„Schimpfen allein reicht nicht“– Erdinger Optiker sagt Energiepolitik den Kampf an

Die Diskussion um Wärmepumpen erhitzt die Gemüter – auch in dem beschaulichen bayerischen Städtchen Erding. Dafür hat der Augenoptikermeister Franz Widmann gesorgt. Anfangs stand er ganz allein da.
Titelbild
Franz Widmann (R).Foto: Franz Widmann
Von 30. Mai 2023

Der Augenoptikermeister Franz Widmann hat den Nerv der Zeit getroffen. Stand er Anfang Mai noch allein auf dem Schrannenplatz im bayerischen Erding und demonstrierte mit einem Schild, auf dem „Stoppt die Heizungsideologie“ stand, so wird für eine Demo in der kommenden Woche mit einer deutlich höheren Beteiligung gerechnet.

Das Informationsportal von Erding berichtet, dass der Veranstaltungsort aufgrund der zu erwartenden Teilnehmer auf den Volksfestplatz Erding verlegt wurde. Kein Wunder, denn die bekannte Kabarettistin Monika Gruber, die ebenfalls aus dem Landkreis Erding kommt, stellte sich hinter die Forderung von Widmann und erhöhte damit die Reichweite seiner Aktion erheblich.

Auf einem auf ihrem Facebook-Kanal veröffentlichen Video wies Gruber darauf hin, dass die in Deutschland ausgebauten Heizungen in Bulgarien und Rumänien Verwendung finden. Wahrscheinlich würden sich dort die Leute freuen, weil sie noch nie so eine gute Heizung hatten, vermutet die Kabarettistin. „Wenn nicht ein paar einflussreiche Leute allmählich aufstehen und laut sagen: ,Jetzt ist Schluss mit dem Unsinn‘, dann sind wir alle verloren.“ Das Video wurde fast 930.000 Mal aufgerufen.

Dass der Optikermeister erst Anfang Mai auf die Straße gegangen ist, obwohl das Thema rund um die Wärmepumpen schon länger bekannt ist und auch im Koalitionsvertrag Ende 2021 implizit verankert war, erklärte er in einem Interview gegenüber der „Welt“ mit den Worten: „Ich lese nicht jeden Koalitionsvertrag und habe erst vor ein paar Wochen aus den Medien erfahren, dass dieses Gesetz beschlossen werden soll.“ Wenn man immer schon demonstrieren würde, weil etwas im Koalitionsvertrag stehe, wäre das seines Erachtens auch verfrüht.

„Schimpfen allein reicht nicht mehr“

Jetzt, wo das Vorhaben allerdings konkret werde, sieht Widmann „einen massiven Eingriff“. Nachts könnte er nicht mehr ruhig schlafen und auch bei heißen Diskussionen in seinem Umfeld zeichne sich ein klares Bild: „Keiner hat die Pläne verstanden, jeder hat den Kopf geschüttelt und geschimpft. Da dachte ich mir: Schimpfen allein reicht nicht mehr, ich muss dafür auf die Straße gehen.“

Der Optikermeister kritisiert die Regierung offen für die massiven Probleme und den extremen Druck, die für Eigentümer und Vermieter mit dem geplanten Gesetz verbunden sind. Jeder lebe in ständiger Gefahr, dass seine Heizung irreparabel kaputtgehe und sich sodann an die Einbauvorschriften für eine neue Heizung halten muss. „Die Wärmepumpe muss effizient auch in schlecht gedämmten Gebäuden funktionieren“, so Widmann. „Vor allem im Winter springt oft der Heizstab des Geräts an, um die Räume warm zu bekommen, dann heizen Sie mit Strom und es wird teuer.“

Für Widmann ist es nicht nachvollziehbar, dass es bundesweit nicht viel mehr Aktionen wie die nun anstehende Demo gibt. Letztlich betreffe das Thema alle Mieter. „Der Mieter zahlt [aufgrund der Modernisierungsumlage] zum einen die Modernisierung, zum anderen den Strom, der in manchen Gebäuden benötigt werden wird, um die Räume ausreichend warm zu bekommen“, schildert er.

