In Kürze:
- Kulturstaatsminister Weimer kritisiert ARD, ZDF und „Deutschlandradio“ als „politisch links geneigt“ und beklagt ein Akzeptanzproblem.
- DJV widerspricht: Vorwurf sei „sachlich falsch und politisch schädlich“.
- Untersuchungen zeigen hohe Beitragshöhe, sinkendes Vertrauen und ungleiche Parteipräsenz in Talkshows.
„Es ist nicht gut, wenn viele Millionen Deutsche zwar Zwangsbeiträge zahlen müssen, aber das Gefühl haben, dass sie dort nicht vertreten werden“,
sagte Kulturstaatsminister Wolfram Weimer, parteilos, in einem
Interview mit dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND).
Der Verleger und Publizist Weimer, Nachfolger der Grünenpolitikerin Claudia Roth, ist seit dem 6. Mai 2025
Staatsminister für Kultur und Medien. Weimer betonte in Bezug auf seine Aussage, er sei „ein Verfechter des öffentlich-rechtlichen Rundfunks“, auch wenn er an ihm Kritik übe. Dieser sei wichtig für die politische Kultur und müsse über die Rundfunkbeiträge finanziell abgesichert bleiben.
Der Mitbegründer des Magazins „Cicero“ forderte, dass sich etwas ändern müsse, auch beim Programm. Im gleichen Atemzug warnt er vor einem „Kulturkampf der AfD“ und ruft die politische Mitte dazu auf, sich stärker zu äußern und nationale Symbole nicht von Rechtsextremisten vereinnahmen zu lassen.
Die AfD-Fraktion benehme sich im Bundestag „feist und aggressiv“, die Linkspartei provoziere lautstark auf der anderen Seite. Auf diese Weise schaukele sich das Parlament an den Rändern hoch. Die hohen Wahlergebnisse und Umfragewerte der AfD in Ostdeutschland, 35 Jahre nach der Deutschen Einheit, seien für ihn nicht wie eine neue Mauer – denn er glaube nicht, „dass rund 30 Prozent der Ostdeutschen ernsthaft mit einem neonationalistischen, halb aus dem Nazi-Jargon herkommenden Gedankengut“ sympathisierten.
Die aktuellen Ereignisse um ZDF-Moderatorin Dunja Hayali seien für ihn „ein Zeichen dafür, wie gefährlich der polarisierte, vergiftete öffentliche Diskurs inzwischen ist. Er bringt Journalisten in Gefahr“, so Weimer.
Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) wies daraufhin Weimers Vorwurf der politischen Einseitigkeit als
„sachlich falsch und politisch schädlich“ zurück. Laut DJV-Bundesvorsitzendem Mika Beuster sei es verantwortungslos, faktenfreie Vorurteile gegen die Öffentlich-Rechtlichen zu befeuern. Weimer übernehme unkritisch Kampagnenbegriffe von Rechtspopulisten, indem er von Zwangsbeiträgen spreche. Von Spitzenpolitikern erwarte der DJV mehr Unterstützung.
Juristischer Prüfstein: Prozess in Leipzig
Genau um diesen sogenannten „Zwangsbeitrag“, die zwangsweise erhobenen Rundfunkgebühren, die den Öffentlich-Rechtlichen im Jahr 2024 ein Rekordjahresbudget von fast
9 Milliarden Euro beschert haben, geht es aktuell bei einem vielbeachteten Prozess in Leipzig vor dem Bundesverwaltungsgericht. Dessen Ausgang – die Urteilsverkündung ist für den 15. Oktober angekündigt – könnte möglicherweise Signalwirkung haben:
Eine Frau aus Bayern hatte 2022 gegen den Bayerischen Rundfunk (BR) geklagt. Sie legt dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk strukturelles Versagen im Sinne fehlender Meinungsvielfalt und zu starker Staatsnähe zur Last. Der Rundfunk sei mittlerweile zum „Erfüllungsgehilfen der staatlichen Meinungsmacht“ geworden, so der Vorwurf.
Wenn Kulturstaatsminister Weimer von einem linksgeneigten Journalismus spricht, der wegen dieser Unwucht ein Akzeptanzproblem habe, sieht DJV-Vorsitzender Beuster das durch
Studien widerlegt. Denn Menschen neigten dazu, „Medien als ,einseitig‘ wahrzunehmen, wenn deren Inhalte nicht mit der eigenen Meinung übereinstimmen“.
Auf Nachfrage von Epoch Times benannte der DJV eine aktuelle, von der
Mercator-Stiftung co-finanzierte
Studie der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, die 2023 zehntausend Nachrichtenbeiträge „mithilfe der bislang umfangreichsten Inhaltsanalyse dieser Art“ untersuchte. Die Fragestellung war, ob der öffentlich-rechtliche Rundfunk, der laut Medienstaatsvertrag „eine möglichst breite Themen- und Meinungsvielfalt ausgewogen darstellen“ soll, politisch einseitig berichtet.
Die
Studie zeige zwar, so fassten die Studienmacher zusammen, dass in den Nachrichtenformaten von ARD, ZDF und „Deutschlandradio“ durchaus an der ein oder anderen Stelle „Raum für eine Stärkung konservativer und marktliberaler Positionen“ wäre. Während der ÖRR „weniger negativ über die aktuellen Regierungsparteien als die Vergleichsmedien“ berichte, treffe die Behauptung, die Nachrichtenformate des öffentlich-rechtlichen Rundfunks seien im Vergleich zu anderen Nachrichtenmedien besonders einseitig, aber nicht zu.
Politische Nähe von Journalisten in Zahlen
Eine
Journalistenbefragung der TU Dortmund gibt möglicherweise Hinweise oder gar Auskunft: 41 Prozent der befragten Medienmacher gaben an, den Grünen nahezustehen, bei der SPD waren es 16 Prozent, Die Linke bekam 8 Prozent. Die Nähe von Journalisten zur AfD wurde nach Eigenangaben mit null beziffert. Fast zwei Drittel der Befragten stimmten der folgenden Aussage über den eigenen Berufsstand zu: „Journalistinnen und Journalisten neigen dazu, in ihrer Berichterstattung überwiegend die Positionen der Partei zu übernehmen, der sie am ehesten nahestehen.“
Um die Auswirkungen in der Medienpraxis zu illustrieren, noch eine letzte Zahl: Im Februar 2025, dem Monat nach der letzten Bundestagswahl, kamen die Grünen mit 21 Prozent der Fernsehauftritte deutscher Politiker – bei einem Wahlergebnis von 11,6 Prozent.
Im Kontrast dazu erhielt die AfD bei einem Wahlergebnis von 20,8 Prozent eine einzige Einladung – das ist ein Anteil von 1,6 Prozent, wie die
„Weltwoche“ vorrechnete. Mittlerweile ist die AfD laut
Sonntagsfrage (wen würden Sie wählen, wenn am Sonntag Wahl wäre) gleichauf mit der Union, mit der Tendenz zum Überholen.
Die aktuellen Zahlen und Debatten zeigen ein Spannungsfeld zwischen Finanzierung, politischer Wahrnehmung und Vertrauen in die Öffentlich-Rechtlichen – wie sich dies langfristig auf Akzeptanz, Programmgestaltung und öffentliche Debatten auswirken wird, bleibt bislang offen.
Anm. d. Red.: Dieser Artikel wurde am 8. Oktober 2025 aktualisiert, um eine Antwort der DJV zu berücksichtigen.