Harper bekommt in China das Zuckerbrot trotz der Peitsche

Der kanadischer Premierminister hat die Aufmerksamkeit der chinesischen Führer - eine Analyse
Titelbild
Badaling, China: Premierminister Stephen Harper und seine Frau Laureen besuchten am Donnerstag vergangener Woche die Große Mauer.Foto: Jason Ransom/Büro des Premierministers
Von 7. Dezember 2009

Extreme haben Premierminister Stephen Harpers erste Chinareise gekennzeichnet. Innerhalb von zwei Verhandlungstagen erreichte er, dass China seine Grenzen für kanadisches Schweinefleisch öffnet. Dann ein riesiges Abkommen, das chinesischen Besuchern die Einreise nach Kanada erleichtert – das hatten kanadische Regierungen jahrelang ergebnislos zu sichern versucht.

Gleichzeitig bekam Harper von Premierminister Wen Jiabao öffentlich eine Abfuhr, indem dieser bekräftigte, dass die ganze Kritik an Harper in Chinas staatlich kontrollierter Presse wahr sei. Die chinesischen Medien hatten Harpers stark verspäteten Chinabesuch kritisiert. Harper übernahm sein Amt im Februar 2006.

Die Oppositionsparteien in Kanada, die politisches Kleingeld aus dem seltenen öffentlichen Tadel an ihrem Staatschef zu ziehen hofften, übernahmen die Worte des kommunistischen Führers. Sie behaupteten, Harper hätte sie sich selbst zuzuschreiben, weil er es gewagt hätte die Menschenrechtsbelange in China öffentlich zu erwähnen und weil er nicht früher nach China gereist sei.

Gleich zwei neue Abkommen für Kanada

Aber sie haben die andere Seite ignoriert, vor allem das Abkommen, das die beiden vorangegangenen liberalen Regierungen (die oft Menschenrechtsgespräche hinter verschlossenen Türen führten) niemals erreichen konnten, nämlich den Status Kanadas als anerkanntes Reiseziel. Harper erzielte es am ersten Tag des Treffens.

Was erklären die beiden Extreme? Die sinnvollste Erklärung geben Zuckerbrot und Peitsche. Das chinesische Regime war tief besorgt über Harper wegen seines deutlichen Standpunkts zu den Menschenrechten in China. Harper hat seine Besorgnisse öffentlich erwähnt, wenn auch kurz, und seine Regierung setzte dem bilateralen Menschenrechtsdialog hinter verschlossenen Türen ein Ende. (Ein von der vorigen liberalen Regierung in Auftrag gegebener Bericht hatte den Dialog für weitgehend ineffektiv befunden.)

Dialog hinter verschlossenen Türen

Die chinesischen kommunistischen Behörden fürchten die Aufmerksamkeit gegenüber ihren Verfehlungen, weil sie sich auf die Legitimität des Regimes im In- und Ausland auswirken könnte. Deshalb bemühen sie sich sehr, dass ausländische Regierungen die Menschenrechte nur hinter verschlossenen Türen erwähnen. Das Regime steht so nicht unter dem Zwang, substanzielle Änderungen vornehmen zu müssen. Außerdem vermitteln derartige Dialoge hinter verschlossenen Türen einen Anschein von Fortschritt, der aber von der Wahrheit nicht weiter entfernt sein könnte.

Kanada kommt bei der Menschenrechtsfrage besondere Bedeutung bei, weil es in China schon wegen der großen chinesischen Gemeinde in Kanada respektiert wird. Seine Stimme auf der Bühne der Welt hat daher mehr Gewicht für China, als es seine Größe vermuten ließe.

Als Harper 2006 bekanntermaßen sagte, er würde Kanadas Werte wie Menschenrechte nicht „ausverkaufen“ für den „allmächtigen Dollar“, waren die chinesischen Führer aufgeregt und wussten nicht, was sie antworten sollten. Zuerst sagten sie ein Treffen mit Harper ab und dann widerriefen sie die Absage. Zweifellos haben sie sorgfältig darüber nachgedacht, wie sie Harper auf Kurs bringen könnten, und dazu gehören auch Pläne zu seinem lang erwarteten ersten Besuch.

Mit anderen Worten – sein deutlicher Standpunkt hat Aufmerksamkeit erregt und von einem bestimmten Blickwinkel aus Einfluss und Einwirkung für Kanada geschaffen.