Für seine Ein-Mann-Demo Anfang Mai erntete der Optikermeister nach eigenen Angaben sehr viel Zuspruch und keinerlei negatives Feedback. Nun steht eine Demo am 10. Juni bevor, Beginn 10 Uhr. „Ich nehme das jetzt auf mich, weil ich von der Sache überzeugt und komplett neutral bin“, erklärt er. Seine Kritik sei weder Hetze noch Stimmungsmache. Die Redner würden allein auf fachlicher Ebene über das Thema sprechen.

SPD und Grüne untermauern politische Forderung

Gegenwind für die Demo gibt es jedoch von Carola Bock und Annett Burgarth vom örtlichen Kreisverband Bündnis 90/Die Grünen. Sie werfen Kritikern vor, „hysterisch Stimmung zu machen“. Bürger würden mit „Falschinformationen verunsichert“. „Wer beim Klimaschutz und den damit zusammenhängenden dringend nötigen Maßnahmen immer noch von ‚Ideologie‘ spricht und damit den menschengemachten Klimawandel leugnet, der zeigt deutlich, dass es ihm nicht um Fakten geht.“

Aus Sicht der Grünen ist „klimafreundliches Heizen ein wichtiger Baustein, um einerseits Kosten zu sparen und andererseits die Klimaziele zu erreichen.“

Der SPD Ortsverein Erding sieht wie die Grünen keine Ideologie in dem Vorhaben, sondern eine Notwendigkeit, die Emission von Treibhausgasen zu vermindern. Das sei „wissenschaftlicher und zum großen Teil auch gesellschaftlicher Konsens“.

Unter Bezug auf die Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen erklärte die SPD, dass der Energiebedarf und die Emissionen der Haushalte „in der gleichen Größenordnung wie die des Verkehrssektors in Deutschland“ lägen. Dadurch biete sich hier neben der Industrie auch die größten Einsparpotentiale und somit „einen wirksamen Hebel im Kampf gegen den Klimawandel“.

CSU: „Das Heizungsgesetz der Ampel ist von Beginn an vermurkst“

Harsche Worte für die Energiepolitik gibt es hingegen vom CSU-Bundestagsabgeordneten Dr. Andreas Lenz. Er äußerte: „Das Heizungsgesetz der Ampel ist von Beginn an vermurkst. Es schafft große Verunsicherung bei den Menschen. Viele Eigenheimbesitzer haben schlichtweg Angst. Deshalb muss das Gesetz in dieser Form auch weg.“

Dass Holz zukünftig als Brennstoff im Neubau weitestgehend verboten sein solle, bezeichnete Lenz als „der Gipfel“ – denn Holz sei „ein nachhaltiger, regionaler und regenerativer Brennstoff, der hilft, CO₂ einzusparen“.

Arndt Scheffler (FDP) sieht die geplante Gesetzesnovelle ebenfalls kritisch. „Der Staat mag bitte den Bürgerinnen und Bürgern überlassen, wie sie heizen wollen.“ Richtig und sinnvoll wäre es, dass es Preissignale und Preisanreize für klimafreundliche Technologien gibt und die Bürger selbst entscheiden können, ob sie eine andere Heizung haben wollen oder einfach weniger heizen oder auch mit weniger Wohnfläche auskommen wollen.

