„Als Oberbefehlshaber ungeeignet“: Bidens Rede zur Nation zwischen Applaus und Buhrufen

US-Präsident Joe Biden hat seine zweite Rede zur Nation vor dem Kongress in Washington, D.C., gehalten. Bidens Äußerungen zum Vorfall mit dem mutmaßlichen Spionageballon aus China sorgte für einigen Unmut im Anschluss.
«Ich habe für das Amt des Präsidenten kandidiert, um die Dinge grundlegend zu verändern, um sicherzustellen, dass die Wirtschaft für alle funktioniert», sagt Biden. Hier bei der Rede zur Lage der Nation im US-Kapitol.
„Ich habe für das Amt des Präsidenten kandidiert, um die Dinge grundlegend zu verändern, um sicherzustellen, dass die Wirtschaft für alle funktioniert“, sagt Biden. Hier bei der Rede zur Lage der Nation im US-Kapitol.Foto: Jacquelyn Martin/AP POOL/dpa
Von 8. Februar 2023

Joe Biden hat noch nicht offiziell verkündet, ob er 2024 für eine zweite Amtszeit antreten wird. Der Demokrat nutzte seine offizielle Rede zur Lage der Nation im US-Kongress am Dienstag (Ortszeit) für eine sehr innenpolitische Ansprache an die amerikanische Bevölkerung. Darunter wirbt er für die Ausweitung von Medicare für alle, günstigere Arzneirezepte und anderes.

Außenpolitische Themen schnitt er mehr am Rande an. So sagte er der Ukraine im Russland-Krieg die dauerhafte Unterstützung der USA zu und sprach über den Systemgegner China.

Mutmaßlicher Spionageballon über Amerika erhitzt die Gemüter

Ein sehr umstrittenes Thema war der mutmaßlich chinesische Spionageballon über amerikanischen Territorium letzte Woche. Angesichts der Bedrohung durch die Kommunistische Partei Chinas (KPC) sagte Biden: „Ich bin entschlossen, mit China zusammenzuarbeiten, wenn dies den amerikanischen Interessen und der Welt zugute kommt.“

Aber täuschen Sie sich nicht: Wie wir in der vergangenen Woche klar gemacht haben: Wenn China unsere Souveränität bedroht, werden wir handeln, um unser Land zu schützen. Und das haben wir getan.“

Die USA hatten den Ballon, der sich tagelang im amerikanischen Luftraum aufhielt, am Samstag abgeschossen. Der Vorsitzende des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten des US-Repräsentantenhauses, Michael McCaul, bezeichnete den Vorfall als die bisher provokanteste Aktion der KPC.

Das war wirklich ein Schuss vor den Bug und ein Schlag ins Auge des Präsidenten“, sagte McCaul der Epoch Times am Dienstag im Vorfeld von Bidens Rede.

„Jedes Mal, wenn wir als Nation Stärke zeigen, haben wir Frieden. Wenn wir Schwäche zeigen, laden wir zur Aggression ein“, so McCaul weiter. Er glaube, dass Biden den Test zum Schutz der Nation nicht bestanden habe.

Er habe dem Ballon erlaubt, Bilder von unseren geheimsten oder sensibelsten nationalen Sicherheitseinrichtungen zu machen. „Und deshalb hat China, die Kommunistische Partei Chinas, diesen Test gewonnen. Und das ist es, was der Vorsitzende Xi denkt.“

„Traurigerweise hat die ganze Welt über den Präsidenten gelacht“

Im Zusammenhang mit China machte Biden in seiner Rede noch einige andere kontroverse Aussagen, die einige Kritik nach sich zogen. So zum Beispiel, dass China vor seiner Amtszeit „seine Macht ausgebaut“ habe und „Amerika in der Welt unterging“. Dieses Blatt habe sich jedoch unter seiner Regierung gewendet.

