finanzielle Absicherung von Strukturen wie psychosozialen Zentren, die niedrigschwellig und mehrsprachig besonders mit traumatisierten Menschen arbeiten.“
Nietzard über Merz-Debatte
„Wer an Integration und Humanität in diesem Land interessiert ist, investiert in den Sozialstaat und beschließt keine rassistischen Anträge mit den Nazis im Bundestag“, sagte die Sprecherin der Grünen Jugend, Jette Nietzard, der SZ vom Mittwoch. Sie wandte sich damit gegen das Vorgehen von CDU-Chef und Unionskanzlerkandidat Friedrich Merz, der im Bundestag – letztlich erfolglos – versucht hatte, eine restriktivere Migrationspolitik gemeinsam mit der AfD durchzusetzen.
Auch die FDP hatte dieses Vorgehen mehrheitlich unterstützt. Es gab aber dort, wie auch in CDU und CSU, Widerstand in den eigenen Reihen. Grüne, SPD und Linke hatten das Handeln von Merz scharf verurteilt. Sie sei es leid, dass Teile der Bevölkerung unter Generalverdacht gestellt würden, sagte dazu Nietzard. „Deshalb legen wir einen Zehn-Punkte-Plan vor, der Lösungen benennt, statt Menschen gegeneinander auszuspielen.“
Von Habeck distanziert
Die Grüne Jugend grenzt sich damit allerdings auch von Grünen-Kanzlerkandidat Robert Habeck ab. Dieser hatte ebenfalls in einem Zehn-Punkte-Plan eine „breite Sicherheitsoffensive“ gefordert. Habeck schlägt darin mehr Befugnisse für Sicherheitsbehörden sowie eine „Vollstreckungsoffensive für Haftbefehle“ vor. Asylverfahren müssten „drastisch“ beschleunigt, nicht deutsche Gefährder und Schwerkriminelle „konsequent“ abgeschoben werden.
Kurz nachdem Habeck seinen Plan vorgestellt hatte, postete die Grüne Jugend eine Nachricht auf Instagram, in der sie sich von Habeck distanzierte. Der Post ist inzwischen wieder gelöscht. „Habeck oder Merz, wo ist der Unterschied?“, heißt es dort. Und:
„Wenn Habeck nach Rechts geht, gehen wir nach Links.“
Auf der Plattform X ist der Post noch zu finden.
(afp/tp)
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