„Noch kritischer als das Gebäudeenergiegesetz sehen wir aber eine Demonstration, deren Organisatoren sich auf eine prominente Persönlichkeit – Frau Gruber – berufen, die dann aber gar nicht Organisatorin ist und nicht vor Ort sein soll“, betonte der FDP-Politiker. „Mit der für den 10. Juni geplanten Demonstration haben wir nichts zu tun und wollen damit auch nichts zu tun haben.“

Florian Baum (Die Linke) forderte eine „sozial gerechte Wärmewende“. Die Finanzierung sei eine Verteilungsfrage. Reiche und Konzerne müssten endlich „gerecht besteuert werden“.  Außerdem plädiert Die Linke für die Abschaffung der Modernisierungsumlage. „Sie sorgt dafür, dass sich Immobilienkonzerne staatliche Förderungen in die eigenen Taschen stecken“, die Kosten aber trotzdem an die Mieter weitergäben. Statt pauschalen Förderungen müssten vor allem diejenigen unterstützt werden, die sich einen Heizungstausch nicht leisten können.

AfD: Demnächst bei 10 Grad mit Wollmantel im Büro

Wolfgang Kellermann, Kreisvorsitzender der AfD, lobte Widmanns Mut, sich allein mit einem Schild gegen die grüne „Heizungsideologie“ auf den Schrannenplatz zu stellen. Es sei „an der Zeit, dass der grüne Klimawahn gestoppt wird, denn dieser katapultiert uns zurück in die Steinzeit“.

Der AfD-Politiker erinnerte: „Erst kürzlich wurde ja beschlossen, dass man locker bei 19 Grad Raumtemperatur arbeiten könne. Irgendwann sollen wir dann auch bei 15 Grad oder bei 10 Grad noch in Wollmänteln eingehüllt im Büro arbeiten … Dieser grünen Bevormundungs- und Verbotspolitik muss Einhalt geboten werden!“

Maria Grasser (Freie Wähler) bedankte sich ausdrücklich für die ausgerufene Demonstration. So es ihr möglich sei, werde sie teilnehmen. „Es ist höchste Zeit, dass sich die bisher schweigende Mehrheit zu Wort meldet. Und das ganz ohne Kleber und Zerstörung von fremdem Eigentum“, so Grasser.

Auch der Kreisverband Erding der Bayernpartei stellt sich ausdrücklich gegen die geplante Einführung des Gebäudeenergiegesetzes der jetzigen Ampelregierung. Das Gesetz sei „maßlos übertrieben“ und führe zu einer überdurchschnittlichen Belastung der Mieter und Hausbesitzer, so der Verbandsvorsitzende Andreas Zimmer.

Statt einem „Durchdrücken des grünen Heizwahnsinns mit der Brechstange“ baut der Verband auf die Vernunft und Eigenverantwortung der Bürger sowie auf die Marktwirtschaft. „Werden fossile Brennstoffe zukünftig, wie von Experten prophezeit, immer teurer, steuert der Markt selbständig gegen. Das heißt, die Eigenheimbesitzer oder Vermieter stellen von selbst nach und nach auf erneuerbare Energien um.“

Auch nach Ansicht des Kreisverband dieBasis läuft das Gesetz „vollkommen gegen die Interessen der Bürger“. Er wirft der Ampel vor, „rein ideologischen Gesichtspunkten zu folgen“, wobei die Maßnahmen noch nicht einmal zur CO₂-Reduzierung führen würden. Er bemängelte, dass „der Anteil an CO₂, der für Herstellung der Wärmepumpen und Umbaumaßnahmen anfällt, völlig ausgeblendet“ werde. Hingegen sei der volkswirtschaftliche Schaden enorm.

Aufgrund der Tatsache, dass bereits 17 Millionen Menschen in Deutschland unterhalb der Armutsgrenze lebten, sei das Gesetz „unsozial“ und „bürgerverachtend“ und gehe zudem völlig an der Lebenswirklichkeit der Menschen in diesem Land vorbei. „Es bedarf dringend einer ideologie- und lobbyismusfreien, offenen Diskussion, wie ein für die Bürger [ein] bezahlbares und zugleich ökologisch sinnvolles Gebäudeenergiegesetz verfasst sein muss“, fordert dieBasis.



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