Biden betonte entgegen der öffentlichen Meinung, dass die Feinde Amerikas jetzt schwächer seien als in der Vergangenheit und nicht stärker. „Autokratie ist jetzt schwächer, nicht stärker.“

Nach der Rede sagte der republikanische Senator Ted Cruz aus Texas gegenüber Epoch Times: „Ich fand es unglücklich, als er sagte, dass Amerikas Feinde heute schwächer sind und dass er China die Stirn bietet.“

Traurigerweise hat die ganze Welt über den Präsidenten gelacht, als der chinesische Spionageballon mehr als eine Woche lang über Amerika schwebte … Wir hätten ihn sofort abschießen sollen, als er in den amerikanischen Luftraum eindrang.“

Lobhudelei

Der republikanische Senator Josh Hawley hielt Bidens Lobhudelei für unaufrichtig. „Er hat total versagt, als er dem amerikanischen Volk mitteilte, was in der letzten Woche passiert ist. Seine Regierung hat es nicht geschafft, China abzuschrecken“, so Hawley. Außerdem habe Biden mit seiner Energiepolitik und seinen militärischen Entscheidungen entgegen seiner Darstellung Amerika noch abhängiger von China gemacht hat.

Biden betonte am Anfang seiner Rede, die amerikanische Wirtschaft gestärkt zu haben, und kündigte an, künftig von staatlicher Seite nur noch mit Baumaterialien „Made in USA“ arbeiten zu wollen.

Auch irritierte Biden mit seiner Frage, wer von den Anwesenden eine Führungsperson nennen könne, die mit Xi Jinping tauschen würde. „Nennen Sie mir eine Führungspersönlichkeit, die mit Xi Jinping tauschen würde!“ sagte Biden. „Nennen Sie mir eine.“ Er erhob seinen Zeigefinger und sprach mit fast drohendem Unterton. Es klang fast so, als wollte er Chinas Staatschef in Schutz nehmen.

Applaus und Standing Ovations für Biden

Applaus und Standing Ovations hingegen bekam der Präsident ausnahmsweise von allen Anwesenden für seine Aussage über die Feinde Amerikas. „Es war noch nie eine gute Wette, gegen Amerika zu wetten“, sagte er. „Niemals.“

Ein weiterer der wenigen verbindenden Momente des Abends war, als Biden zwei Gäste würdigte, nämlich RowVaughn und Rodney Wells, die Mutter und den Stiefvater von Tyre Nichols. Polizisten hatten den 29-jährigen Schwarzen im Januar in Memphis, Tennessee, zu Tode geprügelt. Alle erhoben sich und applaudierten, um dem Paar ihren Respekt zu zollen.

Biden sagte, die Mutter von Nichols habe ihm gesagt, sie hoffe, dass der Tod ihres Sohnes etwas Gutes bewirken könne. Der Präsident nutzte den Moment und forderte den Kongress auf, ein Polizeireformgesetz zu verabschieden.

Gleichzeitig mahnte er Schwarze, ihre Kinder vor der Polizei zu warnen, und das, obwohl der betroffene Polizist selbst Schwarzer ist. Biden ergänzte dann: „Ich weiß, dass die meisten Polizisten und ihre Familien gute, anständige und ehrenhafte Menschen sind – die große Mehrheit.“ Auch hierfür erhielt Biden großen Applaus von allen Teilnehmenden.

Rodney Wells und RowVaughn Wells, die Eltern von Tyre Nichols, während Präsident Joe Bidens Rede zur Lage der Nation im Repräsentantenhaus im US-Kapitol in Washington, D.C., am 07. Februar 2023. Foto: Chip Somodevilla/Getty Images

Biden als „Lügner“ bezeichnet

Ansonsten applaudierten fast nur die Demokraten im Kongress während der Rede, die Republikaner blieben demonstrativ sitzen. So auch der neue Vorsitzende des Repräsentantenhauses Kevin McCarthy, der seinen Platz direkt neben der Vizepräsidentin Kamala Harris eingenommen hatte. Während sie immer wieder aufstand und Beifall klatschte, erhob er sich nur einige Male aus Höflichkeit.