Harper außerhalb des Kurses

Die Premierminister Chretien und Martin wurden niemals öffentlich so von den chinesischen Behörden beschimpft (noch war es irgendein anderer Staatschef, an den ich denken kann), aber beide bemühten sich um den Status als anerkanntes Reiseziel – und gingen doch mit leeren Händen fort. Harper bekommt das Zuckerbrot und die Peitsche, weil die Chinesen ihn außerhalb des Kurses sehen und besorgt sind. Sie fürchten keine Staatschefs, die sie davon überzeugt haben, in der Öffentlichkeit schön zu tun. Nach Aussage des früheren chinesischen Diplomaten Chen Yonglin lachen sie in Wirklichkeit privat über sie. „Kanada sollte lernen mit einem nicht-demokratischen Regime wie China umzugehen“, sagte Chen gegenüber The Epoch Times. „Druck ist die einzige Sprache, die eine Diktatur verstehen kann.“

Australien liefert ein weiteres Beispiel dafür, wo ein deutlicher Standpunkt gegenüber China keinen Verlust für das nationale Interesse bedeutet. Der Handel zwischen Australien und China hat sich trotz einer sehr öffentlichen und bitteren Auseinandersetzung zwischen Kevin Rudds Regierung und den Chinesen weiterhin erhöht. Im August, mitten während der Spannungen wegen des Rio Tinto-Vorfalls und Australiens Einladung an die chinesische Dissidentin Rebiya Kadeer unterzeichneten beide ihr bisher größtes Handelsgeschäft, ein Gasgeschäft im Wert von 41 Milliarden Dollar.

Das gleiche trifft auf Kanada zu. Der Handel, einschließlich der Exporte nach China, hat unter Harper trotz einer härteren Gangart weiterhin nur zugenommen, verglichen mit Ländern, die mit Menschenrechtsfragen lockerer umgehen.

Amnesty International: Menschenrechte schaden Handel nicht

Diese Tatsache ist das Kernargument hinter dem Aufruf von Amnesty International an Harper, weiterhin wegen der Menschenrechte Druck auszuüben. In einer jüngeren Presseerklärung beim Parliament Hill lieferte Amnestys Generalsekretär für Kanada, Alex Neve, Argumente dafür, dass das Ansprechen von Menschenrechten den Handel zwischen Kanada und China mehr nützt als es ihm schadet.

1997 entfielen 1,41 Prozent von Chinas Importen auf Kanada. Sie fielen von 1,06 Prozent im Jahre 2003 auf 0,87 Prozent 2006. Seither ist Kanadas Anteil an Chinas Importen wieder auf 1,12 Prozent gestiegen, stellt Amnesty International fest. Genau zu dem Zeitpunkt, an dem Harper einen deutlicheren Standpunkt gegenüber den Menschenrechten in China eingenommen hat.

Selbst wenn diese Tatsachen nicht beweisen, dass ein deutlicher Standpunkt wirtschaftliche Vorteile mit sich bringt, scheinen sie das Argument, dass er schadet, abzuschwächen.

China braucht den ausländischen Markt

Harper meinte 2006, Kanada brauche sich nicht davor fürchten, China durch respektvolles öffentliches Ansprechen von Menschenrechtsbelangen zu verärgern. China bedürfe des Handels mit Kanada ebenso oder gar mehr als das Land im hohen Norden. (China importiert Rohstoffe und Bodenschätze aus Kanada, die es in jedem Fall braucht, während Kanada im Gegenzug viele günstige Waren importiert, die China verkaufen will). Da hat Harper etwas herausgefunden: China hängt von ausländischen Märkten für seine Waren ab und Kanadas Handelsdefizit mit China entsteht teilweise auf Kosten unserer eigenen verarbeitenden Industrie.

Es ist traurig zu sehen, dass sich Oppositionsführer auf die Seite der kommunistischen Behörden in China schlagen und die Bedeutung ignorieren, die Harpers prinzipientreuer Standpunkt eingebracht hat. Obwohl er von den Chinesen in Verlegenheit gebracht wird, wäre es ein Fehler, wenn er nun seinen Kritikern folgen und diese Bedeutung auf einen Schlag aus der Hand geben würde.

Originalartikel auf Englisch: In China, Harper Wins Carrot Despite the Stick

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 



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