EMA hält an positiver Bewertung von AstraZeneca-Impfstoff fest – Großbritannien hat 19 Tote

Titelbild
Emer Cooke, Direktorin der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA), während einer Online-Pressekonferenz in Amsterdam, Niederlande (vom Laptop abfotografiert). Am 21. Dezember 2020 erklärte sie so die Zulassung des Impfstoffs von Pfizer / BioNTech gegen SARS-CoV-2.Foto: PIETER STAM DE JONGE/ANP/AFP via Getty Images
Epoch Times8. April 2021

Der Nutzen überwiegt das Risiko: An dieser Bewertung hält die EU-Arzneimittelbehörde (EMA) trotz dutzender Fälle von seltenen Thrombosen nach einer AstraZeneca-Impfung fest.

Blutgerinnsel sollten aber als „sehr seltene Nebenwirkung“ des Impfstoffs aufgeführt werden, teilte die EU-Behörde am Mittwoch mit. Belgien, Deutschland und Italien wollen nach der EMA-Stellungnahme trotzdem nur noch bestimmte Altersgruppen mit dem Wirkstoff impfen.

Auch der Gemeinsame Impfausschuss in Großbritannien empfahl, unter 30-Jährigen möglichst ein anderes Vakzin zu verabreichen.

Trotz der Häufung von Thrombosefällen bei Frauen unter 55 Jahren konnte die EMA keine spezifischen Risikofaktoren für Blutgerinnsel nach einer AstraZeneca-Impfung wie etwa Alter, Geschlecht oder Vorerkrankungen feststellen, wie EMA-Chefin Emer Cooke mitteilte.

„Eine plausible Erklärung für diese seltenen Nebenwirkungen ist eine Immunreaktion auf den Impfstoff.“ Insgesamt bleibe die EMA aber bei ihrer positiven Einschätzung des von der Oxford-Universität und dem britisch-schwedischen Konzern entwickelten Impfstoffs. „Er rettet Leben“, betonte Cooke.

WHO: Vorteile überwiegen gegenüber den Risiken

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) stimmte den EMA-Erkenntnissen zu. Ein kausaler Zusammenhang zwischen dem Impfstoff und Blutgerinnseln sei „plausibel, aber nicht bestätigt“. AstraZeneca selbst äußerte, die Vorteile seines Impfstoffs würden „die Risiken bei weitem überwiegen“.

Nach mehreren – teils tödlichen – Thrombosefällen hatten mehrere Länder, darunter Deutschland, Frankreich und Kanada den Einsatz des Astrazeneca-Impfstoffs eingeschränkt. So werden in Deutschland nur noch über 60-Jährige mit dem Vakzin geimpft.

Italien entschied sich am Mittwoch für den gleichen Schritt, während Belgien nur noch über 55-Jährige mit dem Vakzin impfen will. Andere Länder wie Dänemark und Norwegen setzten bereits zuvor die Verwendung vorsichtshalber vollständig aus.

Die EU-Gesundheitsminister berieten am Abend in einer Videokonferenz über die neue Stellungnahme der EMA. Die EU-Staaten müssten „mit einer Stimme sprechen, um das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Impfung zu verbessern“, forderte EU-Gesundheitskommissarin Stella Kyriakides auf Twitter.

Gesundheitsminister von Bund und Ländern vertagten Entscheidung über den Umgang mit AstraZeneca-Zweitimpfungen

Die Gesundheitsminister von Bund und Ländern vertagten derweil eine Entscheidung über den Umgang mit Zweitimpfungen von Menschen, die bereits einmal mit dem Präparat von AstraZeneca geimpft wurden.

Die Ständige Impfkommission (Stiko) erklärte, dass sie trotz der positiven Stellungnahme der EU-Arzneimittelbehörde (EMA) zum Impfstoff von AstraZeneca bei ihrer Empfehlung, das Vakzin weiter nur bei Menschen über 60 einzusetzen, bleibe.