Immer wieder kam es auch zu Buh- und Zwischenrufen aus den Reihen der Republikaner. Die Abgeordnete Marjorie Taylor Greene beschuldigte Biden einmal laut: „Lügner!“

Ex-Präsident Donald Trump hingegen machte dem Präsidenten im Anschluss seiner Rede ein Kompliment. „Ich stimme mit ihm in den meisten Punkten seiner Politik nicht überein, aber er hat in Worte gefasst, was er fühlte, und den Abend viel stärker beendet, als er ihn begonnen hatte. Das muss man ihm hoch anrechnen“, schrieb Trump auf seiner Plattform Truth Social.

„Wütend oder unzufrieden“: 62 Prozent gegen eine erneute Kandidatur

In seiner Rede hob Biden die bisherigen politischen Erfolge seiner Amtszeit hervor: etwa gewaltige Investitionen zur Stabilisierung der Wirtschaft, zur Modernisierung der maroden Infrastruktur und zum Kampf gegen die Klimakrise. Ihm gehe es darum, den Menschen ihre Jobs und ihre Würde wiederzugeben, ihren Stolz, sagt Biden.

Umfragen zufolge schaut die amerikanische Bevölkerung jedoch weniger enthusiastisch auf die vergangenen zwei Jahre zurück als der Präsident.

In einer Umfrage der Zeitung „Washington Post“ und des Senders ABC gaben kürzlich 62 Prozent der Amerikaner an, Biden habe „nicht sehr viel“ beziehungsweise „wenig oder nichts“ in seiner bisherigen Präsidentschaft erreicht.

62 Prozent der Bevölkerung sagten, sie seien „unzufrieden“ oder „wütend“, falls Biden 2024 erneut gewählt würde. Und auch unter Demokraten gaben 58 Prozent an, dass sie lieber einen anderen Kandidaten bei der nächsten Wahl hätten.

Aussicht für eine zweite Wahlperiode

Innerhalb der eigenen Partei scheint die Begeisterung ebenfalls gebremst: Bislang hört man von allen hochrangigen Demokraten, Biden müsse die Entscheidung über eine mögliche weitere Kandidatur selbst treffen. Und wenn er noch mal antreten wolle, dann stehe man hinter ihm. Manche Parteikollegen geben offen zu, dass sie sich einen jüngeren, dynamischeren Kandidaten wünschten.

Bei seiner Rede vor beiden Kongresskammern machte er jedoch klar, dass er noch einiges vorhat. „Ich habe für das Amt des Präsidenten kandidiert, um die Dinge grundlegend zu verändern, um sicherzustellen, dass die Wirtschaft für alle funktioniert“, sagt Biden.

Er sei angetreten, um die Seele der Nation wiederherzustellen, das Rückgrat Amerikas, die Mittelschicht, wieder aufzubauen und das Land zu einen. Das alles wolle er „zu Ende bringen“. „Die Aufgabe zu Ende bringen“, das wiederholte Biden in der Rede mehrmals.

„Es ist Zeit für einen Wechsel“: Ex-Trump Sprecherin hält Gegenrede

Und die frühere Trump-Sprecherin Sarah Huckabee Sanders und inzwischen Gouverneurin im Bundesstaat Arkansas, hielt die offizielle Gegenrede der Republikaner. Sie sprach Biden gleich jede Eignung für das Amt ab. Bidens Schwäche gefährde das Land und die Welt.  Er habe es versäumt, „China die Stirn zu bieten (…). Er ist einfach ungeeignet als Oberbefehlshaber.“

Heute wird unsere Freiheit angegriffen. Das Amerika, das wir lieben, ist unter Beschuss. Das ist nicht normal. Es ist verrückt und es ist falsch“, sagte sie. „Biden und die Demokraten haben Sie enttäuscht. Sie wissen es. Es ist Zeit für einen Wechsel.“

Gleichzeitig versicherte sie, dass „Amerika wieder das Land der Freien und die Heimat der Tapferen sein wird“, wenn die Republikaner die Regierung stellen.

