„Jeder Chinese kann ein potenzieller Informant sein“

Dissident und Ex-Diplomat Chen Yonglin: Westen schaut zu
Titelbild
Ex-Diplomat Chen Yonglin spricht bei einer Kundgebung zum Thema "2,5 Millionen Chinesen treten aus der KPCh aus" am 26. Juni 2005 in Sydney. Mit dem Stichtag 02.09.2007 haben 25.638.030 Chinesen ihre Austrittserklärung auf der Webseite www.tuidang.com veröffentlicht. (Foto: DJY)
Von 4. September 2007

Geht es nach dem chinesischen Ministerpräsidenten Wen Jiabao, hat die Regierung in Peking nichts mit den derzeitigen Hackerangriffen auf Deutschland zu tun. Hans-Elmar Remberg, Vizepräsident des für Spionageabwehr zuständigen Bundesamts für Verfassungsschutz, sieht das anders: Hinter der digitalen Armee, die Trojaner in deutsche Regierungscomputer schleuste, steckte offenbar der chinesische Staat, sagte der Experte im Nachrichtenmagazin Spiegel.

Die Einschätzung des deutschen Experten ist für den chinesischen Ex-Diplomaten Chen Yonglin plausibel. Bis zum Mai 2005 arbeitete Chen als Erster Sekretär im chinesischen Generalkonsulat in Sydney, bis er sich aus Gewissensgründen absetzte. Wen als Ministerpräsident habe jedenfalls schon lange von dieser Sache gewusst, so Chen. „Es ist höchst unwahrscheinlich, dass eine solche Aktion, bei der das Computersystem der deutschen Regierung im großen Umfang von Trojanern attackiert wird, von privaten Hackern ausgeht“, sagte Chen zur Epoch Times Deutschland.

{Q}Wegen der wichtigen Rolle Deutschlands in der internationalen Politik, in Wirtschaft und Technik, habe die chinesische Regierung besonderes Interesse an der Bundesrepublik, so Chen. Gefragt seien Informationen aus Politik, Militär, Wirtschaft und Technik, um mit Deutschland besser diplomatisch verhandeln zu können. „Die westliche Technik zu stehlen, spart China eine Unmenge von Geld.“ Dahinter verstecke sich auch das politische Ziel der kommunistischen Partei Chinas (KPCh), ihre Legitimation und ihre Machtposition, zu verstärken.

„Jede Person im Ausland mit chinesischen Wurzeln kann von der KPCh als Informant benutzt werden“, sagte der Ex-Diplomat über die kolportierte Zahl von 800.000 chinesischen Spionen weltweit. Hinzu kämen Geschäftsleute, Wissenschaftler, Ingenieure, Praktikanten und Studenten. Betroffen sei auch die im Westen aufgewachsene dritte Generation der Auslandschinesen in Übersee. Jeder Mitarbeiter der chinesischen diplomatischen Vertretung habe die Aufgabe, politische Informationen zu beschaffen, gerade von „den fünf Giften, also den Gruppen der Exiltibeter, Taiwanesen, moslemischen Uighuren, Demokratieverfechter und Falun Gong-Praktizierenden.“

Vorteile, Nationalismus und Erpressung

Liu Tong ist ein Absolvent mit Auszeichnung der angesehensten technischen Universität Chinas, der University of Science and Technology of China in der Stadt Hefei in der Provinz Anhui. Kurz vor seinem Auslandsstudium an der Yale University in den USA luden ihn die Sicherheitsbeamten der Shanghaier Behörde für Staatssicherheit zum Gespräch. „Wir wissen, Sie zeichnet nicht nur Ihre Forschungsarbeit aus, Sie haben auch noch sehr viele andere Fähigkeiten. Sie sollen nach dem Studium im Ausland nicht zurückkehren, sondern dort bleiben“, erinnert sich Liu an des Gespräch. Er habe anfangs nicht verstanden, was damit gemeint war, doch die weitere Erklärung habe ihn sehr erschreckt: Liu sollte versuchen, sich nach seinem Studium in die Gesellschaft der USA zu integrieren und das Vertrauen der amerikanischen Oberschicht zu gewinnen, um China wichtige Informationen zu liefern. Im Gegenzug würde er alle denkbaren Vorteile bekommen. Doch Liu entschied sich dagegen und ist heute nach eigenen Angaben froh darüber.

Die gute Bezahlung durch die KPCh, die Möglichkeiten, kostenlos nach China zu reisen sowie bezahlte Forschungs- und Kooperationsverträge seien Chen Yonglin zufolge der Grund, dass „so viele Chinesen – Geschäftsleute, Studenten, Wissenschaftler, Ingenieure und andere“ für die KPCh spionierten. Einen anderen Faktor sieht Chen in der permanenten ideologischen Erziehung durch den Nationalismus der KPCh, der „in die Knochen jedes Chinesen eingepflanzt“ werde. Sie würden ihren Spitzeljob als patriotisch empfinden. „Sobald sie sich einmal darauf eingelassen haben, machen sie immer weiter, als ob sie Opium geraucht haben.“

Der Westen bleibt untätig

„China ist kein demokratisches Land, die kommunistische chinesische Regierung zwingt ihre Bürger, als Informanten zu arbeiten. Irgendwann möchten diese dann nach Hause zurückkehren und dort keine Probleme bekommen. Sie haben auch Familienangehörige in China, sie möchten Ruhe haben“, sagt Claude Moniquet. Der Direktor des European Strategic Intelligence and Security Center in Brüssel hat an der Untersuchung einer Studentenorganisation in Louvain in Belgien teilgenommen, die zudem Agentenorganisation für die chinesische Regierung war. Ein Mitglied dieser Organisation, ein chinesischer Student, hatte sich im Jahr 2005 zurückgezogen und der belgischen Behörde eine Liste mit mehr als 100 Spionen vorgelegt, zusammen mit einem detaillierten Bericht über die Studentenorganisation. Obwohl diese Organisation seit 2003 von mehreren Nachrichtendiensten in Europa beobachtet worden sei, hat die belgische Regierung keine konkreten Maßnahmen ergriffen.

Laut Chen Yonglin wissen die westlichen Regierungen über die systematische, chinesische Spionage im eigenen Land Bescheid, man wolle aber einen „diplomatischen Krieg“ vermeiden. Grund seien die Wirtschaftsbeziehungen und die Angst vor einer „heftigen“ Reaktion“ des chinesischen Regimes. Doch gerade das unterstütze das chinesische Regime, sagte Chen „Das ist eine kurzfristige und unkluge Sicht.“



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