Die EMA bewerte auf Grundlage des Public-Health-Gedankens – also auf Grundlage der Frage, was für die gesamte Bevölkerung der EU von Vorteil sei, sagte Stiko-Chef Thomas Mertens am Donnerstag im ZDF-„Morgenmagazin“. In Deutschland sei die Situation etwas anders, Deutschland sei nicht so abhängig von AstraZeneca.

Stiko-Chef: „Wir können Impfstoffe verschieben“

„Wir können Impfstoffe verschieben“, sagte Mertens. Damit werde derselbe Effekt erzielt, aber das Risiko für schwere Nebenwirkungen in einer bestimmten Altersgruppe deutlich reduziert.

Die Stiko empfiehlt Jüngeren, die bereits eine Erstimpfung mit AstraZeneca bekommen haben, auch weiter eine Zweitimpfung mit dem Vakzin von Biontech oder Moderna.

„Viele glauben, dass dann zwei Impfstoffe im Körper um die Wette arbeiten“, erklärte Mertens, „aber das ist nicht so.“ Vielmehr sei der eigentliche Impfstoff schnell aus dem Körper verschwunden. „Was bleibt, ist die Immunantwort.“

Virologe Streeck überrascht über Stiko-Empfehlung

Anders sieht dies der Virologe Hendrik Streeck. Er zeigt sich überrascht über die Stiko-Empfehlung, Menschen nach einer Corona-Impfung mit dem Präparat von AstraZeneca eine Zweitimpfung mit Biontech- oder Moderna-Wirkstoffen anzubieten.

„Da sind die klinischen Studien noch nicht gelaufen. Ich hielte es für notwendig, sich an die Regeln zu halten und abzuwarten, ob die Studien erfolgreich sind“, sagte Streeck der „Fuldaer Zeitung“ (Donnerstag).

Großbritannien: Nach 20 Millionen AstraZeneca-Impfungen – 79 Blutgerinnsel-Fälle und 19 Tote

Kurz nach der EMA äußerte sich auch die britische Medikamentenaufsicht MHRA auf einer Pressekonferenz zu einer möglichen Verbindung zwischen dem AstraZeneca-Impfstoff und dem Auftreten von gefährlichen Blutgerinnseln. Demnach wurden bei landesweit mehr als 20 Millionen AstraZeneca-Impfungen 79 Fälle von gefährlichen Blutgerinnseln verzeichnet. 19 Patienten seien gestorben, teilte die MHRA mit.

Aufgrund der Thrombosefälle sollte das Vakzin nach Einschätzung von Wissenschaftlern möglichst nur über 30-Jährigen gespritzt werden. Erwachsenen im Alter zwischen 18 und 29 Jahren solle nach Möglichkeit ein anderer Impfstoff angeboten werden, erklärte der Gemeinsame Impfausschuss (JCVI) am Mittwoch. Das Gremium betonte aber, dass es keinen generellen Stopp der Astrazeneca-Impfungen für bestimmte Altersgruppen empfehle.

Die Empfehlung ist ein Rückschlag für die erfolgreiche Impfkampagne der Briten, die bereits 60 Prozent ihrer erwachsenen Bevölkerung zumindest einmal geimpft haben. Premierminister Boris Johnson begrüßte dennoch die jüngsten Überprüfungen.

„Wir werden den heutigen aktualisierten Ratschlägen folgen, die es Menschen aller Altersgruppen ermöglichen sollten, weiterhin volles Vertrauen in Impfstoffe zu haben“, schrieb er auf Twitter.

Großbritannien nutzt vor allem die Vakzine von AstraZeneca und Biontech/Pfizer. Am Mittwoch begannen die Behörden jedoch auch Impfungen mit dem Vakzin des US-Herstellers Moderna, das wie bei Biontech/Pfizer auf der sogenannten mRNA-Technologie basiert. (afp/er)



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