Sarah Huckabee Sanders, Gouverneurin von Arkansas. Foto: Al Drago-Pool/Getty Images

„Die Trennlinie verläuft nicht mehr zwischen rechts und links“

Die Wahl für die Gegenrede fiel unter anderem deshalb auf Huckabee Sanders, weil sie mit 40 Jahren die jüngste Gouverneurin der Nation ist. Während Biden mit 80 Jahren der älteste Präsident in der Geschichte der Vereinigten Staaten ist.

In ihrer 15-minütigen kämpferischen Antwort betonte sie, dass das Alter nicht der einzige Unterschied zwischen den beiden sei. Die Vision „von republikanischer Führung der neuen Generation“ für das heutige und künftige Amerika unterscheide sich erheblich von der, die Biden und die Demokratische Partei präsentierten.

„Die Trennlinie in Amerika verläuft nicht mehr zwischen rechts und links. Die Wahl ist zwischen normal und verrückt“, sagte sie. „Die Amerikaner wollen eine Führung mit gesundem Menschenverstand“, während die Biden-Regierung in Washington „dem Wahnsinn noch eins drauf setzt“.

Außerdem sagte sie: „Die Regierung ist nicht dazu da, das Volk zu regieren, sondern dem Volk zu dienen. Die Demokraten wollen uns mit mehr staatlicher Kontrolle regieren, aber das sind wir nicht. Ich bin für Freiheit, er ist für mehr Kontrolle.“

„Von radikalen Linken gekapert“

Außerdem sei Biden „zu schwach“, um den Progressiven, die die Demokratische Partei kontrollieren, die Stirn zu bieten. „Seine Regierung wurde komplett von der radikalen Linken gekapert, von einem wachen Mob, der nicht einmal weiß, was eine Frau ist“, sagte sie.

Während Trumps Amtszeit seien die Vereinigten Staaten energieunabhängig, die Wirtschaft robust und „die Welt in Frieden“ gewesen. „In den letzten zwei Jahren haben die Demokraten das alles zerstört.“

Jetzt stehen die Amerikaner vor leeren Lebensmittelregalen, hohen Energiepreisen und steigender Kriminalität. „Kindern wird beigebracht, einander aufgrund ihrer Rasse zu hassen“, und das in einer Welt, die sich immer mehr in Richtung Krieg zu bewegen scheint, so Sanders.

Bidens Versäumnisse

Biden habe den Progressiven Zugeständnisse gemacht, der Polizei die Mittel zu streichen, während „gewalttätige Kriminelle durch die Straßen streifen“. Die Regierung habe „mit ‚Big Tech‘ zusammengearbeitet, um „unsere Redefreiheit zu beseitigen“.

„Wir haben jetzt die schlimmste Grenzkrise in der amerikanischen Geschichte“, so Sanders weiter. Außerdem breche ihr als Mutter das Herz „für jedes Elternteil, das ein Kind an die Sucht verloren hat“, weil „Biden es nicht geschafft hat, die Grenze zu sichern und amerikanische Leben zu retten“.

Die neue Generation von Republikanern werde eine Bildungsreformbewegung anführen, die den Eltern „eine echte Wahlmöglichkeit“ biete. „Wir werden erziehen, nicht indoktrinieren.“

Sanders versprach weiter: „Die Republikaner werden diesen Kampf nicht aufgeben. Wir werden tun, was richtig ist, nicht was bequem oder politisch korrekt ist. Unter der Führung der Republikaner im Senat und des Sprechers des Repräsentantenhauses McCarthy werden wir Biden zur Verantwortung ziehen“.

(Mit Material von The Epoch Times und Nachrichtenagenturen)



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