16 europäische Länder planen den Ausbau der Kernkraft – ohne Deutschland

Die Mitglieder der im Februar gegründeten Pro-Atomenergie-Allianz haben sich erneut in Paris getroffen, um den Ausbau der Kernenergie voranzutreiben. Ihr Ziel ist es, bis 2050 den Anteil der Atomkraft am EU-Strommix auf 150 Gigawatt zu steigern – eine Erhöhung von 50 Prozent.
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Ein Atomkraftwerk in Frankreich. In Deutschland ging das letzten Kraftwerke im April vom Netz.Foto: iStock
Von 21. Mai 2023

Bereits zum dritten Mal hat sich die auf Frankreichs Initiative gegründete Nuklear-Allianz getroffen, um ihre Strategie zum Ausbau der Kernenergie abzustimmen. Auf dem Treffen am 16. Mai in Paris, zu dem Frankreichs Energieministerin Agnès Pannier-Runacher eingeladen hat, waren insgesamt 16 europäische Länder vertreten. Deren Ziel ist es, bis 2050 einen Anteil von 150 Gigawatt (GW) Kernkraft am Strommix der EU zu erreichen.

Zu der Pro-Kernenergie-Allianz zählen neben den elf Gründungsländern Frankreich, Bulgarien, Finnland, Kroatien, den Niederlanden, Polen, Rumänien, der Slowakei, Slowenien, der Tschechische Republik und Ungarn weitere Länder. Darunter sind Belgien, Estland, Schweden und Italien im Beobachterstatus. Erst vor Kurzem hatte sich Rom für einen Wiedereinstieg in die Kernenergie ausgesprochen.

Als Gastland war auch das Vereinigte Königreich anwesend, wie aus dem Protokoll des Treffens hervorgeht. Der Inselstaat plant, seine nukleare Produktionskapazität bis 2050 um 24 GW zu erhöhen. Deutschland, das nach wie vor am Atomausstieg festhält, nimmt nicht an den Treffen teil.

30 bis 45 neue Großreaktoren

Seither sind in der EU rund 100 Gigawatt Kernstrom am Netz. Demnach streben die Mitglieder der Nuklear-Allianz eine Steigerung von 50 Prozent an. Laut dem französischen Ministerium für die Energiewende könne dies zum einen durch den Weiterbetrieb bestehender Anlagen, dem Bau von 30 bis 45 neuen Großreaktoren sowie der Entwicklung kleiner modularer Reaktoren in der EU erreicht werden.

Der europäische Nuklearsektor erwartet einen Anstieg des europäischen Bruttoinlandsprodukts um 92 Milliarden Euro, wie das französische Ministerium für die Energiewende in einer Pressemitteilung angibt. Dies entspreche ungefähr 1,5 bis 2 Prozent der europäischen Wirtschaftsleistung.

Darüber hinaus sollen im Zuge der Maßnahmen bis 2050 mehr als 300.000 direkte und indirekte Arbeitsplätze geschaffen werden – darunter 200.000 qualifizierte Arbeitsplätze. Außerdem sind bis zum Jahr 2050 rund 450.000 Neueinstellungen geplant. Frankreichs Energieministerin Agnès Pannier-Runacher kommentiert die Pläne wie folgt:

Wir begeben uns in die Schlachtordnung, um dies zu erreichen.“

In einem Twitter-Beitrag vom 16. Mai ergänzt sie: „Wie bei den erneuerbaren Energien haben wir es geschafft, eine Projektmehrheit aufzubauen, um den Neustart unserer #Atompolitik vorzubereiten.“ Dabei sei das Ziel Frankreichs, „die erste große Nation zu sein, die aus den fossilen Energien aussteigt!“

Abhängigkeit von russischem Uran verringern

Ein weiterer Fokus des Treffens der Nuklear-Allianz lag darin, zu besprechen, wie die Länder ihre Abhängigkeit von Brennmaterial aus Russland verringern können. So habe der russische Staatskonzern Rosatom die EU laut „taz“ im Jahr 2021 mit rund 20 Prozent des benötigten Urans beliefert.

Insbesondere viele Länder aus Osteuropa seien seither auf russische Uranlieferungen angewiesen. Importe aus den USA, Japan und Südkorea sollen diese künftig ersetzen.

Aus dem gleichen Grund baue derzeit auch das französische Atomunternehmen Orano seine Kapazitäten in der Anlage im französischen Tricastin aus, wie das französische Energieministerium mitteilte. Das Werk befindet sich im Südwesten Frankreichs, circa 40 Kilometer nördlich von Avignon. Ferner beziehe Tschechien seinen Brennstoff bereits im nächsten Jahr von dem US-Unternehmen Westinghouse und nicht mehr von dem russischen Unternehmen TWEL.

Forderung an EU, Atomkraft stärker zu berücksichtigen

An dem Treffen in Paris hat auch EU-Energiekommissarin Kadri Simson teilgenommen. Simson habe laut „taz“ geäußert, dass sie gekommen sei, um sich die Anliegen der teilnehmenden Länder anzuhören. Die Nuklear-Allianz forderte die EU-Kommission auf, die Atomkraft in ihrer Energiestrategie stärker zu berücksichtigen.

In einer gemeinsamen Erklärung, die die Mitgliedstaaten der Allianz im Anschluss an die Gespräche unterzeichneten, forderten sie einen europäischen Aktionsplan zur Entwicklung der Zusammenarbeit im Bereich der Kernenergie – insbesondere in den Bereichen Kompetenzen, Innovation, Sicherheitsstandards, Rückbau und Abfall.

Bis zum weiteren Treffen, das voraussichtlich am 19. Juni in Luxemburg stattfinden soll, planen die Länder einen detaillierten Fahrplan zu erarbeiten.



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